Äon
dauerte eine Weile, bis sie erkannte, daß die Unendlichkeit alternativer Welten sich irgendwo aufgrund deutlich abgegrenzter Torregionen bündeln müßte. Die Bündelung entsteht im Gebiet geometrischer Haufen, und die von der Bündelung hervorgerufene Verzerrung führt zu beträchtlichen Dislozierungen einiger Universen sowohl im Hyperraum als auch in der Wegzeit.«
»Ich verstehe gar nichts«, gab Lanier zu.
»Sie glaubt, sie könne ein Tor in eine Alternativwelt, in eine Alternativerde öffnen, wo der Tod nicht stattgefunden hat, ansonsten aber nur geringfügigste Unterschiede zu ihrer Erde bestehen. Sie weiß, das Gerät zur Toröffnung ist innerhalb eines gewissen Spielraums manipulierbar. Sie ist davon überzeugt, daß sie mit Hilfe unseres Geräts einen präzisen Pfad in eine alternative, bewohnbare Erde öffnen kann.«
»Und kann sie das?« wollte Lanier wissen.
Olmy ließ sich mit der Antwort Zeit. »Wir werden zwei Toröffner zu Rate ziehen. Einer ist hier auf Timbl, der andre ist der Oberste Toröffner Ser Ry Oyo, Vater von Prescient Oyu, der uns bei eins Punkt drei x neun erwartet.«
»Ist das einer der Gründe, warum wir Axis City verlassen mußten?«
Olmy nickte lächelnd. »Ich hatte gute Gründe, Patricia mit heimzunehmen. Aber eure Ankunft hat uns endlose Probleme bereitet. Einen Besucher hätten wir verstecken können, obwohl das im nachhinein ungewiß erscheint. Aber fünf Besucher – unmöglich. Der Präsident hofft, wir können trotz allem Kapital aus euch schlagen.«
»Dreizehnhundert Jahre, und der Mensch ist noch immer Mensch«, sinnierte Heineman ironisch. »Streitsüchtig wie eh und je.«
»Stimmt – doch nicht ganz«, wandte Olmy ein. »In eurer Zeit waren viele aufgrund einer zerrütteten Persönlichkeit oder gestörter Denkabläufe dermaßen gehandikapt, daß sie nicht selten gegen die eigenen Interessen handelten. Wenn sie klar umrissene Ziele hatten, waren sie nicht imstande, logisch oder auch intuitiv einen gangbaren Weg zu diesem Ziel einzuschlagen. Oft hatten Gegner das gleiche Ziel oder nahezu identische Weltanschauungssysteme, haßten sich jedoch bitterlich. Nun kann sich niemand mehr damit entschuldigen, unwissend oder geistig behindert oder gar unbegabt zu sein. Fehlleistungen sind unentschuldbar; Abhilfen stehen zur Verfügung. Ser Ram Kikura hat unter anderem die Aufgabe, Leute bei der Auswahl geeigneter Fähigkeiten und Einstellungen zu beraten. Jeder kann die notwendigen Ergänzungen in Form von Gedächtnis- oder Persönlichkeitssegmenten erhalten.«
»Und warum sind sie dann nach wie vor uneins?« wollte Heineman wissen.
Olmy schüttelte den Kopf. »Wer das weiß, kennt die Wurzel allen Übels im Reich von Stern, Schicksal und Pneuma. In allen uns zugänglichen Universen.«
»Es übersteigt also den Verstand?« bemerkte Lanier.
»Ganz und gar nicht! Es ist nur zu klar. Es gibt mehr als ein erstrebenswertes Endziel und viele gleichermaßen gangbare Wege dahin. Leider sind die Mittel, die Ressourcen, beschränkt, und es kann nicht jeder jeden Weg gehen. Das gilt selbst für uns. Unsere Bürger sind größtenteils gutmütig, fähig und mannigfaltig. Ich sage größtenteils, weil das System der Axis City keineswegs perfekt ist…«
»Das heißt, selbst Götter würden sich bekriegen…«
Olmy nickte. »Interessant, wie sich die plumpen Sagen der Frühzeit der Zivilisation als ewige Wahrheit entpuppen, nicht wahr?«
Lanier klopfte an Patricias Tür und rief ihren Namen. Nach einigen Minuten und mehrmaligem Klopfen machte Patricia endlich auf und winkte ihn herein. Ihr Haar war zerzaust. Sie trug das gleiche wie am Strand.
»Wollte nur nachsehen, wie’s dir geht«, sagte Lanier, der unbeholfen im Zimmer stand und nicht wußte, ob er die Arme verschränken oder an den Seiten hängen lassen sollte.
»Ich denke nach«, sagte Patricia und wandte sich ihm zu. Ihre Augen waren traurig. »Wie lange?«
»Wie lange du schon hier bist?«
»Ja.«
»Zwölf Stunden. Es ist dunkel draußen.«
»Ich weiß. Ich mußte Licht machen, bevor ich aufmachte. Ist wie ein Hotel hier. Ist’s ja wohl auch. Altmodisch. Anheimelnd. Auf die Grundlagen besinnen. Das hat der Präsident gesagt.«
»Was redest du da für ein Zeug?« meinte Lanier. »Fehlt dir was?«
»Ich kann nicht aufhören zu denken. Ich bin im Zustand – so nenn ich das, wenn ich intensivst denke. Seit zwölf Stunden jetzt. Und noch immer. Ich kann fast nicht reden mit dir, weißt du?«
»Und über was
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