Aerzte zum verlieben Band 48
eng geworden ist oder mir nicht mehr gefällt.“ Melora senkte den Blick. „Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe, aber ich war einfach so schockiert, weil du gemerkt hast, dass ich … dass ich Brustkrebs hatte.“
Nun war Daniel schockiert, denn damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Wie kam Melora nur darauf, dass er das wusste? Glaubte sie tatsächlich, er könnte sehen , dass sie eine Brust verloren hatte? Das war doch Unsinn, er hatte nur vermutet, dass sie …
„Es ist schon verrückt“, sagte sie und schüttelte den Kopf „Ich habe ständig das Gefühl, dass du durch mich durchsehen kannst, wie ein Superarzt mit Röntgenblick“, fügte sie mit Galgenhumor hinzu, obwohl ihr ganz und gar nicht zum Scherzen zumute war. „Du hast vollkommen recht, ich gehöre auch zu den Menschen, die hierhergekommen sind, um ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Ich hielt dieses schreckliche Gerede über mich am Arbeitsplatz einfach nicht mehr aus. Meine Kollegen wussten ständig über alles ganz genau Bescheid: Wann ich gerade Chemo hatte, wann es mir gut ging und wann schlecht, und wie alle meine Werte waren. Ich konnte diese mitleidigen Blicke und ständigen Fragen nach meinem Befinden einfach nicht mehr ertragen.“
„Aber damit haben sie dir doch gezeigt, dass du ihnen nicht egal bist und sie sich um dich sorgen“, gab Daniel zu bedenken.
„Was echte Sorge ist und was nur Neugier und Getratsche, weiß man auch nicht immer so genau. Außerdem ist es schrecklich, wenn man dauernd auf seine Krankheit angesprochen wird, dann kann man an nichts anderes mehr denken und kommt überhaupt nicht zur Ruhe. Mir ging das alles furchtbar auf die Nerven, ich hatte das Gefühl, innerlich zu platzen. Das ging sogar schon so weit, dass ich überhaupt keine Lust mehr auf die Arbeit hatte. Ich wollte keine Patienten mehr sehen, keine Ärzte und Kollegen, nicht mal meine Freunde wollte ich mehr um mich haben. Ich hatte plötzlich das Gefühl, aus Eis zu sein, und schottete mich immer mehr vor allem ab mit der Folge, dass ich immer unzufriedener mit meinem Leben wurde.“
„Das geht den meisten Menschen so, die an Krebs erkranken“, erwiderte Daniel. „Die psychische Belastung ist einfach ungeheuer groß und kann sehr lange dauern, selbst wenn man die Krankheit überstanden hat. Hattest du denn niemanden, dem du vertraut hast und der dir helfen konnte?“
„Doch, meine beste Freundin Emmy. Sie hat mein Problem erkannt und schlug mir vor, nach Tarparnii zu gehen, wo alles anders ist als in Australien. Sie war ja selbst schon mehrmals hier und deshalb überzeugt davon, dass es mir helfen würde.“ Melora sah ihn an und lächelte schräg. „Aber wie du schon gesagt hast, bin ich wohl nicht die Einzige, die hierherkommt, um ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen.“
Daniel erwiderte ihr Lächeln. „Stimmt. Und der positive Einfluss von Tarparnii scheint auch auf dich zu wirken, denn ich habe das Gefühl, dass du dich jetzt besser fühlst.“
Und wieder hatte Daniel recht, denn Melora fühlte sich tatsächlich besser, ja fast schon wie befreit, weil sie jetzt nichts mehr vor ihm verbergen musste. „Stimmt“, sagte sie erleichtert. „Jetzt geht’s mir wirklich besser.“
„Dann lass uns zurück ins Dorf gehen, ja?“
Melora nickte, und auf dem Rückweg wies Daniel sie immer wieder auf Pflanzen oder Tiere hin, die sie noch nicht kannte. „Hier ist wirklich alles anders als bei uns“, sagte sie beeindruckt und betrachtete fasziniert die exotischen Blumen, die den Pfad säumten. „Diese prächtigen Farben und die …“
Daniel legte seine Hand auf ihren Arm und blieb stehen. „Warte mal.“
„Wieso, was …?“
„Shh. Nicht bewegen.“
Meloras Herz schlug sofort schneller. Was war denn los, warum blieb Daniel auf einmal stehen? Und plötzlich sah sie sie – die lange dicke Schlange, die nur wenige Meter vor ihnen quer über dem Pfad lag.
„Bleib, wo du bist, und rühr dich nicht von der Stelle“, wies Daniel sie an.
„Warum?“, fragte Melora ängstlich. „Ist die Schlange giftig?“
„Sehr.“
„Sollten wir dann nicht lieber warten, bis sie … weggekrochen ist?“
„Nein. Sie ist zu nah am Dorf.“
Eine Gänsehaut überzog Meloras ganzen Körper, und als sie sah, wie Daniel sein Messer aus dem Köcher zog, bekam sie richtiggehend Angst. „Daniel, was tust du da, du wirst doch nicht …?“
„Keine Sorge, das hab ich schon hundertmal gemacht“, unterbrach er sie und
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