Äon
Transformation ausgesetzt waren.
Woher stammt die Energie letztendlich? fragte Patricia sich. War das überhaupt eine sinnvolle Frage?
Hinter dem Würfelpaar lag ein kelchglasförmiger Puffer, der mit dem breiten Ende bündig am ersten rotierenden Zylinder – Axis Nader – anlag. Axis Nader, wo sie wohnten, bildete den ältesten Teil der Stadt. Nach dem letzten Transfer der orthodoxen Naderiten von der Thistledown waren sie nach Axis Nader verlegt worden, das zu einer Art Naderiten-Ghetto wurde.
Die danach aufkommende neomorphe Bevölkerung war in die nördliche Central City und andere Drehzylinder gezogen, die neuer und somit begehrte Immobilien waren. Die Rotationsgeschwindigkeit von Axis Nader produzierte eine Zentrifugalkraft, der die Kraft im Weg entsprach. Seine Bevölkerung setzte sich größtenteils aus orthodoxen Naderiten zusammen, die selbstverständlich fast ausnahmslos homomorph waren.
Hinter Axis Nader lag die Central City. Die architektonische Geometrie der Central City war verblüffend. Laniers Neugier löste eine graphische Darstellung der Formgebung aus. Es begann mit einem Würfel; auf jede Würfelfläche war ein Pyramidenstumpf aufgesetzt, dessen »Stufen« zueinander um die Achse leicht verdreht waren, womit eine halbe Spirale entstand. Das Gesamtgebilde paßte in eine Kugel mit etwa zehn Kilometern Durchmesser und erinnerte an den Turm von Babel, wie ihn ein Künstler des zwanzigsten Jahrhunderts namens M. C. Escher in Zusammenarbeit mit dem Architekten Paolo Soleri gestaltet hätte. Die »verdrehte Pyramide« war das Grundmotiv, das auch die Terminals am Tor prägte.
Hinter der Central City lag Axis Euclid, ein gemischtes Wohngebiet für Neomorphe und Homomorphe sowohl aus den Lagern der Geshel als auch der Naderiten. Axis Thoreau und Axis Euclid rotierten entgegengesetzt, um die Drehung von Axis Nader, das etwas größer war, auszugleichen.
Die projizierte Perspektive richtete sich wieder aufs Malteserkreuz am Südende der Stadt. Im Zentrum des Kreuzes fanden sie sich wieder in einer Werft, wo sie den Bau einer größeren und viel reiferen Version des eigenen zerstörten Röhrengleiters beobachten konnten. Das Gefährt mit dem Namen Defektschiff war etwa hundert Meter lang und glich einer in der Mitte eingedellten Okarina.
Die Bilder wurden durch Fakten und Zahlen erläutert. Das Defektschiff, das zu einer über hundert Stück starken Flotte zählte, erreichte eine Reisegeschwindigkeit von fünftausend Kilometern pro Sekunde. Es konnte sich vom Defekt lösen, um anderem Verkehr auszuweichen, obwohl Heineman zugab, daß er sich nicht vorstellen könne, wie dies bewerkstelligt werde, da der Defekt mitten durchs Schiff gehe. Darüber hinaus konnte es kleinere Gefährte für Aufklärungszwecke absetzen.
An der Oberfläche des Wegs dienten die monströsen Scheiben, die sie beim Abflug gesehen hatten, als Transportmittel für Güter und Personen im Nahverkehr. Die piktographierte Besichtigungstour endete mit einer silber-goldenen Armillarsphäre, die sich vor ihnen drehte.
»Ser Olmy…«, begann Lanier.
»Ja?«
»Sind wir Gäste oder Gefangene?«
»Eigentlich weder noch«, sagte Olmy. »Je nachdem, wen ihr fragt – und wie ehrlich man euch antwortet –, seid ihr Kapital oder Lasten. Merkt euch das! Es sind drei Empfänge geplant«, fügte er hinzu. »Einer vor dem Hexamon Nexus, ein zweiter auf Timbl, der Frant-Heimat, wo ihr vielleicht dem Präsidenten begegnet, und ein dritter bei eins Punkt drei x neun, wo ein neues Tor geöffnet wird.«
Lanier stand langsam auf und kniff sich in den Nasenrücken. »Nun gut«, sagte er. »Wir sind bekannt und werden nun für Propagandazwecke eingesetzt. Wir werden Jahre brauchen, um es hier zu was zu bringen – falls überhaupt, da wir keine Transplantate haben. Immerhin zeigt ihr uns mehr als bisher. Wir sind keine unbedarften Vertreter des prämortalen Homo sapiens mehr.« Er machte eine unschlüssige Pause. »Aber…«
»Ihr werdet mit meinen Erklärungen nie ganz klarkommen«, unterbrach Olmy. »Auch wenn ihr viel von dem, was wir euch sagen, begreift, gibt’s zu allem einen Untertext, den ihr nicht verstehen könnt. Wie ihr merkt, habe ich nicht um euer Vertrauen gebeten. Das wäre eine unangemessene hohe Forderung. Aber in diesem einen Punkt können wir einander enorm behilflich sein. Ihr wollt mit euren Leuten Verbindung aufnehmen – und der Nexus muß endlich kapieren, was eure Anwesenheit bedeutet und nach sich zieht. In den
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