Advocatus Diaboli
außerhalb der Stadtmauern lag, waren die Hafengebühren hier weit geringer als die in der Stadt erhobenen.
Geschwind schlängelte sich der Junge zwischen Heringsfässern und Kisten hindurch. Ein Zollaufseher entdeckte ihn und packte ihn am Kragen. Er schüttelte ihn so stark, dass er den Jungen beinahe erwürgte.
»Ich arbeite auf einem Schiff«, rief er zu seiner Verteidigung.
»Name?«
»Matteo.«
»Für wen arbeitest du?«
»Meister Giovanni Solio. Ich habe mich schon schrecklich verspätet!«
Der Zollaufseher zerrte den Jungen zu dem Abfahrtskai, wo eine Barke mit rundem Schiffsbauch und viereckigem Segel sich zum Auslaufen bereit machte. Das Schiff brachte in Ostia geladene
Steine für die Erneuerung des Straßenpflasters nach Rom. Giovanni Solio war ein Hüne mit rundem Bauch, so groß und so schwer, dass es hieß, es genüge schon, wenn er sich auf der Brücke bewege, damit seine Barke zu krängen begann.
Das Schiff sollte leer nach Ostia zurücksegeln, beladen einzig mit zwei Schäften dorischer Säulen, deren Annahme wegen mangelhafter Ausführung verweigert worden war, sowie mit Kisten von Gemüsehändlern, die sich diese preiswertere Rückfahrt zunutze machten.
»Da bist du ja endlich, du Teufelsbraten!«, schrie Solio, kaum dass er den von der Wache aufgegriffenen Jungen erblickte.
Er versetzte ihm eine gewaltige Ohrfeige, die ihn gegen das Holz der Mole schleuderte.
»Danke, dass Ihr ihn mir zurückbringt«, sagte er zu dem Zollaufseher. »Ich habe nur noch auf ihn gewartet, um loszusegeln. Meine Ladung wurde bereits abgefertigt. Geh auf deinen Posten, du Schlafmütze!«
Kaum war der junge Matrose wieder auf den Beinen, verpasste er ihm mit dem Stiefel einen Tritt in den Hintern.
»Ist schon in Ordnung«, sagte der Zollaufseher und ging davon.
Kurz darauf legte das Boot vom Quai ab. Solio und der Junge waren allein an Bord, um diesen langen Kahn zu steuern. Der Schiffer weigerte sich, ohne Fracht zusätzliche Helfer einzustellen, und benutzte sein Segel nur, um flussaufwärts zu schippern, nicht um flussabwärts nach Ostia zurückzukehren.
Der Tiber war teilweise zugefroren. Große Eisblöcke trieben langsam mit der Strömung auf den Kahn zu, sie schoben sich zwar nicht übereinander, waren aber dennoch so gefährlich wie Widderköpfe.
Matteo setzte sich nach vorn und hüllte sich in eine dicke Wolldecke, um sich vor dem Wind zu schützen. Er beobachtete das Wasser, um seinen Herrn im Fall eines unerwarteten Hindernisses warnen zu können.
Solio wahrte lange Zeit zorniges Schweigen gegenüber seinem Gehilfen und sprach kein Wort zu ihm, bis die Strömung sie an dem Mons Gaudii, dem Berg des Jubels, vorbeigetrieben hatte und sie nach einer Biegung des Flusses nicht mehr im Blickfeld der Zöllner lagen.
»Geh!«, befahl er. »Du kannst jetzt loslegen.«
Matteo begab sich zu den in der Mitte des Kahns aufgereihten Säulenschäften. Die Säulen waren hohl. In eine von ihnen hatte sich ein Mann hineingezwängt, um seinen Verfolgern zu entkommen.
Mit Hilfe des Jungen befreite er sich aus seinem Versteck.
»Was bin ich froh, dich zu sehen, Kleiner!«
»Und ich erst, Meister Gui! Wir haben uns alle Sorgen um Euch gemacht.«
Benedetto Gui spannte seine Schultern an und streckte die Arme zu beiden Seiten aus.
»Eure Beschreibung wurde in allen Stadtvierteln verbreitet«, erzählte Matteo. »Es gibt keinen Wächter des Lateranpalastes, der Euch nicht auf den Fersen wäre, Meister Gui! Nach Eurer Flucht haben Fauvel de Bazans Männer die Via dei Giudei kurz und klein geschlagen und die anderen Vorkehrungen entdeckt, die Ihr für eine Flucht getroffen hattet.«
Matteo erzählte das lächelnd, als ob den Wachposten ein Streich gespielt worden wäre.
»Aber sie haben auch die Bewohner des Hauses, durch das Ihr verschwunden seid, verhaftet. Beinahe dreißig Personen wurden eingekerkert …«
Benedetto senkte den Kopf.
Matteo fügte hinzu: »Seid versichert, dass keiner von ihnen ein feindliches Wort über Euch fallen lassen wird!«
Gui lächelte.
»Ich vertraue ihnen. Verdanke ich meine Freiheit nicht ihrer Güte und ihrem Mut?«
»Nach Eurem Verschwinden wich die Menge nicht von der Stelle, um Euren Laden zu verteidigen, denn die Soldaten schickten sich an, Eure Bücher und Eure Schriften mitzunehmen. Da steckten die Bewohner sie lieber in Brand! So sehr die Soldaten auch mit dem Schwert dagegen vorgingen, es gelang ihnen nicht, irgendetwas zu retten!«
»Gott segne sie!«, rief Gui
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