Äon
Lichtkegel zu gehen. Patricia fiel auf, daß eine unsichtbare Fläche die Füße vom Flurboden trennte. »Wir gehn auf Luft«, sagte sie und kämpfte gegen einen Schauder an.
»Lieblingsillusion der Steinler. Stumpft mit der Zeit ab.« Sie hielten inne, und Takahashi deutete rechts auf den Boden. »756« leuchtete es rot unter einer lindgrünen Linie. »Das ist eine Tür, und genau da wollen wir rein. So, du hast Vortritt. Halt die Hand an die Wand und drück leicht!«
Sie streckte die Hand vor und drückte. Ein zwei Meter zehn hohes Oval klaffte plötzlich in der Wand und gab den Blick frei auf den weißen Raum dahinter.
»Fanden die Archäologen zufällig. Stand offenbar leer vor dem Auszug und wurde von interessierten Nachmietern so ausprobiert. Alle anderen Türen im Gebäude haben einen persönlichen Code oder sind anderweitig blockiert. Und – wie du sofort feststellst, wenn du’s probierst – Information über den Privatbereich ist in den Bibliotheken nicht erhältlich. Willkommen.«
Patricia betrat vor ihm die Diele. Der Raum war in sterilem Weiß gehalten; plumpe weiße Würfel erinnerten entfernt an Sessel und Sofa und Tisch. »Häßlich«, sagte Patricia, die sich im fensterlosen Wohnzimmer umsah. Ovale Türen führten in zwei ebenso weiße und plump möblierte Schlafzimmer – zumindest glaubte sie, daß es sich um Schlafgelegenheiten handelte.
Der einzige nicht weiße Gegenstand im Raum war ein Chromkügelchen auf einem Podest. Neben diesem blieb Patricia stehen. »So’n Ding wie in der Bibliothek.«
Takahashi nickte. »Tabu.« Er deutete auf die kleine Box, die an den Fuß des Podests montiert war. »Wenn man da rangeht, löst man Alarm aus in den Sicherheitsbüros.«
»Ist das eine Heimbibliothek?«
»Anzunehmen.«
»Funktionsfähig?«
»Meines Wissens hat’s noch niemand ausprobiert. Frag doch Garry!«
»Warum gibt’s hier keine Fenster? Liegt diese Wohnung im Gebäudeinnern?«
»Keine der Wohnungen hat normale Fenster.«
»Und warum so häßlich?«
»Du meinst wohl schlicht. Nun, weil sich niemand für eine persönliche Ausstattung entschieden hat. Kein Dekor und nichts, weil hier niemand gewohnt hat. Hat leergestanden, verstehst du?«
»Ja. Und was wäre zu tun, um die Wohnung auszustatten?«
»Nun, zuerst braucht man wohl eine Art Mietvertrag«, erklärte Takahashi. »Des weitern funktioniert’s vermutlich wie alles andere hier. Man stattet die Wohnung mit ein paar schlichten Worten aus.«
»Herrlich«, staunte Patricia. »Und andere Wohnungen wurden nicht betreten?«
»Nicht in der dritten Kammer. Ist dicht wie ein Panzerschrank.«
»Wie wurde dann diese Wohnung aufgestöbert? Per Zufall oder was?«
»Yitshak Jacob ging sämtliche Flure in jedem Geschoß ab. Das war die einzige Wohnung mit leuchtender Nummer.«
»Wie sollte man da wissen, wo man zu Hause war?«
»Vielleicht hat beim Näherkommen die Nummer aufgeleuchtet und die Tür geöffnet. Oder sie hatten andere Methoden. Wir sind weit davon entfernt, grundlegende Vorgänge wie diese zu verstehen.«
Wenn wir die Grundlagen nicht kennen, überlegte Patricia, wie soll ich dann das weitere verstehen… die sechste Kammer, den Korridor?
»Wir gehen den selben Weg zurück«, sagte Takahashi, »und versuchen, pünktlich zur Versammlung zu kommen.«
Sie schafften es gerade noch rechtzeitig. Die Cafeteria im ersten Lager des wissenschaftlichen Teams war umgestellt worden, so daß ein niedriges Podest mit Rednerpult und davor Sitzreihen den Speisesaal ausfüllten. Rimskaya stand beim Podest, während interessierte Mitarbeiter in die Cafeteria strömten und plaudernd nach den günstigsten Plätzen in den Reihen suchten. Patricia und Takahashi kamen um Punkt elf. Die meisten Plätze waren belegt, also setzten sie sich in die hinterste Reihe. Karen Farley drehte sich um und winkte ihnen zu. Patricia winkte zurück, und dann trat Rimskaya ans Rednerpult. »Verehrte Damen und Herren, liebe Kollegen, unser Bericht heute morgen bezieht sich auf den Auszug vom Stein. Wir haben in diesem Punkt große Fortschritte gemacht, so daß die Schlußfolgerungen, die wir vorlegen können, einigermaßen glaubwürdig sind.« Nun stellte er einen schmächtigen Mann mit schütteren hellbraunen Haaren und feinen, apollonischen Zügen vor. »Dr. Wallace Rainer von der Universität von Oklahoma wird unsere Ergebnisse vorstellen, wobei das heutige Treffen nicht länger als dreißig Minuten dauern sollte.«
Rainer warf einen Blick in den
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