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Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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sind.«
    »Ich auch. Hier, nehmen Sie mein Taschentuch. Armes Ding! ... Hallo, da kommt Marjorie.«
    Er ließ sie los und ging hinaus, um Marjorie Phelps an der Tür zu begrüßen.
    »Lord Peter! Herr im Himmel!«
    »Soweit bin ich noch nicht, Marjorie«, antwortete Wimsey trocken.
    »Nein, aber hör mal – hast du Ann gesehen? Ich hab sie zu mir geholt. Sie ist in einer derartigen Verfassung – und draußen steht ein Polizist. Aber was sie auch getan hat, ich konnte sie nicht so allein in diesem schrecklichen Haus lassen. Du bist nicht gekommen, um – um –«
    »Marjorie!« sagte Wimsey. »Rede du mir nie wieder von weiblicher Intuition! Du hast die ganze Zeit gedacht, sie leidet unter ihrem schlechten Gewissen. Das war keineswegs der Fall. Es war ein Mann, mein Kind – ein Mann! «
    »Woher weißt du das?«
    »Mein erfahrenes Auge hat mir das auf den ersten Blick gesagt. Es ist jetzt alles wieder gut. Leid und Tränen sind entflohen. Ich werde deine Freundin zum Abendessen einladen.«
    »Aber warum hat sie mir nicht gesagt, was los war?«
    »Weil es etwas war«, meinte Lord Peter geziert, »was eine Frau keiner anderen Frau erzählt.«

21

Lord Peter blufft

    »Es ist ein ganz neues Gefühl für mich«, sagte Lord Peter, indem er aus dem Rückfenster des Taxis nach dem anderen Taxi sah, das ihnen folgte, »von der Polizei beschattet zu werden, aber denen macht es Spaß, und uns tut es nicht weh.«In Gedanken wälzte er die verschiedenen Beweismöglichkeiten hin und her. Dummerweise waren alle Indizien zugunsten von Ann Dorland zugleich auch Indizien gegen sie – außer dem Brief an Pritchard allerdings. Zum Teufel mit Penberthy! Jetzt konnte man höchstens noch hoffen, daß sie beim Prozeß mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen davonkam. Selbst wenn sie freigesprochen wurde, ja selbst wenn erst gar keine Anklage gegen sie erhoben wurde, würde der Verdacht immer an ihr klebenbleiben. Es handelte sich hier nicht um eine Frage, die mit genialer kriminalistischer Logik oder anhand eines blutigen Daumenabdrucks fein säuberlich zu lösen war. Es war ein Streitfall für die Anwälte – ein Fall, in dem zwölf brave, rechtschaffene Geschworene die emotionale Situation abwägen mußten. Wahrscheinlich ließ sich die Verbindung zwischen den beiden beweisen – sie waren zusammen essen gewesen; wahrscheinlich ließ sich auch ihr Streit beweisen – aber was dann? Würden die Geschworenen an den Grund dieses Streits glauben? Würden sie ihn vielleicht für ein abgekartetes Spiel halten – oder ihn als Auseinandersetzung zweier Komplizen mißverstehen? Was würden sie von dieser unattraktiven, mürrischen, wortungewandten Frau halten, die nie echte Freunde besessen hatte und deren unbeholfene, zögernde Bemühungen um Liebe so schwer verständlich gewesen und so unglücklich verlaufen waren?
    Und dann Penberthy – aber Penberthy war leichter zu verstehen. Penberthy, zynisch und der Armut überdrüssig, begegnete dieser Frau, die eines Tages reich sein konnte. Und als Arzt hatte er sicher den Liebeshunger erkannt, der eine Frau so leicht gefügig machte. Also hatte er die Beziehung fortgesetzt – obwohl sie ihm natürlich auf die Nerven ging – hatte aber alles schön im Geheimen gehalten, um erst einmal abzuwarten, wohin die Kugel rollte. Dann der alte Mann – die Wahrheit über das Testament – die Gelegenheit. Und dann zum großen Ärger Robert ... würden die Geschworenen es so sehen?
    Wimsey lehnte sich aus dem Taxifenster und wies den Fahrer an, zum Savoy zu fahren. Als sie ankamen, ließ er Miss Dorland zu treuen Händen bei der Garderobiere. »Ich gehe mich umziehen«, sagte er und hatte, als er sich umdrehte, das Vergnügen, den Polizisten am Eingang mit dem Portier diskutieren zu sehen.
    Der zuvor telefonisch alarmierte Bunter wartete bereits mit dem Abendanzug seines Herrn und Gebieters. Nachdem Wimsey sich umgezogen hatte, ging er wieder in die Halle hinunter. Der Polizist saß geduldig wartend da. Wimsey grinste und bot ihm etwas zu trinken an.
    »Ich kann nichts dafür, Mylord«, sagte der Beamte.
    »Natürlich nicht. Ich nehme an, Sie haben schon nach einem Kollegen im Frack telefoniert, der Sie ablöst?«
    »Ja, Mylord.«
    »Hoffentlich hat er mehr Erfolg.«
    Er holte seinen Schützling ab, und sie gingen zusammen in den Speisesaal. In ihrem grünen Kleid, das ihr nicht stand, war sie gewiß keine Schönheit. Aber sie besaß Charakter. Und er schämte sich ihrer nicht. Er reichte ihr die

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