Äon
sich nieder. In ihrer Tasche steckte ein Brief von Paul, der ihr in der Schicht davor in der ersten Kammer ausgehändigt worden war.
Liebe Patricia,
wo immer Du sein magst, ich hoffe, es geht Dir gut. Das Leben hier ist langweilig – besonders wenn ich mir ausmale, wo Du jetzt sein magst, aber es geht schon. Ich halte Verbindung zu Deinen Leuten. Rita ist ein Schatz, und mit Ramon habe ich schon ein paar recht gute Gespräche geführt. Ich habe hinter deinem Rücken viel über Dich erfahren. Hoffe, das stört Dich nicht. Meine Bewerbungen bei Prestor und Minton (zwei Software-Herstellern) wurden bearbeitet, wie ich erfahren habe, aber vorerst ist alles gestoppt, bis der Verteidigungshaushalt durch ist. Es ist die Rede von irgendeiner Verschleppungstaktik; womöglich geht monatelang nichts mehr.
Doch genug davon. Ich vermisse Dich sehr! Rita hat mich gefragt, ob wir heiraten wollen, aber ich habe, wie es Dein Wunsch ist, nichts verraten. Ich möchte Dich heiraten! Das weißt Du. Es ist mir egal, auch wenn Du noch so seltsam bist. Du brauchst nur heimzukommen und zu nicken. Wir schaffen uns ein eigenes Heim. Sei nicht so stur diesmal. Genug davon! Du hast sicher Wichtigeres zu tun, und mein Zucken und Zappeln an der Leine – an der ich hänge wie ein Fisch am Haken – ist nur ein Ablenkungsmanöver. (Nun, Du weißt, ich finde keinen vernünftigen Schluß bei Briefen.) Ich liebe Dich. Es küßt Dich vielmals
Paul
Sie hatte eine lange Antwort getippt, ohne Unerlaubtes auszuplaudern, Carrolson zur Genehmigung vorgelegt und zur Beförderung auf die Erde mit dem nächsten OTV abgegeben.
Erstaunlicherweise war ihr das Verfassen der Zeilen leichtgefallen. Sie sagte in ihrem Brief all das, was Paul ihrer Meinung nach gern hören würde, all das, was gesagt werden mußte für den Fall, daß Paul tatsächlich in wenigen Wochen tot wäre. Damit hatte sie sich freilich nicht abgefunden, denn in diesem Fall wäre sie längst nicht so ruhig wie im Moment gewesen.
Lanier war inzwischen unterwegs zur Erde. Patricia beneidete ihn. Sie wäre lieber auf der Erde, um dort den Tod zu erwarten, als hier oben zu sitzen und dem entgegenzusehen, was sie wußte.
Nein, das stimmte an sich gar nicht. Sie schloß die Augen und verwünschte sich. Sie trug eine ungleich größere Verantwortung als je zuvor. Sie mußte die blöde Sorge und Verzagtheit und Angst abwerfen und anfangen, an der Abwendung des Unglücks zu arbeiten.
Und – fast haßte sie sich dafür – sie arbeitete schon daran. Endlich hatte sich der Zustand eingestellt. Lösungen machten ihre Aufwartung, präsentierten sich wie Freier, hübsch in Formeln verpackt, und wurden zurückgewiesen, sobald sich ihre Unzulänglichkeit herausstellte.
Takahashi schien ein intelligenter, gewissenhafter Bursche zu sein, aber da Patricia beim Zusammentreffen der Expedition nicht nach Plaudern zumute gewesen war, wußte sie wenig über ihn. Takahashi und Carrolson wären von jetzt an ihre nahezu ständigen Begleiter und Helfer, hatte Lanier gesagt.
Die Straße endete fünfzig Kilometer vom Basislager entfernt. Der Laster rollte in eine flache Senke, und die gummiprofilierten Panzerketten quietschten schrill auf dem Boden. Beim Weiterfahren änderte sich nichts an dem Eindruck, daß der Korridor weitergehe. Die Südkappe wich allmählich zurück und verlor langsam an Wucht. Patricia war allerdings nicht wohl dabei, sich um die beste Sicht zu reißen, so daß sie unterwegs nicht viel mitbekam. Carrolson, Farley und Takahashi spielten auf einer Tafel Schach; Patricia sah gedankenverloren zu.
»Halbe Strecke«, sagte Lake zwei Stunden später. Die Schachspieler zeichneten ihre Züge auf und räumten die Tafel ab, während der Laster sachte zum Stillstand kam. Die Türen glitten seitlich auf, und die Marinesoldaten kletterten mit einem Seufzer der Erleichterung aus dem Wagen. Patricia stieg als nächste aus und streckte sich gähnend auf dem trockenen Boden. Carrolson kam von der andern Seite um den Wagen herum und brachte kühles Wasser mit, das sie ihnen in Bechern einschenkte. »Es fehlt an nichts«, sagte sie.
»Bier?« erkundigte sich Reynolds.
»Darauf wurde zugunsten der Wissenschaft verzichtet. Hat jemand Hunger?«
Patricia nahm sich ein Sandwich aus dem Behälter und ging mit Takahashi ein paar Meter vom Laster weg. Im ersten Moment hatte sie sich nervös und unwohl gefühlt, aber das legte sich rasch. Was gäbe es schon zu befürchten in einem endlosen Wüstenstreifen,
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