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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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seinen Laden zurück, nachdem er eine gute Mahlzeit mit seinem Freund Salvestro Conti eingenommen hatte. Sie hatten dabei über eine Übersetzung von Algazel gesprochen, Verse von Virgil deklamiert und sich mit ihrem Lieblingsspiel unterhalten: Einer begann ein Zitat, das der andere vollenden musste. Wie immer hatte Benedetto dabei Salvestro geschlagen. Sein Gedächtnis war unfehlbar.
     
    Am Tag darauf, noch vor dem Morgengrauen, tat Gui das, was er am besten konnte: er dachte nach.
    Er hatte die Füße auf die Holzböcke eines allmählich erlöschenden Kaminfeuers gestützt, hielt ein aufgeschlagenes Buch mit griechischen Tragödien in Händen und starrte ins Leere, während er seine Gedanken drehte und wendete.
    Ein Schneesturm tobte über Rom. Wie es seine Gewohnheit war, hatte Benedetto eine alarmierende Anzahl von Kerzen entzündet, um das fehlende Tageslicht auszugleichen.
    Viola, seine Haushälterin, die kurz zuvor vor Kälte klappernd und mit dicken Flocken auf den Schultern den Laden betreten hatte, konnte sich nicht enthalten, laut zu protestieren.
    »Was für eine Verschwendung, diese Kerzen! Eines Tages wird eine davon auf Eure Bücher fallen, und Eure Pergamente werden sich in Rauch auflösen!«
    Benedetto hob den Kopf. Er betrachtete seine Regalreihen und seine Fächer voller Bücher.

    »Meine Schriften wären in Sicherheit, auch wenn sie verbrennen sollten«, antwortete er mit sanfter Stimme. Er zeigte mit dem Zeigefinger auf seinen Schädel. »Da drin!«
    Die gute Alte schätzte die Tausende von Seiten ab, die hier und im Zimmer darunter aufgetürmt sein mochten.
    »Alle?«, versetzte sie.
    Angesichts dieser Möglichkeit - die bei Benedetto Gui in den Bereich des Wahrscheinlichen fiel - gab sich Viola geschlagen und griff nach Besen und Staubtuch.
    Benedetto ließ sich zum wiederholten Male den Stand seiner Nachforschungen durch den Kopf gehen. In einem Vers von Euripides war er auf den Ausdruck »den Fuchs ausräuchern« gestoßen; so bezeichneten die Jäger die Methode, mit der sie das schlanke Tier aus seinem Bau heraustrieben. Diese seit alters her überlieferte Methode gab ihm sehr zu denken.
    Rainerio hatte den Aussagen seiner Schwester zufolge dank seinem alten Mentor aus Böhmen ausgezeichnete Kenntnisse über das Leben der Heiligen; es war also nicht weiter verwunderlich, dass dieser Junge schließlich in die Dienste eines Advocatus Diaboli in der Heiligen Kongregation trat. Soweit passte alles zusammen.
    »Abgesehen vom unerklärlichen Verschwinden Rainerios, das dessen Familie in tiefste Armut stößt, und dem gewaltsamen Tod des Erzbischofs Henrik Rasmussen am gleichen Tag. Und der Tatsache, dass das Buch von Otto Cosmas einem so gut unterrichteten Mann wie Salvestro Conti nicht bekannt ist.«
    Die Heilige Kongregation.
    Pater Cecchilleli hatte sich unmissverständlich zu diesem Thema geäußert: Das war eine uneinnehmbare Festung.
    Benedetto Gui wusste, dass es ihm nicht gelingen würde, sich Zutritt zu diesem geheimen Organ der Kirche zu verschaffen, wenn er nicht über sehr viel Zeit verfügte und unendlich
viele Mühen investierte. Im Übrigen war er Roms Polizei wohlbekannt: Wenn Gui zu hartnäckig bohrte, würde er bloßgestellt und außer Gefecht gesetzt werden, bevor er etwas erfahren hatte.
    »Folglich gilt es, Mittel und Wege zu finden, um den ›Fuchs auszuräuchern‹ …«
    Er wandte sich an seine Hausangestellte Viola.
    »Viola, dir kommt doch unfehlbar jedes Gerücht zu Ohren … hast du nicht zufällig von einem Wunder gehört, das vor Kurzem geschehen sein soll?«
    Viola zuckte mit den Schultern.
    »Ein Wunder? Wie soll ein Wunder noch möglich sein, wenn Leute wie Ihr alles in Zweifel ziehen? Zum Beispiel diesen braven Pilger aus Ovieda, der mit einem Mondstein mein Rheuma kurieren wollte?«
    »Ein Lügner.«
    »Und der aus Padua, der behauptete, er könne mich verjüngen, indem er mir die Hände im Nacken auflegte?«
    »Ein Scharlatan.«
    »Und der Priester Gideon, der untreue Ehefrauen exorziert?«
    »Ein Betrüger.«
    Aufgebracht rief die Frau: »Und was sonst noch? Christus hat es gesagt: Die kleinen Leute, die leichtgläubig sind wie ich, werden besser im Paradies empfangen werden als Gebildete wie Ihr, die in Einzelteile zerlegen, was perfekt zusammengehört, systematisch beweisen, was schon längst klar ist, und schließlich lauter Dinge lehren, die der Welt herzlich gleichgültig sind!«
    Benedetto applaudierte der Vorstellung mit den Fingerspitzen.
    Viola

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