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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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sagte Patricia, die den Kopf schräg hielt und das Klavikel betrachtete.
    Ry Oyu löste eine Hand und Schwenkte sie mit gespreizten Fingern in weitem Bogen. »Alle Tore sind so abgestimmt, daß sie sich zu andern Welten, andern Planeten öffnen. Der Weg passiert eine unendliche Vielzahl möglicher Kreuzungen mit anderen Welten, und wir haben aus einem großen Paket dieser unendlichen Vielfalt zu wählen, wenn wir auf einen optimalen Punkt einstellen. Es ist Ihnen vielleicht aufgefallen, daß unsere Tore immer in Abständen von mindestens viertausend Kilometern angeordnet sind. Das kommt vom Rhythmus der geometrischen Haufen. Verstehen Sie diesen Rhythmus?«
    Patricia nickte. »Ja.«
    »Von den eigentlichen Haufen lassen wir lieber die Finger. Sie verquicken alternative Universen und Zeitströme in einer für uns nicht zuträglichen Weise. Wir arbeiten dazwischen. « Er machte eine Hackbewegung mit der Handkante. »Wir arbeiten in einem Bereich von zehn Metern, und in diesem Bereich existieren vielleicht eine Milliarde Vorstoßmöglichkeiten. Wir stimmen so fein als möglich auf die Position eines Objekts von planetarer Masse ab; das Klavikel, das piktographisch den Verstand kontaktiert, benennt uns die Masse zusammen mit dazugehörigen Daten. Spüren Sie selber!« Er nahm ihre Hand und legte sie um den zweiten Griff des Klavikels. Eine Bilder- und Informationsflut ergoß sich in ihren Verstand. »Schauen Sie mich an!«
    Sie blickte zu Ry Oyu, der ihr in rascher, steter Folge eine Reihe von Techniken piktographierte. »Es wäre viel einfacher, wenn Sie ein Implantat besäßen, aber zumindest haben Sie den Willen – und die Motivation zum Lernen. Ich kann Ihnen nicht sämtliche Fertigkeiten beibringen, aber zumindest Ihre Intuition abstimmen.« Er bombardierte sie mit einer weiteren Serie von Instruktionen. Die Hand am Klavikel, spürte Patricia, wie die Datenströme zur Einheit verschmolzen.
    »Ich kann Ihnen nicht helfen, den Heimweg zu finden«, sagte er und tippte ihr auf die Hand, damit sie das Klavikel loslasse. »Ich werde nicht bei Ihnen sein. Yates und Olmy ebenfalls nicht. Uns rufen andere Pflichten. Aber wenn Ihre Theorie stimmt, wofür alles spricht, können Sie im geometrischen Haufen das richtige Tor finden. Das Wissen, das Sie haben, reicht dafür aus. Und passen Sie gut auf. Heute öffnen wir keine andere Welt. Heute öffnen wir den Weg selbst.«
    Patricia runzelte die Stirn.
    »Sie haben die Kurve gesehen, Patricia; ich bin sicher, Sie haben die Krümmung des Wegs berechnet.«
    »Ja«, sagte sie.
    »Haben Sie gesehen, wo sie sich kreuzt?«
    »Nein.«
    »Es ist eine äußerst subtile Kreuzung, und die Punkte liegen weit auseinander. In dieser Entfernung hat der Weg vielleicht einen ganz andern Charakter.
    Die Axis City wird jene Abschnitte im Laufe ihrer Reise erreichen – vielleicht in Jahrmillionen oder aber viel schneller, wenn die Geshel ihren Plan ausführen. Wenn wir an dieser Kreuzung ein Tor öffnen, erfahren wir, was der Weg überhaupt ist. Unsere Pionierleistung soll für den Hexamon Wiedergutmachung sein.«
    Patricia nickte.
    Ry Oyu wandte sich an die Versammelten am Fuße des Gerüsts. »Ist der Ingenieur bereit?«
    »Ich bin da.«
    »Können Sie alles deutlich wahrnehmen, um davon Zeugnis abzulegen?«
    »Ja.«
    Der Toröffner holte tief Luft. »Heute ist ein besonders ehrenvoller Tag für uns alle«, sagte er zu Patricia.
    Das Klavikel summte, als er hinunter aufs Traktionsfeld trat. Er winkte Patricia, ihm zu folgen. Sie stellte sich neben ihn auf die Linien, und das Feld beulte sich, wo sie standen, nach unten aus und bildete eine Mulde. Immer tiefer senkten sie sich und hielten erst wenige Meter über dem Grubenboden an. Ry Oyu kniete nieder und deponierte das Klavikel in seiner Halterung. »Ich habe den Bereich auf wenige Zentimeter eingegrenzt«, sagte er.
    Dann hob er den Kopf und fing zu Patricias großem Erstaunen zu singen an.
    »Im Namen des Sterns, des Herds unseres Seins, der Schmiede unserer Substanz, dem größten aller Feuer: Stern, spende uns Licht, spende uns in der Finsternis die Gabe rechten Schaffens!«
    Er umfaßte das Klavikel mit beiden Händen und hielt es fest, wobei er die Augen schloß und das Gesicht zur hohen Halle erhob.
    »Auf das Schicksal bauen wir, den Weg aller Dinge, allen Lichts im Plan der ewigen Bestimmung, der wir nicht entfliehn, auch wenn wir wählen, noch so frei wählen können.
    Im Namen von Pneuma, Odem unseres Geistes, Zug unsres Denkens, im

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