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Aeternum

Aeternum

Titel: Aeternum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bottlinger
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Wasser.
    Für Erpressung und Intrigen hatte er sich außerdem aus freiem Willen entschieden. Er hätte nicht anbieten müssen, Amandas Bruder zu helfen. Doch er hatte die Verzweiflung in ihren Augen gesehen. Sie konnte, ohne die Miene zu verziehen, beschließen, den Herrn zu töten, aber wenn es um das Schicksal ihres Bruders ging, taten sich Abgründe hinter ihren grünen Augen auf. Selten war Jul einem Menschen begegnet, der gleichzeitig so entschlossen und so verletzlich war wie sie. Er hatte nicht anders gekonnt, als seine Hilfe anzubieten.
    Deshalb hatte er Karin angerufen, gleich nachdem sie wieder freien Himmel über den Köpfen gehabt hatten. Er hatte ihr die nötigsten Dinge erklärt. Seine Mitbewohnerin war ohnehin gerade in der Nähe. Sie würde kommen und helfen. Jul hatte Amanda sein Handy mitgegeben, damit sich die beiden Frauen absprechen konnten. Sie würden schon einen Weg finden, Amanda aus dem Krater zu holen. Wahrscheinlich hatte Karin bereits irgendeinen wahnsinnigen Plan.
    Jul blickte an der zerklüfteten Wand empor, die immer höher vor ihm aufragte. Zwischen abgerissenen Stromkabeln, Wasserrohren und Stücken von Beton hing noch immer die Strickleiter. Stand dort oben an der Kante nicht sogar jemand und blickte zu ihm herunter? Er kniff die Augen zusammen und blinzelte gegen das Licht. Ja, eine annähernd menschliche Gestalt beugte sich gefährlich weit über den Abgrund. Langsam machte Jul sich an den Aufstieg.
    Die Gestalt an der Kante trat ein paar Schritte zurück, und schließlich zog sich Jul auf den Asphalt der Kreuzung. Aus dem Augenwinkel sah er einen goldenen Schimmer. Er schaute auf und bemerkte nun erst, dass der Mantel fehlte, den sonst jeder Engel trug. Leuchtende Schwingen waren blasse Schemen im hellen Sonnenlicht. Und sein Gegenüber hielt das Schwert locker in der Hand, dessen Scheide leer an seinem Gürtel baumelte. Nur die modern geschnittene Kleidung, T-Shirt und Hose, schien nicht ganz zu dem Bild zu passen.
    Jul sah sich um. Sie waren allein. Selbst die Polizisten am Durchgang im Zaun fehlten. Unwillkürlich tastete er nach seiner Waffe, ließ die Hand dann jedoch wieder sinken. Zumindest theoretisch war dies einer von seinen Leuten.
    »Wo sind die anderen?« Der Engel kam Jul vage vertraut vor, wahrscheinlich, weil er ihn am Morgen bereits in Michaels Begleitung gesehen hatte. Nein, auch von früher. Ein Name kam ihm in den Sinn. Cadmiel.
    »Ich soll dich zu Michael bringen.« Cadmiel bedeutete ihm mit der freien Hand, ihm zu folgen. Als sie durch die Lücke im Gitterzaun traten, legte er seine Schwingen eng an den Körper, breitete sie dahinter jedoch sofort wieder halb aus, als erwarte er jederzeit einen Angriff. Unruhig sah Jul sich um. Wenn es noch einen Beweis gebraucht hätte, dass etwas nicht stimmte, dann wäre es dieser gewesen. Hinzu kam, dass die Karl-Marx-Allee wie ausgestorben dalag. Nur in der Ferne erklangen die Geräusche der Stadt. Polizeisirenen mischten sich in den allgegenwärtigen Motorenlärm. In Berlin konnte man Sirenen allerdings kaum als ungewöhnlich bezeichnen.
    »Was ist geschehen?«
    »Der Waffenstillstand ist gebrochen.« Cadmiel deutete mit seinem Schwert in den Himmel, und Jul legte den Kopf in den Nacken. Man hätte sie für Vögel halten können, so hoch flogen sie. Doch es waren Engel, und sie strebten mit großer Geschwindigkeit einem Ziel entgegen, das irgendwo in der Richtung des Brandenburger Tors lag. Jul schluckte. Welche Schlüsse hatte Michael aus dem gezogen, das er durch Amanda gehört und gesehen hatte?
    »Wieso …«
    Doch der andere Engel unterbrach ihn. »Michael wird dir alles erklären.« Er führte Jul ein Stück den Zaun entlang, vorbei an Reihen über Reihen langsam verwelkender Blumen. Der Geruch toter Blüten stieg Jul in die Nase, schien ihn ersticken zu wollen. Wenn Dämonen und Engel tatsächlich kämpften, würden danach an vielen Orten in der Stadt, ja auf der ganzen Welt, solche Sträuße liegen. Falls es am Ende überhaupt noch jemanden gab, der sie dorthin legen konnte. Was hatte Michael nur zu einem solchen Schritt bewogen?
    Sie gingen die Alexanderstraße hinunter, von der nur noch die rechte Spur geblieben war. Auch hier wirkte alles wie ausgestorben, nirgendwo war ein Mensch zu sehen. Die Häuser so dicht am Platz waren sicher evakuiert worden. Aber zumindest die Polizisten mussten doch irgendwo sein!
    Noch immer folgten sie dem Verlauf des Baustellenzauns. Fast schien es Jul, als wolle sein Führer

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