Aeternum
Feuers hinter sich her.
Der Knall hallte laut zwischen den Häusern wider. Amandas Augen weiteten sich. Ihre Hände fuhren zu dem Loch in ihrer Brust. Blut durchnässte ihre Bluse. Sie sackte in die Knie, während sich ihre Finger rot färbten.
Wo blieb die Magie? Juls Magen krampfte sich zusammen, als mehr und mehr Blut in den Stoff ihrer Bluse sickerte. Besaß sie nicht die Fähigkeit, sich selbst zu heilen? Besaß sie nicht Kräfte, die selbst einem Seraph gefährlich werden konnten? Hatte sie nicht schon einmal Gewehre geschmolzen, als ihr Leben in Gefahr gewesen war? Wieso geschah nun nichts dergleichen? Er hatte sie retten wollen!
Hastig machte Jul zwei Schritte vor, fort von Michael und Cadmiel. Karin hatte die Finger in die Stäbe des Baustellenzauns gehakt und die Augen geschlossen, ihre Lippen zitterten, fast als bete sie.
Jul zielte auf den Engel, der ihr am nächsten stand, schoss. Beinahe glaubte er den Einschlag der Kugel am eigenen Leib zu fühlen. Alles in ihm sträubte sich dagegen, seinesgleichen zu bekämpfen. Doch nun gab es kein Zurück mehr. »Karin!«
Ihre Lider flogen in die Höhe, gerade als ihr Bewacher ihr vor die Füße fiel. Gleißendes, flüssiges Licht sprudelte aus einer Wunde an seinem Hals. Er hatte die Hände darum verkrampft, und ein blaues Glühen strahlte bereits darunter hervor. Karin stieß einen spitzen Schrei aus, drückte sich noch dichter gegen den Zaun.
Der Lichtstrom verebbte, als die Wunde heilte. Doch ein gezielter Tritt gegen seinen Kopf ließ den Engel erschlaffen. »Wo steht dein Auto? Wir müssen Amanda von hier fortbringen. Schnell!«
Eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Der zweite Bewacher der beiden Frauen trat vor. Blaue Flammen flackerten um sein Schwert, Unglauben und Zorn über sein Gesicht. Jul legte auf ihn an. Hinter seinem Gegner kniete Amanda, stützte sich mit einer Hand auf dem Asphalt ab, die andere auf ihre Wunde gepresst. Immerhin lebte sie noch.
Ein mächtiger Schlag traf den Engel, ehe Jul abdrücken konnte. Er wurde zur Seite geschleudert, schlug hilflos mit den Flügeln. Glas klirrte, als er auf der anderen Straßenseite gegen eine Hauswand prallte. Amanda! Es funktionierte also doch!
Sofort fuhr Jul herum. Blaues Feuer, blass im hellen Sonnenschein. Er warf sich gerade noch rechtzeitig zur Seite, um Cadmiels Flammenschwert zu entgehen. Michaels Schlag jedoch kam zu schnell. Jul riss den linken Arm hoch, wich zurück. Schmerz biss in seinen Unterarm, gleichzeitig stießen seine Füße gegen etwas Weiches. Noch ein Schritt weiter, und er würde über den bewusstlosen Engel stolpern. Cadmiels Schwert beschrieb einen flammenden Bogen. Jul duckte sich, fühlte den Luftzug dicht über seinem Kopf. Er schoss, ohne zu zielen, und der Engel krümmte sich vor Schmerz. Blieb nur noch Michael.
Eine Bewegung warnte Jul zu spät. Er fuhr herum, sah Michael auf sich zuspringen, die Flügel ausgebreitet. Das Schwert sauste herab.
Etwas riss den Erzengel zurück. Eine unsichtbare Hand fegte ihn beiseite, er prallte gegen Cadmiel. Der Schwung trug beide Engel davon, es schepperte, als sie in den Bauzaun krachten. Wie zwei Blätter im Wind wurden sie weiter in die Höhe gerissen, über den Rand des Kraters hinweg.
Michaels Flügel peitschten die Luft, und kurz schwebte er, stemmte sich gegen die Kraft, die ihn fortstieß. Sein Schwert deutete auf Jul. »Du magst wie einer von uns aussehen, aber du bist ein Dämon!« Ruckartig knickten seine Flügel nach hinten, diese Gebilde aus Licht, gebrochen durch Magie. Er trudelte, fiel, und sein zorniger Schrei verstummte abrupt.
Mit klopfendem Herzen verharrte Jul. Doch er durfte keine Zeit verlieren, durfte nicht darüber nachdenken, was er soeben getan hatte, welche Folgen es haben würden. Dennoch hallten Michaels Worte in ihm nach, während er sich zu Karin umwandte. Seine Mitbewohnerin stand noch immer mit schreckgeweiteten Augen am Zaun. Er schob die Pistole zurück in das Halfter unter seine Jacke und streckte die Hand nach ihr aus. Sie zuckte zusammen, als er sie an der Schulter berührte.
»Schnell, wo ist dein Auto? Selbst wenn Michael da unten von einem Trümmerstück aufgespießt wurde, wird er daran nicht sterben. Wir müssen hier weg!«
Das schien Karin aus ihrer Erstarrung zu reißen. Sie deutete mit zitternder Hand an ihm vorbei.
»Gut, geh vor und lass den Motor an, ich komme gleich nach.«
Er wartete Karins Antwort nicht ab, eilte stattdessen weiter zu Amanda. Sie lag auf der Seite, ihr
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