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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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Dorfs, die Durchreise eines Baumeisters anlässlich des Baus der Fernreisestraße am 9. Juni des vergangenen Jahres, die Spiele einer Schar Kinder, die im Frühling 1286 in die Grotte von Mauconseil hinabgestiegen waren …
    Pater Aba hielt seine Beobachtungen von Ereignissen und bestimmten Äußerungen schriftlich fest, ohne einen Kommentar dazu abzugeben. Warum? Er stand im Ruf eines eher zurückhaltenden, bedächtigen Mannes, der sparsame Gesten und knappe Worte bevorzugte. Ganz offensichtlich war er nicht mit einem inquisitorischen Auftrag nach Cantimpré gekommen, um Nachforschungen anzustellen, und er war auch nicht von krankhaftem Argwohn besessen.
    Dennoch entging nichts seiner Aufmerksamkeit.
    Neugierig geworden, schlug Augustodunensis die Seite mit dem Datum seines Ankunftstags in Cantimpré auf. Er war sprachlos: Aba wusste, was man ihm zu essen angeboten hatte, er kannte den Inhalt seiner Reisetaschen und wusste sogar zu berichten, mit welchen Worten der eine oder der andere ihn empfangen hatte.
    Augustodunensis hatte nie etwas davon gehört, dass Priestern eine derartige Verpflichtung auferlegt wäre, alles in ihrer Umgebung Geschehene aufzuzeichnen.

    »Wie Ihr an seiner Lektüre erkennt, ist Pater Aba ein wahrhaft gebildeter Mann.«
    Der Vikar schrak zusammen, als er die Stimme in seinem Rücken vernahm. Es war Ana, die aus der Schlafkammer herabgestiegen war und ihn vor den Büchern überrascht hatte.
    Die Tochter von Aranjuez, dem Dekan des Dorfes, war zugleich die älteste Frau in Cantimpré. Sie war immer schwarz gekleidet und ähnelte einer Hexe. Sie hatte ihr Leben in den Dienst des früheren Priesters Evermacher gestellt. Bei der Ankunft des jungen Guillem Aba hatte sie wie selbstverständlich ihre Stelle im Pfarrhaus wieder eingenommen.
    »Unser Pfarrer spricht nie darüber«, fuhr sie mit kehliger Stimme fort, »aber bevor er zu uns kam, war er ein ordentlicher Student, ein großer Rhetoriker und ein Anhänger von Thomas von Aquin.«
    »Ihr kennt Thomas von Aquin?«, wunderte sich Augustodunensis.
    Ana zeigte auf die Werke.
    »Er wird darin zitiert. Denkt Euch nur, Evermacher hat mich Lesen und Schreiben gelehrt!«
    Sie wandte sich dem Ofen zu, auf den sie einen Kessel mit Wasser zum Kochen gestellt hatte, und tauchte die mit dem Eiter des Verletzten beschmutzte Wäsche darin ein. Währenddessen versuchte Augustodunensis, das Buch mit Abas Notizen wieder an seinen Platz zu stellen.
    »Ich weiß auch über seine ›Überwachung‹ der Dorfbewohner Bescheid«, fügte sie im Plauderton hinzu. »Drei von uns hier im Dorf wissen davon.«
    Sie blickte ihn an.
    »Nun ja, jetzt sind es vier.«
    Augustodunensis schrak ein zweites Mal zusammen.
    Ana fuhr lächelnd fort: »Wusstet Ihr, was Euch erwartet, als Ihr zu uns kamt, Bruder Augustodunensis?«

    »Ich wusste von dem Gerücht ständiger Wunder, als ich das Angebot des Bischofs annahm«, gab Augustodunensis zu. »Freilich lebe ich seit nunmehr zwei Wochen hier, und noch immer wurde ich nicht Zeuge des kleinsten Wunders.«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Das liegt daran, dass Ihr Euch falsche Vorstellungen macht. Ihr werdet in Cantimpré kein feuriges Kreuz am Himmel oder fliegende Hostien während der Messe sehen! Unsere Wunder sind weniger spektakulär: Ob man von der Geburt der Kinder spricht, von der Heilung der Kranken, vom Verschwinden der Wölfe oder von der Quelle unter der Kirche, die am Versiegen war und nun doppelt so ergiebig sprudelt - alle Segnungen von Cantimpré sind die Segnungen kleiner Leute. Wir sind weit weg vom Theaterdonner der Bibel und den Heldengeschichten der Bischöfe. Genau das ist es im Übrigen, was Pater Aba so beunruhigt. Und was Cahors stört. Ihr runzelt die Stirn?«
    Während Ana ihre Ausführungen fortsetzte, weichte sie weiter ihre Wäschestücke ein, ohne sich an dem kochenden Wasser zu stören.
    »Seit acht Jahren weiß man am Sitz des Bischofs nicht, welche Position man zu Cantimpré einnehmen soll. Der Bischof kann kein einziges hiesiges Wunder für sich reklamieren! Und dabei können nach der kirchlichen Lehre nur die Heiligen Wunder wirken … Pater Aba sagte uns oft, dass die Kirche nur eine beschränkte Wahl habe, wenn sie ihr Urteil über uns fällt: Entweder wird das Dorf als Ort der Wunder anerkannt und dann aufblühen wie die berühmtesten Pilgerstätten, oder es wird vom Angesicht der Erde getilgt werden!«
    Sie deutete auf das Buch des Priesters.
    »Deshalb hält er heimlich das Leben des Dorfes

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