Aerzte zum Verlieben Band 58
wissen.
„Das war meine Schwester Alice. Mein Bruder George hatte einen Unfall.“
„Oh, nein!“, rief sie erschrocken aus. „Ist er okay?“
„Er wird’s überleben. Kannst du dir das vorstellen? Er ist gegen eine Klippe gekracht.“
„Wie bitte? Mit dem Wagen?“
„Nicht mit dem Wagen.“ Ed fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Er ist beim Jetski oder so ähnlich verunglückt. Gott weiß, was George so alles treibt. Er muss mindestens eine Woche im Krankenhaus bleiben. Das wird ihn auf eine harte Geduldsprobe stellen. Er hasst es, irgendwo festzusitzen. Natürlich werden wir alle ihn regelmäßig besuchen, trotzdem wird er sich zu Tode langweilen.“
„Liegt er in London?“
„Ja, im Hemstead Free. Sie richten gerade sein linkes Bein. Es hat also keinen Zweck, hier alles stehen und liegen zu lassen, um an sein Krankenlager zu eilen. Zu ihm in den OP lassen die mich sowieso nicht. Ich besuche ihn gleich nach der Arbeit.“ Ed wirkte besorgt.
Jane griff über den Tisch und drückte seine Hand. „Möchtest du, dass ich dich begleite?“
„Wenn es dir wirklich nicht zu viel ist, dann gerne, danke. Allerdings muss ich dich warnen, George ist ein unverbesserlicher Charmeur. Aber vielleicht fühlt selbst er sich ausgebremst durch ein gebrochenes Bein und zwei gebrochene Handgelenke. Ganz zu schweigen von der Gehirnerschütterung.“
Trotz seines bemüht lockeren Tonfalls ahnte Jane, was in ihm vorging. Als Arzt kannte man sämtliche Komplikationen, die sich aus einer Erkrankung oder einer Verletzung ergeben konnten, und neigte dazu, sich das Schlimmste vorzustellen, wenn es um die eigene Familie ging. Das wusste Jane aus eigener Erfahrung. „Mal nicht gleich den Teufel an die Wand, Ed. Vielleicht ist es nur halb so wild wie in deiner Fantasie.“
„Stimmt, mir hängt immer noch meine Zeit in der Notaufnahme nach. Da konnte ich anschaulich miterleben, welche Folgen eine Kopfverletzung haben kann. Oh, Gott, wenn er nun ein subdurales Hämatom hat …“ Wieder wurde er kreidebleich.
Jane streichelte beruhigend seine Hand. „Du machst dir viel zu viele Sorgen, Ed. Es wird genau so sein, wie Alice es dir erzählt hat: ein gebrochenes Bein, zwei gebrochene Handgelenke, eine Gehirnerschütterung. Und wie du selbst gesagt hast, kannst du jetzt sowieso nichts tun.“
„Nein“, erwiderte er grimmig und schob seinen Teller zur Seite. Der Appetit auf sein Mittagessen war ihm verständlicherweise vergangen.
Als sie am späten Nachmittag noch einen Notkaiserschnitt durchführen mussten, war Jane fast erleichtert. Hieß es nicht, Arbeit sei die beste Medizin? Wenn Ed sich voll und ganz auf seine Patientin konzentrieren musste, blieb kein Raum mehr für düstere Spekulationen.
Nachdem sie ihre Schicht pünktlich beenden konnten, nahmen sie die U-Bahn nach Hamstead. Unterwegs beantwortete Ed etliche SMS von seinen Schwestern, seinem Vater und seiner Stiefmutter. Schließlich waren sie im Krankenhaus angekommen und standen vor einem Kiosk. Der sonst so ausgeglichene Ed wirkte völlig konfus. „Ich weiß, das klingt jetzt verrückt, aber ich möchte ihm unbedingt etwas mitbringen, habe allerdings keinen Schimmer, was. Meine Schwestern haben ihn mit dem obligatorischen Krankenbett-Obst garantiert schon zugeschüttet, und frische Schnittblumen sind auf der Station nicht erlaubt …“ Er zuckte hilflos mit den Achseln.
„Schauen wir erst mal nach ihm, dann kann er dir sagen, was er braucht“, schlug Jane vor.
„Gute Idee“, erwiderte er, erleichtert, sich nicht entscheiden zu müssen. Ed grinste verlegen. „Sorry, normalerweise bin ich nicht so neben der Spur.“
„Natürlich nicht. Du machst dir nur Sorgen um deinen Bruder.“
Spontan zog Ed sie in die Arme. „Danke, dass du da bist. Ich weiß das zu schätzen.“
„Na los, gehen wir auf Station, um nach ihm zu sehen. Danach wirst du dich sicher besser fühlen.“
7. KAPITEL
Als die Schwester sie ins Krankenzimmer führte, griff Ed instinktiv haltsuchend nach Janes Hand. Der Anblick seines Bruders, der reglos und mit rot und blau geschwollenem Gesicht im Bett lag, setzte ihm heftig zu. All die Schläuche, die mit seinem Körper verbunden waren, ließen ein mulmiges Gefühl in Ed aufsteigen. Wieder wurde sein Hirn mit Schreckensszenarien überschwemmt: Was, wenn es Komplikationen gab? Was, wenn George sich bei der OP einen Keim eingefangen hatte? Was, wenn die Ärzte eine Hirnblutung übersehen hatten?
Was, wenn George starb?
„Ist es
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