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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einer glattrandigen Mulde ab, in deren Mitte das Blau lag. Die Mulde wurde tiefer; Patricia stellte sich diesen Vorgang unwillkürlich als Raum-Zeit-Heilungsprozeß vor.
    Im blauen Kreis wurde ein Bild wie von einer Lochkamera in Froschperspektive sichtbar: etwas Langes, Helles, Fließendes inmitten von massiven, dunklen Gegenständen.
    »Das Tor ist offen«, stellte Ry Oyu fest und lockerte seine Haltung. Er stellte das Klavikel an seinen Platz und streckte die Arme aus. »Nun finden wir heraus, was auf der andern Seite liegt.«
    »Gehn wir rein?« fragte Patricia.
    »Nein«, erwiderte der Toröffner etwas belustigt. »Wir schicken einen mechanischen Kollegen. Sobald der Meldung macht, können wir entscheiden, ohne unser Leben aufs Spiel zu setzen.«
    Das Traktionsfeld legte sich an die Treppe auf dem Gerüst. Ry Oyu bedeutete Patricia, vorauszugehen, und sie begaben sich zu den andern beim Arbeitsbereich.
    Ein kubischer Monitor von etwa einem halben Meter Kantenlänge, was groß war für ein solches Gerät, schwebte den neuen Hang hinauf und passierte das Gerüst. Lautlos tauchte es in die Mulde und ins Tor ein. Yates schaltete einen Piktor an und stellte ihn auf die Monitorsignale ein, die ein Sender am Gerüst übertrug.
    Lanier entdeckte bei Patricia neues Format. Sie wirkte selbstsicherer, gelassener. Mit einem Lächeln nahm sie seine Hand in beide Hände und drückte sie und flüsterte: »Ich schaff’s. Ich spür’s genau. Ich krieg’s hin.«
    Das Monitorbild war noch unscharf. Yates übersetzte die Pikts, die Informationen über die Bedingungen auf der andern Seite lieferten. »Der Monitor befindet sich in totalem Vakuum«, sagte er, »mit sehr geringen Strahlungswerten. Wenn wir tatsächlich in einen andern Wegabschnitt vorgedrungen sind, dann ist der Defekt ganz besonders inaktiv und stabil.«
    »Es scheint gar keinen Defekt zu geben«, bemerkte Ry Oyu, der angestrengt die Augen zusammenkniff, um besser zu sehen.
    Das Bild wurde klarer.
    »Grandios«, sagte Senator Oyu leise.
    An der Schnittstelle des Tors hatte sich das schlauchförmige Universum auf einen Durchmesser von mindestens fünfzigtausend Kilometer erweitert. »Geodätische Driften«, sagte Patricia.
    »Eine mögliche Erklärung«, meinte Ry Oyu. »Aber nicht unbedingt inhärent.«
    Lanier wollte gar nicht um eine Erklärung bitten; er bezweifelte, daß er’s begreifen würde.
    Der Weg war angefüllt mit zyklopischen Strukturen: dunklen, kristallinen Massen, abertausend Kilometer lang, die zum Teil frei schwebten und breite Schatten auf die Wand des Wegs warfen, wenn sie vor der intensiven, gewundenen Plasmaröhre passierten.
    »Oberflächenanziehung etwa ein Zehntel g«, sagte Yates. »Die Parameter unterscheiden sich substantiell, Ry. Meinen Sie, es handelt sich um einen anderen Weg, gar nicht den unseren?«
    »Haben wir Grund zur Annahme, es hätte jemand anders ein Universum wie dieses geschaffen?« fragte der Toröffner.
    »Nein«, räumte Yates ein.
    »Wir haben den Weg mit unserem Erbe ausgestattet, indem wir ihn zylindrisch gemacht haben. Ich bezweifle stark, daß andere die gleiche Lösung benutzt hätten. Wohlgemerkt stehen unendlich viele Möglichkeiten zur Verfügung.«
    »Dennoch ist eine solche Form durchaus handlich und praktisch, falls man Handel wünscht.«
    Ry Oyu pflichtete in diesem Punkt durch ein knappes Nicken bei. Das Resultat seiner Arbeit schien ihm wenig Freude zu machen. »Sehr eigenartig«, sagte er. »Kein Defekt zu entdecken, Plasmaröhre extrem irregulär. Ich würde sagen, da wurde manipuliert.«
    »Jarts?«
    »Nein«, erwiderte der Toröffner. »Diese Strukturen sind keinesfalls jart-typisch. Einen praktischen Zweck kann ich mir nicht recht vorstellen. Es sind entweder geometrische Verzerrungen, Raum-Zeit-Extrusionen und – Kristallisationen oder…« Er schüttelte den Kopf. »Oder uns völlig unbekannte Manifestationen. Außerdem bezweifle ich stark, daß die Jarts so weit vorgedrungen sind. Diese Kreuzung – falls es eine Kreuzung ist – muß hinter eins x fünfzehn – also über hundert Lichtjahre im Weg – liegen.«
    »Dort können somit keine Tore sein«, sagte Patricia.
    Yates zog die Brauen hoch. »Warum nicht?«
    »Weil das jenseits der Grenze unsres Universums liegt – zeitlich. Tore würden sich öffnen ins…« Sie hielt die Hände hoch. »Nichts. Null.«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Ry Oyu. »Aber das ist ein interessanter Aspekt. Der Weg ist so ausgelegt, daß er die Bedingungen

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