Advocatus Diaboli
Schwertschmiedekunst, die uns die Normannen hinterlassen haben.«
Er zuckte mit den Schultern.
»Aus diesem Schwert werde ich nicht klug. Ich neige zu der Annahme, dass es sich um Ausschussware handelt. Es missachtet alle Vorschriften, zweifellos aus Zeitdruck und Unkenntnis. Erlaubt Ihr?«
Er legte das Schwert hin, sodass sein Ende auf einer Stütze ruhte, und versetzte ihm einen kräftigen Schlag mit der flachen Hand. Er erwartete, dass es sich bog, doch die Klinge gab keinen Millimeter nach. Er wiederholte seinen Schlag. Nichts.
Überrascht und peinlich berührt von seiner falschen Prognose rief Souletin aus: »Es ist ja so steif wie ein Sattelbaum!«
»Was soll man daraus schließen?«, fragte Aba.
Der Waffenschmied inspizierte den Knauf und die Basis der Klinge am Eintritt in die Parierstange.
»Es hat keinen Prägestempel. Folglich handelt es sich nicht um eine Waffe, die in einer berühmten Werkstatt geschmiedet wurde …«
Wieder hob er das zierliche Schwert in die Höhe. Pater Aba spürte, wie seine Bewunderung immer weiter zunahm.
»Man braucht neuartige Kenntnisse und viel Geld, um eine solche Leichtigkeit mit einer derartigen Härte zu vermählen«, fuhr er fort. »In unserem Beruf erfindet man nicht zu einem Spottpreis. Ich würde viel dafür geben, den Schöpfer dieses Meisterwerks kennen zu lernen! Wie seid Ihr zu der Waffe gekommen?«
»Sie stammt aus den Händen einer Söldnerbande.«
Souletin runzelte die Stirn.
»Mich dünkt, dass diese Kerle nicht im Dienste eines x-Beliebigen stehen. Eher schon eines hohen Herrn, eines Königs oder sogar der Kirche.«
»Der Kirche?«
»Seit zwei Jahrhunderten, seitdem die Kirche die ketzerischen Aufrührer jagt, verdanken wir ihr einige kostbare Neuheiten. Wenn ein Lehnsherr ihr den Beistand seiner Soldaten verweigert, dann ist sie gezwungen, Söldnertrupps anzuwerben und zu bewaffnen, da sie keine eigene rechtmäßige Armee besitzt.«
Souletin ließ drei seiner Arbeiter rufen, um ihre Meinung über das Schwert einzuholen. Alle waren bass erstaunt über die Waffe. Einer von ihnen sprach gar von einem Wunder. Doch keiner konnte etwas über ihre Herkunft sagen.
»Diktiert mir Euren Preis«, rief Souletin Pater Aba zu, denn er gedachte dieses Modell zu behalten, um es zu untersuchen. »Ich kann es Euch eintauschen gegen seltene Stücke aus meiner Werkstatt, die Ihr in Toulouse teuer verkaufen könnt!«
Doch Pater Aba lehnte das Angebot ab.
»Sie muss mir noch einen Dienst leisten.«
Souletin beharrte darauf, wollte ihm zu essen und zu trinken servieren, lud ihn zu sich ein, doch nichts half.
»Ich habe nur Euren Rat eingeholt, um die Herkunft dieser Waffe zu erfahren«, antwortete ihm Pater Aba.
Souletin schüttelte den Kopf. »Ich verfüge hier über die besten Nachbildungen von Schwertern,
die in den blutigen Kriegen gegen die Albigenser zum Einsatz kamen. Ich besitze die Exemplare der Klingen, die im Orient nach der Rückeroberung des Heiligen Landes entdeckt wurden, und ich glaube, dass mir kein Erzeugnis der Schmieden von Brindisi bis Paris, von Paris bis Aachen und von Aachen bis Cádiz unbekannt ist. Dieses Schwert ist nirgendwo unter meinen Werken zu finden. Ich bitte Euch um ein Vorkaufsrecht, falls Ihr es je verkauft!«
»Ich werde daran denken, Meister Souletin. Danke.«
Und damit verließ Pater Aba die Werkstatt.
Nachdenklich kehrte er zu seiner Herberge zurück.
Als er L’Image Notre-Dame erreichte, hatte er bereits den Entschluss gefasst, auf der Stelle aufzubrechen. In seiner Kammer hatte sich ein weiterer Gast einquartiert. Dieser murrte, als er feststellte, dass er nicht alleine war, beruhigte sich jedoch, sobald Aba ihn über seine baldige Abreise in Kenntnis setzte. Er zählte das Geld, das ihm noch blieb, um die Mauleselin, die Jacopone Tagliaferro ihm in Narbonne geschenkt hatte, gegen ein besseres Pferd zu tauschen. Doch noch während er seine Sachen packte, hörte er aus dem Stockwerk darunter wüstes Geschrei.
Männer waren in die Herberge eingedrungen und verlangten nach dem »Einäugigen«.
Er erstarrte.
Auf der Treppe hallten heranstürmende Schritte wider. Aba sah mit gehetzten Blicken um sich, spähte durch den Türspalt und erblickte mehrere Männer in Waffen, die sich in Begleitung des Gastwirts seinem Zimmer näherten.
Ohne seine Chancen abzuwägen, sprang er zur Verblüffung seines Bettnachbarn aus dem Fenster, dessen Laden schlecht schloss; schmerzhaft prallte er auf dem Boden auf und wäre dabei
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