Aerzte zum Verlieben Band 57
Nirgends ein Skizzenbuch, kein Laptop, keine DVDs.
Bella lag mit geschlossenen Augen da. Erst als er den Raum durchquerte, schlug sie sie auf. Der Ausdruck darin ging ihm zu Herzen. Sie wirkte erschöpft, und was noch viel schlimmer war, zutiefst hoffnungslos.
Sie darf nicht aufgeben, dachte er, während er ans Bett trat. Er nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. „ Ciao , Bella“, sagte er so aufmunternd wie möglich.
Bella verschwand fast unter Schläuchen und Leitungen. Charlie küsste ihre Finger durch den Mundschutz, was für einen Kuss ziemlich unbefriedigend war, aber besser als nichts.
Ein schwaches Lächeln war ihre einzige Reaktion. Ihm fehlte die Wärme, und es erreichte ihre Augen nicht. Charlie setzte sich trotzdem auf den Stuhl an ihrem Bett. Er ließ auch ihre Hand nicht los. Vielleicht war es albern, aber so hatte er zumindest das Gefühl, ihr Halt zu geben, einen Anker in dieser Welt.
„Ich habe dich vermisst, als ich in Brisbane war.“
„Ja?“ Ihre Stimme klang rau, was sicher von der nasogastralen Sonde herrührte, mit der sie künstlich ernährt wurde.
„Es hätte dir gefallen. Der Veranstalter hat ein Büfett geboten, unter dem sich die Tische bogen. Unmengen von Essen, das wäre selbst für dich zu viel gewesen. Beim nächsten Mal nehme ich dich mit.“
„Nächstes Mal?“
„Falls du deine Meinung nicht geändert hast. Ist das hier …“ Er deutete in den Raum. „… ein raffinierter Trick, unsere Abmachung zu umgehen?“
Sie schüttelte den Kopf, doch selbst die schwache Bewegung schien sie Kraft zu kosten. „Ich glaube, es gibt kein nächstes Mal.“
„Wieso nicht?“
Auf ihrem Betttisch stand eine Tasse mit Eisstückchen. Bella nahm mit dem Löffel eins auf und schob es sich in den Mund. Sie lutschte daran, um sich die Kehle zu befeuchten, und antwortete erst dann: „Ich bin müde. Ich habe genug.“
Charlie wurde das Herz schwer. „Warum denn? Was ist mit all dem, was du noch vorhattest?“
„Dafür ist es zu spät.“
„Ist es nicht. Was ist los?“
Bella wandte den Kopf ab, aber er sah noch die Tränen in ihren Augen. Erst Evie, jetzt Bella. Was war passiert? Miranda. Ja, das musste der Grund sein.
Er spürte, dass Bella etwas bedrückte, und er war entschlossen, herauszufinden, was es war. Vielleicht konnte er ihr helfen. Sie durfte ihren Kummer nicht in sich verschließen. Charlie wusste, dass Schmerz und Trauer einen Menschen von innen auffressen und ihn so sehr beherrschen konnten, bis er keinen Ausweg mehr sah. Sie musste darüber reden.
„Evie hat mir erzählt, dass Miranda dich heute besucht hat. Wie war es?“
Sie sah ihn wieder an. „Gut.“
„Gut?“, wiederholte er erstaunt. Die Antwort hatte er nicht erwartet.
„Ich hatte sie gebeten, herzukommen. Weil ich sie etwas fragen wollte, was ich mich bisher nie getraut habe. Ich habe ihr gesagt, dass ich ein paar Dinge wissen muss, bevor ich sterbe.“
„Du wirst nicht –“
„Nicht, Charlie“, unterbrach sie ihn matt. „Mir geht es schlecht. Ich will nicht mehr um jeden Atemzug kämpfen.“
Charlie wusste nicht, was er sagen sollte. Warum fiel ihm nichts ein? Irgendetwas, das ihr Mut machte, ihre Zuversicht stärkte. Stattdessen saß er stumm und verwirrt da.
„Jetzt kenne ich die Antworten“, fuhr sie fort. „Sie sind nicht so, wie ich sie mir gewünscht hätte, aber das ist nicht die Schuld meiner Mutter. Wenn jemand schuld ist, dann ich.“
„Was hast du gefragt?“
„Warum sie uns verlassen hat.“
Bella entzog ihm ihre Hand, um nach der Tasse mit dem zerstoßenen Eis zu greifen. Charlie vermutete, dass sie bewusst den Kontakt zu ihm brach, aber er konnte nichts dagegen tun.
„Und?“ Er wollte alles wissen.
„Anscheinend litt sie schon nach meiner Geburt unter Wochenbettdepressionen, aber richtig schlimm wurde es wohl erst, als Lexi geboren wurde. Sie hat gesagt, dass sie mit uns nicht fertig wurde. Mutter zu sein, fand sie einfach nur anstrengend.“
Charlie atmete erleichtert auf. „Siehst du, es ist nicht deine Schuld. Postnatale Depressionen werden nicht durch das Baby ausgelöst. Für den seelischen Zustand deiner Mutter kannst du nichts.“
Aber Bella sprach weiter, als hätte er nichts gesagt. „Sie fühlte sich schuldig, weil ich krank war. Mit dem Trinken hat sie nach meiner Geburt angefangen. Zuerst nur einen Gin Tonic, um Dad Gesellschaft zu leisten, wenn er abends nach Hause kam. Dann kam einer am Spätnachmittag dazu, während sie auf Dad
Weitere Kostenlose Bücher