Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
oder von mir nichts liest«, gibt Volker jetzt zurück und grinst. Cooler Spruch. Zenmäßig. Ich bin beeindruckt. Gibt er sich wegen mir solche Mühe? Wahrscheinlich nicht. Warum sollte er.
Obwohl wir toll zusammengearbeitet haben damals, als Volker in der Meinungsredaktion tätig war, und er mich immer wieder anspornte, bei meinen Kolumnen »noch eine Ecke weiter« zu denken. Damals attestierte er mir, für die Mann-Frau-Themen in der Gesellschaft »ein besonderes Händchen zu haben«. »Man merkt, du hast in diesen Dingen eine gewisse Lebenserfahrung«, sagte er einmal. Ein Satz, über den ich in den nächsten Wochen nachgrübelte. Lebenserfahrung. Mann-Frau-Themen. Hm.
Das mit dem Lob der Lebenserfahrung ist eine zweischneidige Sache. Ich weiß noch, dass ich leicht geschockt war, als mir der junge Kollege R. mal aus irgendeinem Grund in irgendeiner Pause im Betriebscafé von seiner neuen Liebschaft erzählte. Er sei mit seiner neuen Flamme wandern gewesen, auf einer Hütte, sehr schön, »und mit dem Sex hat es dann auch richtig gut geklappt«. Ich schaute betreten in meinen Latte macchiato. Wenn schon junge Kollegen mit mir über ihr Sexleben reden wollen, dann wird mir bestimmt auch bald angetragen, eine Art Ratgeberkolumne zu schreiben: »Haben Sie Probleme mit dem Sex? Fragen Sie Frau Dr. D!« Sehr witzig.
Die Sache mit der Macht, dem Selbstbewusstsein, der Sexyness und dem Alter ist kompliziert. Die Personalberaterin Dorothee Echter fasste das Problem vor Jahren in ihrem Werk »Lust auf Macht?« über Frauen in Führungspositionen zusammen. Echter identifizierte die Körpersignale weiblicher Unterordnung, die Frauen unbedingt vermeiden müssten, um Karriere zu machen. Dazu gehören »enge Fußstellung«, »enge Knie- und Ellbogenhaltung«, »Kopf öfter geneigt«, »bevorzugt lächeln«, »kleinere, bescheidenere Bewegungen« und »passiveres Verhalten in der Annäherung«. Und natürlich ständige »Selbstberührungen an den Haaren«– so was wirkt unsicher und schwach.
Dummerweise sind dies all die Signale, die ich durchaus heute Abend aussenden würde, wenn ich Volker damit für mich gewinnen könnte. Aber ich schaffe es nicht. Ich finde es schwierig, mich in meinem Alter noch als Jagdbeute zu verkleiden. Ich habe ein Problem mit dem »Umschalthebel« im Kopf, und das ist mit den Jahren nicht besser geworden.
Meine Freundin Suse hat die Umschalthebelproblematik in ihrem Blog analysiert: »Wie sollen wir Frauen all unsere Rollen auf die Reihe kriegen, wenn wir uns durchsetzen müssen, Karriere machen und eigenes Geld verdienen sollen– jeder ist ja für sich selbst verantwortlich– und dann, ökonomisch erfolgreich, intelligent und unabhängig, sollen wir auch noch die evolutionsbiologisch korrekten Weiblichkeitssignale aussenden, um die Männer für uns einzunehmen? Wie findet man da den Umschalthebel? Und ab wann? Ab acht Uhr abends und immer nur am Wochenende?«
Das mit dem Umschalthebel ist in der Tat nicht einfach. In einer US -amerikanischen Zeitschrift habe ich gelesen, wie schwierig es für Geschäftsfrauen heute sei, zwischen einem rein beruflichen Gespräch und einer Begegnung mit dezenter Anmache zu unterscheiden. Die einfache Regel lautet: Eine Verabredung zum Lunch am Dienstag oder Mittwoch ist eher ein »Appointment«, also ein beruflicher Termin. Wenn das Gegenüber aber den Freitagabend vorschlägt, dann sei es wohl eher ein »Date« mit möglicherweise hochprivaten Absichten.
K.s Abschiedsparty findet jedenfalls nicht Freitagabend statt. Er hat sie auf einen Mittwoch gelegt.
Hellblaue Krokodile in der Badewanne
»Lass mich raten«, sage ich zu Volker: »Du züchtest hellblaue Krokodile zuhause in deinem Badezimmer. Heimlich, ohne Gewerbeschein. Du hattest doch schon immer ein Händchen für wilde Tiere«. Den Witz habe ich schon mal gemacht in meinem Leben, aber das weiß Volker zum Glück nicht.
Ich bin altmodisch, was das Anbaggern angeht. Ich habe meine Flirttipps noch aus den 80 er-Jahren, aus dem Buch »Sex-Tips für Girls« von Cynthia Heimel, und seitdem keinen Ratgeber mehr gelesen. »Erzähl lustige Geschichten. Sprühende, witzige, Wir-sind-uns-da-ganz-einig-und-kein-Mensch-sonst-weiß-wie-lustig-alles-ist-Geschichten«, rät Heimel. Die Autorin ist auch der Meinung, man solle sich beim Flirten lieber »geheimnisvoll« geben und bloß nicht aufschneiden, selbst wenn man den Nobelpreis bekommen hat.
Das mit dem geheimnisvoll ist schwierig. Trotzdem muss man diese
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