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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Gespräch teilnahm, falls kein Paralleldenken erforderlich war. Lanier und Patricia hatten reichlich von der schwebenden, üppigen Lunchtafel gegessen. Danach hatten Patricia, Olmy und Korzenowski ihr Gespräch fortgesetzt.
    Lanier kam mit dem Talsit ganz zufällig ins Gespräch. Das Talsit war an Prescient Oyu herangetreten und besprach mit ihr die Pläne ihres Vaters nach der Zeremonie. Ihr Gespräch lief zunächst piktographisch ab, aber dann wechselte sie auf Englisch und stellte Lanier dem Talsit vor. Das Talsit sprach perfekt Englisch, obwohl sich an seinem Körper nichts bewegte, was auf Lauterzeugung hindeutete.
    Die Talsit stammten ab von einer kollektiven biologisch-mechanischen Intelligenz, die einst die vierzehn Planeten eines sehr alten Sonnensystems bewohnt hatte. Zu einer Zeit war die Intelligenz vollständig auf Datenspeichern abgelegt, wobei – im Gegensatz zum Speicher von Axis City – kein Bezug zu einem physisch manifestierten Körper bestand. Allmählich zerfiel die Intelligenz – durch verdichtetes Bewußtsein – zu Individuen, die sich nun eine neue physische Erscheinungsform zulegten. Das war wiederum die Vorgängerspezies des heutigen Talsit. Die Vorgängerspezies existiere noch, wie der Talsit erklärte, lebe aber introvertiert und völlig einsiedlerisch; sie habe das Talsit geschaffen als Handelsvertreter und Berater für jüngere Zivilisationen. Ein Zirkel von Toren sei zufällig in eine ihrer Welten aufgetan worden; sie trieben Handel, zunächst mit den Jarts und nach deren Vertreibung mit den Menschen.
    Wie unschwer zu folgern war, waren die Talsit und ihre Elternspezies mindestens hundert mal älter als die Menschheit.
    »Warum dann den Aufwand treiben und überhaupt mit uns kommunizieren?« fragte Lanier.
    »Man kann das als Hobby betrachten, als Alterslaune, Alterstorheit«, erwiderte das Talsit ohne eine Spur von Herablassung oder Heuchelei. »Die Meinen bieten Dienste an, vor allem hinsichtlich der Klärung und Ordnung von Gedanken. Diese Dienste finden die Menschen und andere unsäglich wertvoll. Wir helfen gern und erhalten dabei im Gegenzug Informationen, die für uns von großem Wert sind.«
    Der Ruf zur Zeremonie ertönte wenige Minuten später: einer der Frant läutete eine hohe, wohltönende Glocke, die an der Südseite des Gerüsts von einem Balken hing.
    Lanier stand, die Hände auf dem Rücken verschränkt, zwischen Korzenowskis Bild und Prescient Oyu, während Patricia den Ehrenplatz zwischen Yates und Ry Oyu einnahm.
    Ry Oyus Ritualkleidung bestand aus einem schlichten weißen Hemd und einer schwarzen Hose. Dazu trug er schwarze Schuhe mit flacher Sohle. Yates war in eine lindgrüne Robe gehüllt; das gute Stück war nicht mehr das neueste.
    Ry Oyu trat an die Treppe, die in kühnem Schwung aufs Gerüst führte. Oben hielt er gesenkten Haupts inne und winkte Patricia zu sich.
    »Das müssen Sie lernen«, sagte er, als Patricia oben ankam. »Das Klavikel kann Ihnen nur teilweise sagen, wo ein Tor zu öffnen ist; Sie müssen die Stelle zugleich gefühlsmäßig erkennen und das Klavikel auf die gewünschte Welt einstimmen. Es gehört also nicht nur Berechnung dazu, sondern auch die sogenannte Intuition.«
    Er bückte sich und umfaßte die Griffe des Klavikels und hob es aus der Halterung im Zentrum der schimmernden Traktionslinien. Als Patricia hinunterschaute, wurde ihr schwindelig; bis zum Boden der Grube ging’s mindestens sechzig Meter hinunter.
    »Es gibt ein Ritual, das die Gedanken einstimmt«, sagte der Toröffner, »und den Geist vorbereitet. Es ist zwar nicht unbedingt nötig, hilft aber sehr, wie ich finde. So.« Er hielt das Klavikel vor und schloß die Augen. »Heut ist’s nicht das übliche Spiel. Seit fünfzig Jahren suche ich diese Kreuzung, die mir bis jetzt stets entwischt ist.« Er öffnete ein Auge und lächelte zaghaft. »Sie werden sich gewundert haben, daß wir noch hier sind und noch’n Tor öffnen, das sowieso wieder zu schließen ist, wenn die Jarts kommen oder Axis City darüber hinwegprescht. Hat Ihnen das nicht zu denken gegeben?«
    Patricia nickte.
    »Obwohl ich das gegenwärtige Geshel-Regiment ablehne, bleibe ich dem Hexamon treu ergeben. Ich werde dem Hexamon dienen, auch wenn sie mich für einen Verräter halten, was zwangsläufig der Fall sein wird, wenn sie erfahren, welche Rolle ich in der Sezession gespielt habe. Um wiedergutzumachen und mich von Schuld freizukaufen – darum öffne ich dieses Tor.«
    »Ich verstehe nicht«,

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