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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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während der Kanonisationsprozesse
gelang, die Fälle der Heiligen, deren Heiligsprechung er verhindern wollte, abzuweisen?«
    »Ich habe davon gehört, dass er im Ruf der Unfehlbarkeit steht, doch ich kenne sein Vorgehen nicht.«
    Hauser riss die Augen auf, das war die einzige Art zu lächeln, die ihm blieb.
    »Rasmussen hatte sich auf Erzählungen über die Jugend der großen Heiligen der Kirche spezialisiert!«
    Benedetto runzelte die Stirn und lauschte Hausers Bericht mit wachsendem Interesse.
    »Ihre Jugend?«, wiederholte er.
    »Ja. Er wollte alles über dieses Thema wissen. Er hatte sogar für seine eigenen Zwecke eine Heiligengeschichte in Auftrag gegeben, die sich ausschließlich mit den Legenden befasst, die ihre Kindheit betrafen. Es war der brave Rainerio, der diese mühselige Arbeit für Rasmussen vollendete …«
    Das Buch von Otto Cosmas!, schoss es Benedetto durch den Kopf.
    Hauser fuhr fort.
    »Bei den Verfahren der Heiligen Kongregation stellte Rasmussen Vergleiche zwischen den ersten Lebensjahren derer, die eine Heiligsprechung beantragten, und der Jugend der anerkannten Heiligen an, und zwar dergestalt, dass Widersprüche sichtbar wurden. So fand er immer ein Argument in der Beweisführung der Verteidigung, das der Kritik nicht standhielt. Da er der Einzige war, der ein Werk von dieser Qualität über das Thema besaß, war er seinen Gegnern überlegen.«
    Die Nonne warf Hauser einen missbilligenden Blick zu, doch der Benediktiner kümmerte sich nicht darum.
    »Rainerio kam bisweilen nach Pozzo mit dem Ziel, unter den Hunderten und Aberhunderten von Mirakeln, die jedes Jahr bei uns registriert werden, diejenigen herauszufiltern, in die Kinder
verwickelt waren. Zum einen, weil er sein Buch über die Heiligen damit ausschmücken wollte, zum anderen, weil er überzeugt war, dass man das Nahen eines neuen Helden der Kirche erkennen konnte, indem man die verschiedenen Gaben der Wunderkinder studierte.«
    Hauser sprach in großer Eile; sei es, weil seine Kräfte wiedererwachten, sei es im Gegenteil, weil er sie schwinden fühlte und fürchtete, er könne seine Erzählung nicht beenden, bevor er die Besinnung verlor.
    »Nach einiger Zeit machte er jedoch eine seltsame Entdeckung«, fügte er mit halb geschlossenen Augen hinzu, als sähe er die Szene vor sich. »Jedes Mal, wenn er in Rom einen Bericht über einen Jungen oder ein Mädchen verfasste, dessen Gaben ihm von Interesse zu sein schienen, verschwand eben dieses Kind plötzlich kurz darauf …! Oftmals mit Gewalt von einer Söldnerbande seinen Eltern entrissen!«
    »Kindesraub?«
    Hauser fuhr fort:
    »Zuerst war es ein Fall, anschließend bestätigten mehrere weitere die finstere Wahrheit: Alle von ihm dem Lateran gemeldeten Kinder wurden entführt …«
    Benedetto erbleichte. Ein Kinderhandel mitten im Lateran, das überstieg alles, was er sich hatte vorstellen können.
    Obwohl Hauser ihn bei seinen Worten angesehen hatte, fuhr er fort, als ob nichts wäre. Er war zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, um darauf zu achten, was seine Schilderung in Guis Kopf hervorrufen mochte.
    »Rainerio und ich verstanden uns sehr gut«, erklärte er. »Ich war der Einzige, der ihn nicht die Feindseligkeit spüren ließ, die sein Herr, Rasmussen, allenthalben weckte. Er sagte mir, er habe seinen Herrn in seine unheilvollen Entdeckungen eingeweiht, und dieser sei ebenfalls über die Entführungen erschüttert gewesen.«
    Hauser verlangte erneut nach Wasser.
    »Und dann?«, drängte Benedetto, der nun zu sehr von der Erzählung gefesselt war, um sich um die Erschöpfung des alten Mannes zu sorgen.
    »Dann?«, versetzte Hauser. »Soweit ich weiß, haben Rasmussen und Rainerio sich bemüht, mehr darüber in Erfahrung zu bringen … Ich stelle fest, dass der Kardinal seitdem einem Unfall zum Opfer fiel. Und Ihr habt mir soeben berichtet, dass Rainerio unauffindbar ist.«
    Er hustete.
    »Was mich angeht, so habe ich brieflich in Rom meiner Besorgnis über die von Rainerio aufgedeckte Angelegenheit Ausdruck verliehen … Zehn Tage später lag ich im Todeskampf … Ein schlichter Brief genügte, damit man mich vergiften wollte … Das ist alles, was ich Euch sagen kann … Abgesehen von dem Ratschlag, nicht mehr nach diesem unglücklichen Rainerio zu suchen … Ihr werdet ihn niemals finden.«
    Er machte eine müde Handbewegung.
    »Tröstet lieber seine junge Schwester. Wenn Ihr diesen Rat missachtet, dann werdet Ihr das gleiche Schicksal wie Rasmussen und

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