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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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überwunden.
    Nikolaus sieht kurz zurück. »Von zwanzigtausend sind nur siebentausend übrig geblieben.«
    »Gott stellt uns auf die Probe«, sagt Hubertus.
    »Vielleicht«, räumt Nikolaus kummervoll ein. Doch als sie am Hafen mit den stolzen Segelschiffen vorbeikommen, steigt freudige Erwartung in ihm auf, denn dies ist der Tag des Wunders, der allen - der ganzen Welt, auch dem Papst, der ihnen seine Unterstützung verweigert - zeigen wird, dass sie in göttlichem Auftrag unterwegs sind. Über den Strand eilt er, gefolgt von Kindern und Erwachsenen, die zu singen beginnen. Er läuft die letzten Meter, dorthin, wo die Wellen ans Ufer rollen, bleibt dann auf dem nassen Sand stehen und hebt die Arme. »Teile dich für uns, Meer!«, ruft er.
    Der Gesang verstummt.

    Ganz Genua scheint den Atem anzuhalten.
    Möwen krächzen, und mit ewigem Rauschen brechen sich die Wellen am Ufer. Das Meer teilt sich nicht.
    »Aber …« Nikolaus starrt fassungslos über die endlose Wasserfläche. »Jesus Christus hat es mir versprochen!«
     
    Mit Tränen in den Augen stand Sebastian im Schneetreiben und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Er fühlte sich plötzlich sehr schwach; Trauer drückte ihn nieder. Ein älterer Mann blieb neben ihm stehen und sprach einige Worte, die er nicht verstand.
    »Wie bitte?«, erwiderte er geistesabwesend.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte der Mann in gebrochenem Deutsch.
    Sebastian schüttelte nur den Kopf, stapfte wortlos weiter und machte sich daran, erneut die Straße zu überqueren. Auf der anderen Seite merkte er plötzlich, wie kalt es war. Er begann zu zittern, schlang die Arme um sich und betrat das Hotel.
    Im Foyer herrschte großes Durcheinander. Dutzende von Personen standen vor der Rezeption, und Bedienstete des Hotels versuchten, sie zu beruhigen. Sebastian achtete nicht auf sie und eilte zum Restaurant.
    »Anna?«
    Sie stand an einem Fenster, abseits der anderen Gäste, die sich an der Tür zusammendrängten und auf die beiden Toten starrten.
    Sebastian lief zu ihr. »Ist alles in Ordnung?«
    »Ja«, antwortete Anna. »Aber …«
    »Herr Sebastian Vogler?«, fragte jemand auf Deutsch.

    Sebastian wandte sich zur Seite und sah den dritten Polizisten, der mit dem Leben davongekommen war. »Ja?«
    Handschellen klickten, und plötzlich waren seine Hände gefesselt. »Sie sind verhaftet«, sagte der Polizist.

26
    Rom
    W ie geht es ihm?«, fragte der Papst.
    »Schlecht, Heiliger Vater«, erwiderte der Arzt. »Sehr schlecht.«
    »Wird er sich wieder erholen?«
    »Nur durch ein Wunder.«
    Sie befanden sich in einem Raum, der wie die Intensivstation eines großen Krankenhauses aussah, aber zum Vatikan gehörte. Gabriel lag auf dem Behandlungsbett, an mehrere leise summende Geräte angeschlossen. Die digitalen Anzeigen eines Bildschirms gaben unter anderem Auskunft über Herzschlag, Körpertemperatur und Atmungsfrequenz. Auf einem zweiten bildeten zackige Kurven die Hirnaktivität des Mannes ab, der versucht hatte, die fremde Entität in Raffaele zu erkennen und zu identifizieren. Ignazio Giorgesi blickte auf den Exorzisten hinab und sah das eingefallene Gesicht eines Mannes, der etwas Schreckliches erlebt haben musste.
    »Wissen Sie, was mit ihm geschehen ist?«, wandte sich der Papst an den Arzt.
    »Er hat einen sehr starken psychischen Schock erlitten, Heiliger Vater. Dadurch ist es in seinem Gehirn zu einer Art Kurzschluss gekommen.« Ignazios Blick blieb auf Gabriel gerichtet,
aber aus dem Augenwinkel sah er, wie der Papst zum Bett trat und ein Gebet sprach, dann dem Arzt und seinen Assistenten zunickte und den Raum verließ. Ignazio folgte ihm.
    »Ein Toter, und Gabriel liegt im Koma«, sagte der Papst auf dem Weg zu seinen Arbeitsräumen. Geistliche und Beamte des Vatikans kamen ihnen entgegen, und der Papst erwiderte ihre respektvollen Grüße. »Und Raffaele ist verschwunden.«
    »Was ist mit Bischof Munari und den anderen?«, fragte Ignazio.
    »Sie haben einen schweren Schock erlitten, sind ansonsten aber unverletzt.«
    Ignazio nickte nachdenklich.
    »Die Frau ist identifiziert.« Der Papst sprach leise, denn immer wieder begegneten sie anderen Personen. »Sie heißt Yvonne Jacek. Offenbar gehört sie zu den Hauptträgern. Zum letzten Mal wurde sie in Hamburg gesehen.«
    »Wie konnte sie unbemerkt in den Vatikan gelangen? Und wie hat sie es geschafft, Raffaele fortzubringen, ohne Spuren zu hinterlassen? Niemand hat sie und den Jungen gesehen!«
    »Die Sechs sind bereits

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