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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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Weg, ihn aufzuhalten. Jemand muss Jehovah töten. Ich würde es selbst tun, aber es ist schwer, dem Leben eines Gottes mit bloßen Händen ein Ende zu setzen.«
    Die Worte hingen zwischen ihnen in der Luft wie die Klinge einer Guillotine kurz vor dem Fall. Hatte Jul sie tatsächlich gehört?
    Dann lachte Amanda leise auf, brach damit den Bann. Es war kein glückliches Lachen, im Gegenteil, es klang schrill und ein wenig hysterisch. »Jemand heißt dann wohl wir.«
    »Nicht ihr. Du. Er kann es nicht.« Der Morgenstern nickte in Juls Richtung. »Er wurde ebenfalls von Jehovah erschaffen. Es wäre möglich, dass er genauso mit ihm verschmelzen würde wie ich.«
    Endlich gelang es Jul, den Kopf zu schütteln. »Nein. Das muss ein Trick sein. Du willst nur, dass wir dich befreien.« Es war ein letztes, verzweifeltes Aufbäumen gegen seine eigenen Zweifel, auch wenn er wusste, dass sie längst gewonnen hatten. Der Morgenstern mochte in Teilen lügen, er mochte ihnen Dinge verschweigen, und seine Darstellung der Tatsachen war ganz sicher von Hass und Eifersucht geprägt. Doch irgendwo darunter lag eine Wahrheit, die Jul nicht leugnen konnte, auch wenn er es noch so sehr wollte.
    Mit einem beinahe sanften Lächeln schüttelte der Morgenstern den Kopf. »Glaub, was du willst, aber denke daran: Wenn es keine List ist und ihr nicht handelt, dann geht die Welt zugrunde. Willst du das verantworten? Was sagt das Gewissen dazu, das du dir so teuer erkauft hast?«
    Jul presste die Lippen aufeinander, versuchte vergeblich, seine Gedanken zu ordnen. »Besteht die Möglichkeit, dass du mit ihm stirbst?«
    Ein abgehacktes Lachen kam über die Lippen des Morgensterns, doch tiefe Linien in seinen Zügen verrieten deutlich, dass er wieder Schmerzen litt. »Wärst du eher bereit, mir zu glauben, wenn ich die Frage bejahen würde?« Er fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten. »Um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht, und es könnte mir kaum gleichgültiger sein. Es wird vielleicht noch einmal Jahrhunderte dauern, bis die Erde vollständig zerstört ist und Jehovah und ich mit ihr sterben. Für mich bedeutet das noch einmal Jahrhunderte in schlechter Gesellschaft und …« Er stöhnte, krümmte sich. »Vor allem spüre ich Jehovahs Wunde. Sie schmerzt mit jedem Schub Lebensenergie, der in ihr versickert. Ich würde einen schnellen Tod dem hier vorziehen.«
    »Ich glaube ihm.« Amandas Hand legte sich auf Juls Schulter, ganz leicht nur, als wäre sie bereit, sie jederzeit zurückzuziehen. Er konnte spüren, wie sie zitterte. »Ich meine, das alles hier ist verdammt wahnsinnig. Warum also nicht auch noch glauben, dass die Welt demnächst untergeht? Passt zu meinem beschissenen Glück …« Ihre Stimme brach, und sie holte tief und zitternd Luft. Schließlich fuhr sie leiser fort. »Außerdem hat der Seraph die Geschichte bestätigt, oder? Er hat auch vom Weltuntergang geredet.«
    Ganz langsam nickte Jul. Er schluckte trocken, räusperte sich. »Nehmen wir mal an, auch ich würde dir glauben, Morgenstern. Was müssten wir tun?«

20
    S ie würde also Gott töten müssen, um die Welt zu retten. Amanda bemühte sich, ein erneutes hysterisches Lachen herunterzuschlucken. Sie war sich nicht sicher, ob dieser Gedanke jemals ganz in ihren Kopf passen würde. Er schien zu groß dafür zu sein. Zu vollständig irrsinnig.
    Auf der Suche nach einem Anker in diesem Sturm wandten sich ihre Gedanken automatisch Roman zu. Wenn die Welt unterging, schwebte auch er in Gefahr, in noch größerer Gefahr als zuvor. Das ergab Sinn, oder? Was ebenfalls Sinn ergab, war die Tatsache, dass sie nicht zulassen konnte, dass ihm irgendetwas geschah. Unter keinen Umständen.
    Sie klammerte sich an den Gedanken. Dies war ihr Ziel. Sie durfte es nicht aus den Augen verlieren.
    Sie sah auf und begegnete Luzifers Blick. Instinktiv schlang sie die Arme fester um ihren Körper. Diese Art, wie er sie anschaute, als wäre sie irgendein Tier, das gerade ein interessantes Kunststück vollführt hatte. Ein nackter Affe. Vielleicht war es wirklich Eifersucht.
    Inzwischen machten ihr die ständig wechselnden Züge nicht mehr so viel aus. Sie achtete mehr auf den Ausdruck, nicht auf das Aussehen.
    »Bevor ich euch erkläre, wie ihr Jehovah töten könnt, sage mir, wer durch deine Augen blickt.«
    Amandas Hand fuhr zu den Tattoos an ihren Schläfen. Sie hatte sie ganz vergessen! »Du hast wohl nicht alles belauscht, worüber wir gesprochen haben. Ich habe eine Feder von Michael

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