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Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Fabrikarbeiterinnen lesen von schönen jungen Mädchen, in die sich schöne, geheimnisvolle Männer verlieben und die mit Juwelen behängt durch vergoldete Paläste schreiten. Leidenschaftlich veranlagte alte Jungfern lesen Ethel M. Dell. Und langweilige Büroangestellte lesen Kriminalromane. Das täten sie nicht, wenn Mord und Polizei in ihrem wirklichen Leben vorkämen.«
    »Das weiß ich nicht«, sagte sie. »Als Crippen und Le Neve auf dem Dampfer verhaftet wurden, lasen sie Edgar Wallace.« Ihre Stimme verlor die stumpfe Härte; sie klang jetzt fast interessiert.
    »Le Neve las darin«, sagte Wimsey, »aber ich habe auch nie geglaubt, daß sie etwas von dem Mord wußte. Ich glaube, sie bemühte sich verzweifelt, nichts davon zu wissen – sie las von Schreckenstaten und redete sich ein, daß nichts dergleichen ihr widerfahren sei oder jemals widerfahren könnte. Ich halte so etwas für möglich – Sie nicht?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Ann Dorland. »So ein Kriminalroman beschäftigt natürlich den Geist. Etwa wie Schach. Spielen Sie Schach?«
    »Nicht gut. Ich spiele gern – aber dann denke ich immer an die Geschichte der einzelnen Figuren und das Malerische der Züge. Dann verliere ich. Ich bin kein Spieler.«
    »Ich auch nicht. Ich wäre es gern.«
    »Ja – das würde die Gedanken von Dingen fernhalten, die einem unangenehm sind. Dame oder Domino oder Patience wären noch besser. Sie erinnern einen an nichts. Ich weiß noch«, fuhr Wimsey fort, »wie mir einmal etwas absolut Niederschmetterndes und Häßliches passiert war. Da habe ich den ganzen Tag Patiencen gelegt. Ich war in einem Krankenhaus – mit einer Bombenneurose – und anderem. Ich habe immer nur ein und dasselbe Spiel gemacht, das allereinfachste ... ein ganz stupides Spiel, ohne jede Idee dahinter. Immerzu die Karten ausgelegt und wieder eingesammelt ... hundertmal an einem Abend ... nur um nicht denken zu müssen.«
    »Dann haben Sie auch ...«
    Wimsey wartete, aber sie beendete den Satz nicht.
    »Es ist natürlich eine Art Droge. Das ist eine furchtbar triviale Feststellung, aber sie stimmt.«
    »Doch, ja.«
    »Kriminalromane habe ich auch gelesen. Sie waren ungefähr das einzige, was ich lesen konnte. In allen anderen Büchern kam der Krieg vor – oder die Liebe ... oder sonst irgend etwas, woran ich nicht denken wollte.«
    Sie wurde nervös.
    »Sie haben auch so was durchgemacht, nicht wahr?« fragte Wimsey freundlich.
    »Ich? ... Nun ja ... das alles ... es ist nicht angenehm ... die Polizei ... und ... überhaupt alles.«
    »Wegen der Polizei brauchen Sie sich aber eigentlich gar keine Sorgen zu machen, oder?«
    Sie hätte allen Grund dazu gehabt, wenn sie es nur gewußt hätte, aber er behielt dieses Wissen ganz für sich und hütete sich, etwas davon zu zeigen.
    »Es ist alles ziemlich widerlich, finden Sie nicht?«
    »Etwas hat Sie verletzt ... schon gut ... sprechen Sie nicht darüber, wenn Sie nicht wollen ... ist es ein Mann?«
    »Es ist doch meist ein Mann, oder?«
    Ihr Blick war von ihm abgewandt, und sie antwortete ihm mit einer Art verschämtem Trotz.
    »So gut wie immer«, sagte Wimsey. »Zum Glück kommt man über so etwas hinweg.«
    »Kommt darauf an, was es ist.«
    »Man kommt über alles hinweg«, wiederholte Wimsey fest. »Besonders wenn man mit jemandem darüber spricht.«
    »Man kann nicht über alles reden.«
    »Ich kann mir nichts vorstellen, worüber man absolut nicht reden könnte.«
    »Manches ist so brutal.«
    »O ja – recht vieles. Die Geburt ist brutal – und der Tod – und die Verdauung auch, davon abgesehen. Wenn ich mir manchmal vorstelle, was in mir mit einer herrlichen supréme de sole passiert, mit Kaviar in Schiffchen, croûtons oder diesen wunderhübschen kleinen Kartoffelscheibchen und all den anderen schönen Dingen, könnte ich heulen. Aber so ist das Leben.«
    Ann Dorland mußte plötzlich lachen.
    »So ist es besser«, sagte Wimsey. »Passen Sie mal auf, Sie haben das die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt und sehen es nicht mehr im richtigen Maßstab. Wollen wir einmal ganz praktisch und furchtbar ordinär sein: Ist es ein Baby?«
    »O nein!«
    »Aha – das ist schon einmal gut, denn Babies sind ja auf ihre Art zweifellos etwas Wunderbares, aber es dauert lange, bis man sie wieder los ist, und sie sind kostspielig. Erpressung?«
    »Um Gottes willen, nein!«
    »Gut! Denn Erpressung dauert meist noch länger und ist noch kostspieliger als ein Baby. Ist es etwas Freudsches oder

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