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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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sprach ihn Vincenzo Porticcio an, einer der reichsten Kaufleute in der Via dei Giudei, der sich über ein wichtiges Thema mit ihm unterhalten wollte. Doch Benedetto erwiderte, dass er
keine Zeit habe. Er wusste, dass Porticcio nur eines im Kopf hatte: Er wollte ihn mit einer seiner Töchter verheiraten, denn er war der Ansicht, dass ihm nichts Besseres widerfahren könnte, als einen so klugen Mann wie ihn in der Familie zu haben.
    Alle wussten, dass Benedetto Witwer war. Er lebte keusch und zurückgezogen und trug immer Trauerkleidung; man sagte über sein Leben, es finde zwischen seinen beiden Ohren statt, so sehr waren seine Tage dem Nachdenken gewidmet, und so fern lagen ihm weltliche Leidenschaften.
    Schließlich konnte Benedetto den Begrüßungen seiner Nachbarn entfliehen und ging zum Tiber, an dessen Ufer er einen Weg in Richtung der Milvischen Brücke unweit der Stadtmauern einschlug.
    Nach einer Weile versperrten ihm Berge von Unrat den Durchgang, der unter der Brücke hindurchführte. Andere wären umgekehrt; Benedetto jedoch kletterte auf umgedrehte Kisten und ging um den Abfallberg herum, er balancierte über wacklige Fässer und folgte einem Weg, den nur Katzen und Ratten kannten. Sowie die Sommerhitze einsetzte, war der Ort gewöhnlich von fetten Fliegen und widerlichem Gestank erfüllt.
    Ohne zu stolpern, erreichte er die andere Seite.
    Dort war alles sauber und makellos. Entlang der steinernen Ufereinfassung reihten sich einige Holzbauten aneinander. Der Boden war gepflastert und gereinigt.
    Benedetto trat zu einem Straßenfeuer, an dem drei Männer standen, die ihn mit einem kurzen Handzeichen begrüßten.
    Nicht weit von ihnen entfernt verwesten vier nackte Kadaver.
    Am Ufer saß ein Kerl, dessen Füße auf zwei Baumklötzen standen, mit heruntergelassenen Hosen in der Hocke. Er lächelte, als er Benedetto Gui auftauchen sah.
    Er beendete seine Notdurft und kam zu ihm.
    »Du lässt dich nur selten hier blicken, alter Freund!«

    Der Mann war nicht überrascht über Guis Ankunft, denn die Wachposten, die diesen Abschnitt des Tibers kontrollierten, hatten sein Kommen bereits angekündigt.
    Die Gruppe von Männern, die sich dort am Ufer aufhielt, hörte in Rom auf die seltsame Bezeichnung »Wäscher«.
    Sie verließen nie das Flussufer.
    Der Tiber war - getreu seinem Namen, der von einem gewissen Tiberius stammte, welcher in seinen Fluten ertrunken war - eine Art Monster, das die Toten der Stadt verschlang: Drei Viertel der Selbstmörder oder der Ermordeten endeten in seinem Bett. Sie verschwanden jedoch nicht für jedermann, wenn sie an der Oberfläche angeschwemmt wurden. Die Wäscher, die an der letzten Brücke vor dem Ende der Stadt postiert waren, fischten ihre dahintreibenden Überreste heraus. Sie raubten ihnen sämtliche Habe und zogen sie vollkommen nackt aus, bevor sie sie wieder der Strömung übereigneten. Kein Leichnam entging ihnen, nicht einmal jene, welche die Kirche in einen Sack mit der Aufschrift Lasset der Gerechtigkeit Gottes freien Lauf gehüllt hatte.
    Dieser morbide Handel war ein blühendes Geschäft und lag vollständig in den Händen der Männer, die Benedetto Gui nun aufsuchte.
    Eine weitere Truppe, die sogenannten »Gnadenlosen«, hatte die Aufgabe, den zum Tode verurteilten Erhängten und Enthaupteten die Haut abzuziehen. Zusammen teilten sie sich die Früchte dieses abscheulichen Handels, vor dem die Behörden die Augen verschlossen, um ihre Ruhe zu haben.
    Gui hatte schon mehrere Verbrechen mithilfe der Wäscher aufklären können.
    »Ich suche nach einem jungen Mann«, erklärte er ihnen. »Er ist seit einer Woche verschwunden.« Und er beschrieb ihnen Rainerio anhand der Aussagen seiner Schwester.

    Der Anführer der Bande schüttelte den Kopf.
    »In den letzten Tagen hat der Fluss uns nur einen Soldaten des Laterans beschert, eine Frau mit zerrissenen Kleidern und einem grün und blau geschlagenen Gesicht, und einen Säugling, dessen Nabelschnur man herausgerissen hatte, vermutlich zur Herstellung eines Zaubertranks. Nichts, was zu deinem Jungen passt. Heute Nacht haben wir diese vier Schwachköpfe hier herausgeholt …« Er zeigte auf die Leichen.
    »Der Suff hat sie ertränkt.«
    Nichts konnte die Wäscher von ihrer Arbeit abhalten, nicht einmal das gefrorene Wasser; dann tauchten sie mit einem Haken in der Hand unter und holten die Leichen heraus.
    Benedetto wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte, dass er Rainerios Leiche hier nicht fand. Das wäre ein

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