Aeon
Defektkanals das U-förmige Monster, das nach wie vor ein Quarantäne-Ring umgab. Die beiden Frant bezogen hinter ihnen Stellung und rollten sich behaglich ein, sodass nur Hals und Kopf hervorragten.
Vor ihnen bekam das Schwarz-Gold einen Stich ins Rotbraune. Der Defekt schimmerte pink unter ihrer Beschleunigung.
»Nur noch ’n paar Sekunden«, sagte Olmy.
Der Weg schien sich in alle Richtungen aufzublähen. Lanier spürte ein Kribbeln in den Händen und eine Wärme in den Augen. Der Defekt vibrierte und bekam einen gleißenden Blauton. Der transparente Bug wurde immer dunkler, um das Licht zu mindern. Der Defektkanal, der mitten durchs Schiff verlief, vibrierte ächzend.
Nur noch ein paar Sekunden leben …
Lanier glaubte zu explodieren. Er schrie vor Schmerz und Schreck und fuchtelte dabei mit Armen und Beinen.
Dann war’s vorbei. Er trieb in ein Netz von Traktionslinien und blinzelte. Der Weg war wieder golden und schwarz. Der Defekt schimmerte rosa.
»Keinerlei Schaden«, sagte Olmy.
»Irrtum«, erwiderte Yates, der die Hand übers Auge hielt. Lanier hatte ihn mit dem Ellbogen getroffen. Dafür entschuldigte er sich nun.
»Nicht so tragisch«, meinte Yates darauf. »Nur noch ein Grund mehr für eine Talsitsitzung.«
Hinter ihnen beschleunigte mit vierhundert g der Verbund von Axis Nader und Central City und prallte mit der entstehenden Schockwelle aus Raum-Zeit auf die Plasmafront, was den Prozess der Umwandlung des Wegs in eine langgestreckte Nova einleitete.
Die Strahlendosis, die das Defektschiff traf, schnellte in die Höhe.
Die Sprengladungen rund ums Ende der siebten Kammer waren platziert. Ingenieure hatten die ganze Thistledown inspiziert und letzte Materialtests vorgenommen und die Ma schinerie der sechsten Kammer überprüft. Mit der Absprengung des Asteroiden vom Beginn des Wegs wäre die Maschinerie der sechsten Kammer einer enormen Belastung ausgesetzt: Die Stabilisierung des Wegs würde plötzlich wegfallen, während auszuschaltende destruktive Kräfte in den Kammern jäh und gewaltig zunehmen würden.
Die Bezirke Axis Thoreau und Axis Euclid waren hunderttausend Kilometer nördlich der siebten Kammer verlegt worden. In den beiden Zylindern war die Verwirrung groß. Die meisten Bewohner – Naderiten orthodoxer und anderer Richtungen und erstaunlich viele homomorphe Geshel – waren in neue Unterkünfte verlegt worden; die wenigsten kannten sich in den neuen Bezirken aus. Es herrschte Ferienstimmung, Siegerstimmung, aber auch bange Besorgnis.
Hunderte von Erdenbürgern füllten die Behandlungshallen, wo sich Geshel-Ärzte und Anwälte ihrer annahmen.
Ein männlicher Homomorpher – Hoffman merkte sich das Wort und fügte es ihrem rasch wachsenden Vokabular hinzu – nahm Hautproben von seiner ihm zugeteilten Gruppe aus zwan zig Erdenbürgern. Hoffman kam als siebte an die Reihe. Für jeden hatte der Homomorphe ein Lächeln und ein paar aufmunternde Worte übrig. Er war hübsch, aber nicht ganz nach ihrem Geschmack: wohl ein bisschen zu fein modelliert und kaum unterscheidbar von einem Dutzend anderer Homomorpher. Vielleicht hatte sie einfach zu niedrige Ansprüche; sie war an die große physiognomische Vielfalt ihrer Zeit gewöhnt, wo unvermeidliche Makel – von der missratenen Nase über Fettleibigkeit bis zur Gebissfehlstellung – einen mittelalterlich bunten Reigen von Gesichtszügen hervorbrachten.
Nachdem die Proben gesammelt waren, zog er eine Art Gesichtsmaske aus seinem schwebenden Utensilienkoffer. »Damit lassen sich verschiedene medizinische Analysen durchführen«, erklärte er. »Diese Untersuchung ist ebenfalls freiwillig – aber Ihre Zusammenarbeit wäre uns sehr hilfreich.«
Alle machten sie mit und stülpten die Maske übers Gesicht und blickten hinein und beobachteten einige Sekunden lang den Aufzug komplexer Symbole.
Bei diesen Vorgängen hatte Hoffman nicht das Gefühl einer bevorstehenden Entwürdigung oder Knechtschaft, sondern spürte einen Geist von Kameradschaft. Viele der Betreuer hissten stolz Flaggen über der linken Schulter: die Flagge von Indien, Australien, China, USA , Japan, Sowjetunion und anderer Nationen. Alle waren sie richtig erpicht darauf, mit den ihnen Anvertrauten in deren Landessprache zu reden.
Nachdem die medizinischen Tests abgeschlossen waren, wur den sie zu einer Reihe von Aufzügen geführt, die sich an der Seite der Halle öffneten. Ann Blakely, Laniers ehemalige und Hoffmans jetzige Sekretärin, wechselte aus einer anderen
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