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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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ballte die Finger zur Faust, zwang sie zur Reglosigkeit, und das Klacken verstummte. Konnte es sein, dass Michael so berechnend dachte? Er war schon immer ein Stratege gewesen, aber er war auch ein Engel. Ein Erzengel. Allerdings lag vielleicht genau darin das Problem. Auch Michael hatte früher nur Befehle ausgeführt. Nun aber war er auf sich allein gestellt und traf Entscheidungen, ohne je gelernt zu haben, zwischen den richtigen und den falschen zu unterscheiden. Wer konnte sagen, auf welche Abwege er ohne Führung geriet?
    Mit einem Kopfschütteln verscheuchte Jul den Gedanken. »Selbst wenn, das ändert nichts.«
    »Warum? Wir finden auch so noch einen Weg in den Krater. Und dann musst du dich nicht an diesen knappen Zeitplan halten und kannst dich ordentlich vorbereiten.«
    Jul schüttelte den Kopf. »Es geht nicht nur darum, in den Krater zu kommen. Sie haben mir sozusagen ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen kann.«
    Karin schnaubte. »Jetzt komm mir nicht mit alten Filmzitaten. Ich nehme an, du wirst mir nicht sagen, was für ein Angebot?«
    Schwang ein Vorwurf in den Worten mit? Jul seufzte. »Du hast doch die Narben gesehen. Michael kann mir meine … Flügel zurückgeben.«
    »Oh.« Eine Folge verschiedener Emotionen huschte über Karins Züge, zu schnell, um sie zu bestimmen. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder. Schließlich seufzte sie. »Also gut. Pass halt auf dich auf. Und sag Bescheid, wenn ich dir irgendwie helfen kann.«
    Jul lächelte. »Sammle einfach weiter alle Informationen über den Krater.«
    »Das ist nun wirklich kein Problem.« Sie grinste, offensichtlich froh, nützlich sein zu können. »Ich glaube, es wäre gut, wenn ich dir alles zusammenstelle und auf dein Handy lade. Auch Karten und so. Sicher lässt sich irgendwie rausfinden, wo Gasleitungen und andere Sachen verlaufen, die vielleicht gefährlich werden könnten.« Mit neuer Energie drehte sich Karin zu ihrem Computer um und gab irgendeinen Suchbefehl ein. »Das Handy hat eine GPS-Funktion, aber der Krater ist natürlich noch nicht auf den Karten verzeichnet. Kein Ding, das lässt sich beheben. Außerdem bastel ich dir was, das dir anzeigt, was vor dem Einsturz wo stand.« Für einen Moment verlor sie sich in technischen Fachausdrücken, und Jul lehnte sich seufzend zurück.
    »Karin …«
    Mit einem kleinen Schubs drehte sie den Schreibtischstuhl wieder in seine Richtung.
    »Das ist sinnlos, ich werde diese Technik nicht bedienen können.«
    Mit einer entschlossenen Handbewegung wischte sie den Einwand beiseite. »Das ist idiotensicher, ehrlich. Du musst nur auf ein paar selbsterklärende bunte Icons tippen. Tu mir einfach den Gefallen und nimm das Handy mit. Und mach damit ein paar Fotos.«
    Jul lächelte, dann nickte er. Ob er das Handy wirklich nutzen würde, wusste er nicht, aber ein Nein hätte Karin ohnehin nicht akzeptiert.

8
    A manda drückte sich die Nase an der Scheibe zu Romans Gefängnis platt, doch diesmal beschlug das Glas nicht. Es war, als weigerte es sich, ihre Anwesenheit überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, so unbedeutend waren sie und ihre Wunsch, es zu durchdringen.
    Unverwandt sah Amanda zu ihrem Bruder hinüber. Er saß in seinem Sessel, die Beine angezogen, die Arme um die Knie geschlungen, den Blick ins Leere gerichtet. Einsam und verloren.
    Amanda war sich bewusst, dass sie träumte. Dass hier andere Regeln galten und sie dieses eine Mal gefahrlos dem Drang nachgeben, gegen die Scheibe klopfen und seinen Namen rufen könnte. Doch sie brachte es nicht über sich, mehr zu tun, als die geballte Faust zu heben. Als könnte Balthasar selbst in ihre Träume sehen.
    Mit einem Mal öffnete sich die Tür in der gegenüberliegenden Zellenwand, ein Rechteck aus Dunkelheit tat sich auf. Balthasar trat aus der Schwärze, ein Unheil verheißendes Lächeln auf den Lippen. Während er sich Roman näherte, veränderte sich seine Gestalt. Seine Finger krümmten sich zu Klauen.
    »Nein!« Es war kein Schrei, nur ein heiseres Flüstern. »Balthasar, nicht …«
    Mit einem Mal fühlte Amanda das nassgeschwitzte Laken unter sich. Sie klammerte sich daran fest, kämpfte sich aus der Umarmung des Schlafes. Nur weg von dem, was ihr eigener Geist ihr zeigte. Mit einem Ruck schlug sie die Augen auf.
    Schwer atmend starrte sie in die Dunkelheit, lauschte auf das schnelle Pochen ihres Herzens und versuchte, die Traumbilder abzuschütteln. Doch sie ließen sie nicht los, lauerten in ihrem

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