Äon
ich.«
Lanier grinste kopfschüttelnd.
»Was ist daran so komisch?« wollte Cronberry, in Rauchschwaden gehüllt, wissen.
»In den Aufzeichnungen steht, daß bis zum Krieg noch zwei Wochen bleiben.«
Hoffman lud Lanier an diesem Abend zu einem Drink in ihr Büro ein. Er kam um sieben nach einem hastigen Abendessen in der JPL-Cafeteria; wieder ließ er seine Agenten an der Tür stehen. Hoffmans JPL-Büro war so nüchtern und praktisch wie ihr Büro daheim in New York, wobei der größte Unterschied darin bestand, daß hier mehr Regale mit Memoblöcken standen.
»Wir haben’s probiert«, sagte sie und reichte ihm einen Scotch pur. »Tja.« Sie prostete ihm mit einem erhobenen Dubonnet on the rocks zu.
»Das haben wir«, meinte er.
»Siehst müde aus.«
»Bin müde.«
»Last der Welt auf deinen Schultern«, sagte sie mit einem behutsamen Blick.
»Last von ein paar Welten«, sagte er. »Ich entdecke gerade, was für ein zäher Hund ich bin, Judith.«
»Ich auch. Heut’ nachmittag hab’ ich noch mal mit dem Präsidenten geredet.«
»So?«
»Ja. Ich fürchte, ich hab’ ihn einen Idioten geschimpft. Höchstwahrscheinlich werde ich entlassen oder zum Rücktritt aufgefordert worden sein, wenn du wieder im Orbit bist.«
»Gut für dich«, meinte Lanier.
»Setz dich! Reden wir. Sag mir, wie’s ist! Ich möcht’ so gern da rauf…« Sie schob Stühle herum, dann setzten sie sich einander gegenüber.
»Warum?« fragte Lanier. »Du hast die Blöcke gesehen, alle Informationen.«
»Eine dumme Frage.«
»Ja«, pflichtete Lanier ihr bei. Sie fühlten sich leicht beschwipst, obwohl das noch nicht vom Alkohol herrühren konnte. Lanier war dieses Gefühl in Zeiten von Streß schon öfter begegnet.
»Verdammt noch mal, ich kann die Sorge der Russen verstehen«, sagte Hoffman nach einer kurzen Pause. »In den letzten zehn Jahren haben wir ihnen in jeder Beziehung gezeigt, wo’s lang geht: diplomatisch, technisch. Im All und auf der Erde. Gegen unser Können kommen sie auch mit ihrer Beharrlichkeit nicht an. Der Russe ist ein Dinosaurier, der alles haßt, was schneller und wendiger ist. Tja, der kleine Iwan kann ein Computerterminal nicht von einem Traktorlenkrad unterscheiden. Sogar die Chinesen sind heute schon weiter vorn.«
»Die Chinesen werden uns in ein, zwei Generationen vielleicht sogar überholen.«
»Gern. Geschieht uns recht«, meinte Hoffman. »Da kommt also der Stein daher, und wir fangen ihn ab, beanspruchen ihn für uns und lassen ihnen im Interesse der internationalen Zusammenarbeit ein paar bedeutungslose Krümelchen zukommen… Was immer der Stein auch bergen mag, er ist quasi der Grabstein des Ostblocks. Eine unbeschreibliche Technologie fällt uns in die Hand. Herrje! Ich wünschte, wir könnten uns an einen Tisch mit ihnen setzen und vernünftig reden… Aber die sind ängstlich und verschreckt, und unser Präsident ist strohdumm.«
»Ich glaube nicht, daß dumm das richtige Wort ist. Eher kriegsneurotisch.«
»Er wußte um den Stein, als er sich um die Präsidentschaft bewarb.«
»Er wußte, daß der Stein unterwegs sei«, sagte Lanier. »Und recht viel mehr wußte damals keiner von uns.«
»Ach, der kann mich mal, wenn er keinen Spaß versteht«, sagte Hoffman, die auf die Fensterjalousien starrte. »Als du noch Pilot gewesen bist seinerzeit«, fuhr sie fort, »bist du einmal abgestürzt. Wohin hast du dich gewünscht vor dem Aufprall der Maschine?«
»An die Armaturen«, erwiderte Lanier ohne Zögern. »Ich wollte unbedingt die Maschine retten, so daß ich gar nicht ans Ausbüchsen dachte. Fand sie absolut schön, die Maschine, und wollte sie retten. Wollte auch verhindern, daß sie andere Menschen in den Tod reißt. Also sind wir beide in einem See gelandet.«
»Ich bin längst nicht so mutig«, sagte Hoffman. »Ich glaube, die Erde ist schön, und ich will sie retten. Dafür habe ich geschuftet wie blöd. Jetzt krieg’ ich nichts als Scheiße zurück. Dein Flugzeug hat dir keine lange Nase gemacht. Es hat dich nicht zusammengestaucht für deine Bravourleistung, nicht wahr?«
Lanier schüttelte den Kopf.
»Genau das läuft hier ab. Also sag’ ich mir, die können mich alle mal. Ich will droben auf dem Stein sein, wenn’s passiert.«
»Wenn hier auf der Erde alles hops geht, werden wir jahrelang nicht mehr runter können vom Stein. Nicht mal die Mondsiedlung wird uns helfen können.«
»Wird die Erde überleben?«
»Mit knapper Not«, sagte Lanier. »Ein Jahr Minusgrade
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