Aetherhertz
seiner Mutter empfangen und machte sich auf einen Gefühlsausbruch gefasst. Sie beherrschte sich aber und strich ihm nur über den Arm. Er küsste sie auf die Wange. Es war seltsam, das hatte er das letzte Mal getan, als er noch kleiner als sie gewesen war. Jetzt musste er sich zu ihr herunter beugen.
„ Ich muss mit Vater sprechen“, sagte er leise. Seine Mutter nickte und zeigte auf die Tür zum Salon.
Er betrat ihn und fand seinen Vater rauchend vor. Dem Geruch nach zu urteilen war das nicht die erste Pfeife, und es sah auch nicht nach dem ersten Glas Cognac aus. Das Gesicht seines Vaters war gerötet und angespannt. Paul nahm auch ein Glas und schenkte sich ein, dann setzte er sich seinem Vater gegenüber. Sie schwiegen eine Weile.
„ Du machst deiner Mutter Sorgen“, sagte Peter Falkenberg schließlich vorwurfsvoll.
„ Das tut mir leid“, entgegnete Paul. Das war typisch sein Vater. Er würde nie zugeben, dass er sich auch Sorgen machte.
„ Ich möchte dich um etwas bitten, Papa.“
Peter Falkenberg hob eine Augenbraue. Er war überrascht.
„ Und das wäre?“
„ Ich möchte deine Dienste als Anwalt in Anspruch nehmen.“
Jetzt hoben sich beide Augenbrauen. Peter Falkenberg trank sein Glas aus, putzte sich dann seinen Schnurrbart und schenkte sich noch einmal ein.
„ In welcher Sache?“
„ Ich möchte alles über die Rechte von Verdorbenen erfahren. Und auch über die Rechte des Reichs, mit ihnen zu verfahren.“
„ Was hast du vor?“
Paul trank einen großen Schluck.
„ Nun, zunächst einmal möchte ich informiert sein, und dann möchte ich mich schützen.“
„ Wovor?“ Der Vater war nun sichtlich beunruhigt. Er hatte alle Manierismen fallen lassen und durchbohrte Paul förmlich mit seinem Blick.
„ Ich habe Fräulein Rosenherz einen Antrag gemacht.“
„ Du hast was?“ Paul Falkenbergs sonst so gerade Haltung sackte zusammen.
Paul ließ es wirken. Worte wären jetzt zu viel.
„ Wie kannst du ...“ Eine Zornesfalte erschien über der Nase des Anwalts.
Paul hielt dem Blick seines Vaters stand. „Es ist ganz allein meine Entscheidung.“
„ Ich verstehe dich nicht“, sagte Peter Falkenberg wütend.
„ Das weiß ich.“ Paul versuchte ruhig zu bleiben. Er wollte sich auf keinen Fall auf einen Streit einlassen.
Peter Falkenberg stand auf und ging im Salon herum. Er stocherte im Kamin, dann sah er zum Fenster heraus. Paul stand auch auf und stellte sich neben ihn. Sie sahen ihre Spiegelbilder im Fenster. Vater und Sohn nebeneinander und doch ganz weit entfernt.
„ Ist es denn so wichtig, dass du mich verstehst?“, fragte Paul. “Kannst du es nicht einfach mir zuliebe tun?”
„ Du weißt, was ich mir von dir gewünscht habe”, begann Peter Falkenberg bitter. “Aber nein, du musstest Kunstgeschichte studieren, und deine Mutter hat so für dich gebettelt, ich konnte es ihr nicht abschlagen. Aber was du jetzt machst – denkst du denn nicht an deine Familie?“
Paul rieb sich die Stirn: „Vater, ich will meine eigene Familie.“
„ Aber unser Ruf ...“
„ Hast du nicht die Nase voll, immer vor den hochnäsigen Großbürgern zu buckeln? Denk nach Vater: Wenn du dich zum Anwalt von Annabelle machst, kannst du ein gutes Auskommen haben, ohne deren Lieder singen zu müssen”, sagte Paul leidenschaftlich.
Peter Falkenberg schüttelte den Kopf: „Ich kann nicht für Verdorbene arbeiten.“
„ Du sollst für mich und Annabelle arbeiten.“
„ Der Sohn sollte für den Vater arbeiten, und nicht umgekehrt“, sagte Peter Falkenberg störrisch.
„ Haben wir denn eine Alternative?“, fragte Paul nach einer Pause.
„ Wie meinst du das?“
Paul wollte das nicht sagen, aber er musste: „Nun, wenn du nicht zustimmst, dann müsste ich mir einen anderen Anwalt suchen, der Annabelles Vermögen für uns verwaltet, nach der Hochzeit.“
Peter Falkenberg sah seinen Sohn entsetzt an. Der schüttelte den Kopf: „Ich könnte nicht zulassen, dass man ihr ihr Erbe wegnimmt.”
„ Paul, das ist vielleicht nicht an uns zu entscheiden! Wenn Fräulein Rosenherz wirklich eine gefährliche Verdorbene ist, dann wäre es unverantwortlich ...“
Paul wurde laut: „Hörst du dich eigentlich selbst reden? Annabelle ist eine entzückende junge Frau und kein Monster!”
„ Du siehst, was du sehen willst. Wie ich schon sagte, Paul: Das ist nicht an uns zu entscheiden.“ Peter Falkenberg schob die Sache mit den Händen von sich weg.
Paul atmete tief durch und sagte dann
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