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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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hatten die Wahl, sich entweder mit ihnen zu einigen oder einen Krieg zu beginnen. Einen Krieg, der den Menschen ihre Existenz offenbaren würde.« Schon wieder war es ihm gelungen, den Herrn selbst bei all den Erklärungen nicht ein einziges Mal zu erwähnen. Umging er das Thema, weil es ihn schmerzte? Nein. Für den Moment war es einfach zu kompliziert.
    »Und die Engel wollen nicht, dass die Menschen von ihrer Existenz wissen?« Karin lehnte sich in ihrem Stuhl vor.
    Jul nickte. »Das hat damit zu tun, dass wahrer Glaube keiner Beweise bedürfen sollte. Und wenn die Leute sehen würden …«
    »… dass es Engel gibt, würden sie nicht mehr glauben, sondern wissen.« Karin grinste. »Okay, ich hab’s verstanden. Religion ist manchmal echt verdammt seltsam.«
    »Vielleicht.« Jul war ganz und gar nicht danach, eine Grundsatzdiskussion zu diesem Thema vom Zaun zu brechen. Vor allem nicht im Moment. »Aber wir waren bei dem Waffenstillstand. Ich nehme an, was auch immer auf dem Alexanderplatz geschehen ist, hat sie dazu bewogen, den Waffenstillstand zu einer Zusammenarbeit zu erweitern. Sie haben sich zumindest darauf geeinigt, zur selben Zeit Späher auszusenden. Jede Gruppe einen, weil sie einander eben doch nicht trauen.«
    Karins Lippen formten ein O. »Scheiße … Das heißt, sie müssen irgendwie denken, dass diese ganze Sache echt übel ist, oder? Ich meine, man beschließt nicht unbedingt zum Spaß, mit seinem Erzfeind zusammenzuarbeiten.«
    Jul nickte. Das traf es ziemlich genau und stützte überdies das mulmige Gefühl, das ihn jedes Mal beschlich, wenn er die große Karte in seinem Zimmer betrachtete. Die Karte mit den roten Punkten.
    Besorgt runzelte Karin die Stirn. »Hältst du das wirklich für schlau, mit so wenig Vorbereitungszeit irgendwo runterzugehen, wo es potenziell supergefährlich ist? Immerhin sind in diesem Krater schon Leute verschwunden und nie wiederaufgetaucht.«
    »Ich muss mich an Michaels Zeitplan halten.« Jul zuckte mit den Schultern, doch zugleich fiel ihm auf, dass er bislang tatsächlich keinen Gedanken an seine eigene Sicherheit verschwendet hatte. Während des ersten Bebens hatte er sich sterblich gefühlt, hatte zum ersten Mal erfahren, wie es war, wenn das Ende der eigenen Existenz drohte. Doch dieses Erlebnis schien so wenig mit der Welt der Engel zu tun zu haben, die er kannte. Dort gab es keine Furcht vor dem Tod.
    »Erzengel Michael?« Karin lachte, schüttelte dann den Kopf. »Sorry, das klingt immer noch ziemlich abgefahren.«
    Jul lächelte. »Deshalb erzähle ich es dir nach und nach. Du bist klug, aber du brauchst Zeit, das alles zu verarbeiten.«
    Für einen Augenblick erwiderte sie das Lächeln. Schüchtern, wie es sonst gar nicht ihre Art war. Doch dann wurde ihre Miene nachdenklich. »Aber warum du? Warum bekommst du irgendwelche Aufträge von Erzengeln? Soweit ich das verstanden habe, bist du doch irgendwie … rausgeflogen, oder?«
    Er zögerte. »Rausgeflogen trifft es wohl.« Wollte sie nun die ganze Geschichte dazu hören? Er hatte nicht die geringste Lust, in dieser Nacht noch einmal mit diesem Thema konfrontiert zu werden.
    Seine Gefühle mussten sich allzu deutlich auf seiner Miene abgezeichnet haben, denn Karin hob beschwichtigend die Hände. »Ich frag nicht, warum, keine Angst. Für mich klingt das nur irgendwie so …« Sie hob einen Finger. »Hier ist der große Erzengel Michael. Er hat eine echt superübergefährliche Aufgabe zu vergeben, und er schaut sich seine ganzen Engel an und denkt sich: Soll ich einen von diesen treuen Leuten riskieren? Aber dann fällt ihm eine Lösung ein. Da gibt es ja noch diesen Typ, der mal rausgeworfen wurde, aber irgendwie nicht zur Gegenseite übergelaufen ist. Wie auch immer das funktioniert …«
    Kurz hielt Karin inne. Jul spürte ihren durchdringenden Blick auf sich ruhen, aber er schwieg. Später. Später würde er es ihr erklären. Nur nicht jetzt.
    Karin räusperte sich. »Also ist dieser rausgeworfene Engel theoretisch noch immer ein Engel«, fuhr sie fort, »und man kann ihm diese Aufgabe anhängen. Und wenn was schiefgeht, ist man sogar jemanden los, der sowieso schon immer irgendwie lästig war.« Sie ließ die Hand sinken. »Ich hab keine Ahnung, wie Engel denken. Aber ich finde die ganze Sache verdächtig.«
    Schweigen legte sich über den Raum, nur durchbrochen vom leisen Klacken von Metall. Erst nach einer Weile wurde Jul bewusst, dass dieses Geräusch von den Knöpfen seiner Jeansjacke kam. Er

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