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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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nach wenigen Tagen oder Wochen.« Er blieb am Labortisch stehen und deutete auf einen der Bildschirme, der eine grafische Darstellung zeigte. Auf der x-Achse des Diagramms war die Zeit, auf der y-Achse die Häufigkeit der Kontaminationen eingetragen. Die rote Linie über der x-Achse blieb zunächst recht flach, stieg dann steil an, blieb eine Weile oben und kehrte dann nach unten zurück.
    Dr. Ritter drehte sich um, und Singerer sah sein besorgtes Gesicht hinter dem Kapuzenvisier. »Die von Kontaminierten ausgehende Infektion scheint viel schneller übertragen zu werden. Uns ist ein Fall von nur wenigen Stunden bekannt.«
    Singerer verstand die Sorge des Arztes und teilte sie. Mit den Namenslisten aus Drisiano war es nicht weiter schwergefallen,
Personen zu identifizieren, bei denen eine Kontamination vermutet werden konnte, die bisher aber noch nicht in Erscheinung getreten war. Doch wenn jede dieser Personen auch Menschen infizieren konnte, die keine Reise nach Kalabrien unternommen hatten, um dort einen Wunderheiler namens Raffaele zu besuchen … Dann bekamen sie es innerhalb kürzester Zeit mit einer exponentiellen Ausbreitung der Kontamination zu tun, die sich kaum mehr eindämmen ließ.
    Dr. Ritter ging zur Tür auf der anderen Seite des Raums, und Singerer folgte ihm. Im nächsten Zimmer waren die Wände der einen Hälfte gepolstert; die andere konnte durch Panzerglas separiert werden. Zwei ebenfalls in Schutzanzüge gekleidete Personen kümmerten sich um einen Mann, den Singerer auf Mitte sechzig schätzte und der auf einer Liege ruhte. Der Mann schien betäubt zu sein, denn er zeigte keine Reaktion, als ihm die beiden weißen Gestalten das Hemd auszogen und eine Zwangsjacke anlegten. Schließlich wichen sie von der Liege zurück, schoben die beiden aus Panzerglas bestehenden Trennwände aufeinander zu und verriegelten sie.
    »Arnim Sennstett aus Pinneberg, sechsundsechzig Jahre, ehemaliger Makler, seit drei Jahren im Ruhestand«, sagte Dr. Ritter. »Er litt an chronischem Rheumatismus. Im Mai dieses Jahres reiste er nach Kalabrien und begegnete dort Raffaele. Er kehrte geheilt zurück - sein Name stand auf der Liste. Als wir mit der Beobachtung begannen, sind uns sofort Anzeichen von Labilität aufgefallen, und wir brachten ihn unverzüglich hierher.« Er sah Singerer an. »In seinem Fall war es nicht weiter schwer, denn er lebt allein. Seine Frau starb vor drei Jahren, und er hat keine Kinder.«
    »Freunde? Verwandte?«

    »Wir haben mit der Haushälterin gesprochen und wie in den anderen Fällen auf eine gefährliche ansteckende Krankheit hingewiesen. Ich glaube nicht, dass eine Verbindung mit dem Drisiano-Syndrom vermutet wird.«
    Singerer dachte an den reißerischen Artikel in Zack! . Es würde bestimmt nicht mehr lange dauern, bis jemand eine Verbindung zu den Quarantänefällen herstellte.
    »Die Wirkung des Sedativs lässt nach«, sagte einer der beiden Assistenten.
    Singerer drehte sich um und stellte fest, dass sie an Computerschirmen standen, die auf einer mobilen Werkbank montiert waren.
    Auf der Liege in der anderen Hälfte des Zimmers schlug Arnim Sennstett die Augen auf.
    »Er trägt Sensoren an und im Körper«, erklärte Dr. Ritter. »Die Daten werden drahtlos übertragen.«
    Singerer trat näher an die transparente Barriere heran, die ihren Teil des Raums vom anderen trennte. Der Mann schwang die Beine über den Rand der Liege, stand auf und wankte umher, schien dabei kaum auf seine Umgebung zu achten.
    Arnim Sennstetts Unruhe nahm schnell zu. Aus dem unsicheren Taumeln wurden lange Schritte, und schließlich lief der Mann um die Liege herum, die weder Kanten noch harte Stellen aufwies - sie war ebenso gepolstert wie die Wände. Die ganze Zeit über blieb er gespenstisch still, und nach einigen Minuten verharrte er an der linken Wand. Singerer sah sein Profil, als er damit begann, den Kopf gegen die Polsterung zu schlagen, immer heftiger und wilder, ohne dass ein einziger Laut von seinen Lippen kam.

    Dr. Ritter sah sich kurz um, und einer der Assistenten sagte: »Der Datenempfang ist einwandfrei. Es wird alles aufgezeichnet.«
    Auf der anderen Seite der Panzerglaswand verharrte Sennstett, und sein Gesicht lief rot an.
    »Hohe Herz- und Muskelaktivität«, erklang eine Stimme hinter Singerer. »Stärker als beim letzten Mal.«
    »Mit starken Sedativen können wir die Betroffenen ruhigstellen«, sagte Dr. Ritter. »Aber wenn ihre Wirkung nachlässt, scheint die Kontamination umso schlimmer

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