Aerzte zum Verlieben Band 58
mit dem Antiemetikum ist geregelt. Du kriegst gleich eins. Und jetzt lassen wir dich besser in Ruhe, damit du die Narkose ausschlafen kannst.“ Begütigend legte er seinem Bruder die Hand auf die Schulter. „Schaffst du es, bis morgen brav zu sein und nichts anzustellen?“
„Hab wohl keine andere Wahl“, gab George achselzuckend zurück. „Bin ja hier ans Bett gefesselt. Wann kommst du wieder?“
„Morgen Abend nach der Arbeit. Was soll ich dir mitbringen?“
„Ein Schachspiel wäre toll. Du kannst die Figuren für mich setzen.“ George richtete den Blick auf Jane. „Besuchst du mich auch noch mal?“
„Sehr gerne, nur vielleicht nicht morgen. Ed möchte dich bestimmt ein bisschen für sich allein haben, kann ich mir vorstellen. Wenn du möchtest, können wir nächstes Mal auch eine Runde Schach spielen. Ich bin ganz versessen darauf, Eds großen Bruder schachmatt zu setzen“, meinte sie augenzwinkernd.
Während der Rückfahrt in der U-Bahn war Ed auffallend schweigsam und brütete düster vor sich hin. Als Jane an ihrer Station aussteigen wollte, stand er ebenfalls auf. „Ich begleite dich noch nach Hause.“
Das war zwar absolut nicht nötig, aber vermutlich brauchte er nach diesem Tag voller Anspannung noch jemanden zum Reden, was Jane ihm gut nachempfinden konnte. „Danke. Dann lade ich dich noch auf eine Tasse Tee ein. Wie klingt das?“
„Verlockend. Wenn du dich heute noch mit mir abgeben magst …“
„Nichts lieber als das.“ Schwungvoll hakte sie sich bei ihm unter. „Irgendwas stimmt nicht, habe ich recht? Du hast etwas in seiner Krankenakte gelesen, was dich beunruhigt.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Ich sollte das zuerst mit George besprechen.“ Ed seufzte schwer. „Ja, es gibt ein Problem. Bleibt zu hoffen, dass es sich von selbst erledigt.“
„Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst. Falls du es dir anders überlegst: Du weißt, ich bin keine Plaudertasche, oder?“
„Das brauchst du nicht extra zu erwähnen.“ Ed gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
In ihrer Wohnung angekommen, ging Jane als Erstes in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen und für Ed einen starken schwarzen Tee mit viel Zucker, das englische Allheilmittel gegen sämtliche Katastrophen der Welt.
Ed trank einen Schluck, wobei er sich fast verschluckte. „Brrr, der schmeckt ja scheußlich!“
„Heißer, süßer Tee hilft gegen Schock.“
„Stimmt. So ein Gebräu hat George mir auch eingeflößt, als ich mal daran zweifelte, ob ich jemals ein guter Arzt werden würde.“
Jane erschrak. Ein solches Geständnis hatte sie nicht erwartet. „Du wolltest die Medizin aufgeben?“
Er nickte bedrückt. „Während meiner Assistenzarztzeit, als ich Dienst in der Notaufnahme hatte. Die Opfer einer Massenkarambolage waren eingeliefert worden, du weißt ja, was das bedeutet. Ich wurde einfach nicht damit fertig, Patienten zu verlieren, Kinder waren auch darunter … Das hab ich nicht verkraftet.“
Er stieß geräuschvoll die Luft aus. „Als ich am nächsten Morgen nach Hause kam, rief ich sofort George an. Er war der Einzige, auf den ich in dem Moment zählen konnte. Und mir war es egal, dass er vermutlich die ganze Nacht durchgefeiert hatte und wahrscheinlich gerade erst ins Bett gekrochen war.“
„Und er hat dir süßen, starken Tee eingeflößt?“
„Ja. Er kam sofort rüber und machte mir ein deftiges Frühstück.“ Ed lächelte schief. „Du musst wissen, George ist ein miserabler Koch. Der Speck war verkohlt und die Spiegeleier zäh wie Leder. Ich musste alles in Ketchup ertränken, um überhaupt einen Bissen runterzukriegen. Trotzdem war es das beste Frühstück, das ich je hatte. George brachte mich dazu zu reden, bis alles raus war. Er sagte mir, dass es nur eine einzige Schicht in einer Abteilung war, die mir sowieso nicht liegt. Und dass ich die ganze Familie − mich eingeschlossen − furchtbar traurig machen würde, wenn ich den Arztberuf hinschmeiße. Er sagte, er glaube an mich und dass ich ein fantastischer Arzt werden würde, sobald ich mein Spezialgebiet gefunden hätte.“
Jane versuchte, den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken. Wie es wohl war, Geschwister zu haben, die einen rückhaltlos unterstützten, anstatt immer nur zu fordern und einen kleinzumachen? „Er hatte recht“, sagte sie leise.
„Ja, hatte er.“
„Und er ist in besten Händen. Das Hamstead Free hat einen ausgezeichneten Ruf.“
„Ich weiß ja.“
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