Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
gibt im Alter viele Gründe, warum man auf einer Geburtstagsfete nicht mit bestimmten Gästen reden will, nicht nur eine Scheidung. Auf meinen Feiern zum Beispiel würde sich Theresas Mann Günther, Abteilungsleiter, zwar mit Robby unterhalten, aber nur aus Höflichkeit, denn Günther kann nicht nachvollziehen, warum Leute von Hartz IV leben. Meine Freundin Theresa, Gymnasiallehrerin, wiederum hat ihre Probleme mit Suses Mann Jürgen, der als selbstständiger Architekt der Meinung ist,im öffentlichen Dienst gebe es immer noch zu viel Freizeit und speziell die Lehrer jammerten völlig zu Unrecht.
Und dann Rick: Mein Ex-Ex-Lover ist im Rentenalter, aber noch an Filmprojekten im Fernsehen beteiligt, zumal es mit seinem Ruhegeld nicht weit her ist. Rick schwadroniert auf Partys gerne über das verrottete deutsche Fernsehen, aber am liebsten nur mit Frauen unter 45 Jahren. Suse verabscheut solche Männer.
Mit Suse wiederum würde meine Nachbarin Edith nicht so gern plaudern, denn sie hält Suse für eine blasierte Werbetussi und weiß nichts von ihrem Blog. Suse würde Edith auch nichts von ihrem Blog erzählen, denn wer hinter dem Pseudonym »Bad Girl« steckt, das wissen nur Jürgen, Britt, Theresa, Christoph und ich. Suse bleibt lieber anonym. Auf Partys aber muss man sich irgendwie bekannt machen. Seine Persönlichkeit ausdrücken.
Facebook für ältere Partygänger
Um seine Persönlichkeit auszudrücken, hat Winfried heute Abend eine Trachtenjacke an. Weiß der Geier, wo er das Stück erstanden hat. Winnie heftet sich das beschriftete Namensschild und einen grünen Punkt ans Revers. »Schade eigentlich, dass wir nicht gleich auch noch ein paar Flyer mit unseren persönlichen Daten verteilen können«, meint er. »Das wäre doch eine Superidee, um neue Leute kennen zu lernen.«
Sein Vorschlag hat was. So eine Art Facebook in Papierform für Partygänger in den späten Jahren könnte die Kommunikation in Schwung bringen. Jeder füllt am Eingang einen Bogen aus, der dann mit dem Tischkopierer vervielfältigt und an die Gäste weitergereicht wird. Darauf stehen Name, Beruf, Hobby und beliebte Gesprächsthemen, über die wir sofort und gerne mit jedem Partygast reden würden. Vielleicht fügen wir noch eine Personenbeschreibung oder ein Sofortbild hinzu, denn die Bogen müssen sich ja den Partygästen zuordnen lassen.
Jeder der Eingeladenen könnte sich dann mit den Blättern in eine Ecke setzen und diese sortieren. Entdeckte ich auf einem der Bogen beispielsweise, dass irgendjemand als Gesprächsthema angegeben hat: »Fahrradtouren, z. B. Ostseeradweg«, hätte ich ihn oder sie an diesem Abend angesprochen. Christoph und ich planen nämlich eine Woche Urlaub am Meer und ich hätte gern gewusst, ob man auf dem Ostseeradweg das Meer sieht oder nur hinter Dünen und neben Straßen radelt. Die Bogen würden mehr Möglichkeiten zum Gespräch eröffnen als das klassische Vorstellen. Das kann nämlich auch schiefgehen. Ich weiß noch, wie ich Winnie mit der esoterisch interessierten Lise bekannt gemacht habe, in der Hoffnung, hier vielleicht sogar als Kupplerin fungieren zu können. Leider stellte sich bald heraus, dass Winnie trotz seiner Trekkingerfahrung die östliche Medizin hasst, weil ihm in Indien mal ein wohlmeinender ayurvedischer Arzt eine Brechkur verabreicht hat. New Age und Globetrotter– das geht nicht unbedingt zusammen.
Es geht leider so manches nicht zusammen in späten Jahren. Gastgeber versuchen das Problem häufig dadurch zu lösen, dass sie auf das offizielle Vorstellen weitgehend verzichten. Das ist die Flucht nach hinten. Es muss andere Möglichkeiten geben, sich auch mit Leuten zusammenzufinden, die man kaum kennt.
Lieber Aktivparty als Erlebnisgastronomie
Genau hier setzt die Idee der Konzeptfete an: Durch besondere Aktivitäten soll ein Gemeinschaftsgefühl geschaffen werden. Für diesen Abend zumindest.
Unter »Konzeptfete« darf man nicht das gastronomische Aufrüsten verstehen. Wer glaubt, mit einem Büfett zu mediterranen Themen, das von weiß beschürztem Personal aufgebaut und betreut wird, schon für Kommunikation unter den Gästen gesorgt zu haben, der liegt falsch. Denn was macht man, wenn das Büfett verputzt ist? Wenn Sätze wie: »Das Vorspeisenensemble ist ungewöhnlich gut gelungen. Von wo lässt der Gastgeber anliefern?«, schon mehrmals gesagt wurden?
Da hilft dann auch leibhaftige Erlebnisgastronomie nicht, etwa wenn der original österreichische Koch im Wohnzimmer vor den
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