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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Majestät ist für niemanden zu sprechen.«
    Also weilte Sophie noch in der Hofburg. Katya atmete erleichtert aus. »Bitte, Gregor, fragen Sie um Erlaubnis. Es ist wirklich von größter Wichtigkeit.«
    Der Schreiber nickte knapp und wandte sich um. »Warten Sie im Gelben Salon«, rief er und wieselte mit schnellen, kurzen Schritten davon.
    Es war ein Glück, dass Katya nicht den offiziellen Weg zu einer Audienz beschreiten musste, der einen langen Papierkrieg und das oft vergebliche Warten in einem der schrecklichen Vorzimmer beinhaltete. Sie besaß das »Ohr der Kaiserin« – so nannte Sophie den muschelförmig geschliffenen Achat, den nur wenige Menschen im Kaiserreich ihr Eigen nennen durften, und der den Zutritt zu Bereichen der Hofburg ermöglichte, die gewöhnlichen Sterblichen gemeinhin verschlossen blieben. Katya drehte den kleinen Handschmeichler gedankenverloren zwischen den Fingern. Sophie hatte ihr den Stein an dem Tag geschenkt, als die Hochzeit der jungen Gräfin Rothenau mit dem soeben zum Witwer gewordenen Kronprinzen Ferdinand beschlossen worden war. Zwei Jahre später war Ferdinand seinem Vater auf den Thron gefolgt und Katyas Jugendgespielin Sophie wurde zur Kaiserin von Österreich und Ungarn gekrönt.
    Katya und sie sahen sich erst Jahre später bei einer Aufführung von Händels »Julius Caesar« wieder, die anlässlich eines Staatsbesuches des Großmoguls in der Hofoper gegeben wurde. Kaiserin Sophie hatte dem Ensemble nach der Aufführung eine Audienz gewährt und dem Star der Aufführung, Katalin, für ein paar kostbare Minuten eine unbelauschte Zweisamkeit geschenkt, in der die beiden Freundinnen sich weinend und wortlos in den Armen gelegen hatten. Danach war Katya häufig in die Hofburg gebeten worden. Aus dieser Zeit stammte die Idee für Katyas ungewöhnlichen und gefährlichen Einsatz als persönliche Geheimagentin der Kaiserin, der sie an den Osmanischen Hof und ins Herz des Zarenreiches geführt und schließlich ihre Ehe gekostet hatte.
    Katya schob den Gedanken an das inzwischen fast erwachsene Mädchen, das ihre Tochter war, unwillig beiseite. Es hatte keinen Zweck, jetzt und hier in Trübsinn zu verfallen. Sie hatte ihr Leben ganz und gar nach ihren eigenen Regeln eingerichtet und dazu gehörte die Entscheidung, ihre Familie nicht in Gefahr zu bringen. Simon hatte während ihrer kurzen Ehe keinerlei Verständnis dafür gezeigt, dass sich seine Gattin, statt Gesellschaften zu geben und sich mit ihren Freundinnen zum Stadtbummel zu verabreden, im Pistolenschießen übte und geheime Botschaften dechiffrierte, die sie zuvor unter Lebensgefahr aus einem fremden Arbeitszimmer entwendet hatte. Er war ein loyaler und treuer Ehemann, der niemals eine Auflösung seiner Ehe in Erwägung gezogen hätte, aber als Katya ihm die Trennung vorschlug, war er mit sichtbarer Erleichterung darauf eingegangen.
    Katya setzte sich auf einen der zierlichen Stühle und tastete nach ihrem Zigarettenetui. Wenn sie hier rauchte, würde irgendjemand in Livree hereinstürmen und sie höflich, aber äußerst bestimmt darum bitten, die Zigarette zu löschen, alle Fenster aufreißen und sie im Zug sitzen lassen. Das war ihr schon mehrmals passiert. Sie verspürte keinerlei Ehrgeiz, das heute erneut durchzuexerzieren.
    Aber sie musste nicht lange leiden, denn kurz darauf kam der Sekretär Felsenstein zurück und sagte atemlos: »Folgen Sie mir bitte.«
    Katya erwartete, dass er sie zum kleinen Audienzsaal führen würde, denn dort pflegte Sophie sie ganz der Etikette entsprechend zu empfangen, bevor sie sich in die privaten Gemächer Ihrer Majestät zurückzogen. Sophie hatte dazu einmal bemerkt, und das war die einzige Bemerkung, die sie jemals über diesen Vorgang fallen gelassen hatte: » ER sieht es nicht gerne. Aber so kann er mir nichts vorwerfen.«
    Wer »er« war, brauchte Katalin nicht zu fragen. Das Verhältnis des Kaisers zu seiner deutlich jüngeren Gemahlin war distanziert und eher kühl.
    Heute schien sich Sophie aber über die Wünsche und Vorstellungen ihres Gatten hinwegsetzen zu wollen – Felsenstein steuerte geradewegs die privaten Gemächer der Kaiserin an.
    Er klopfte leise an die Tür, hinter der für gewöhnlich eine der Kammerfrauen als Wachhund postiert war. Katya glaubte, sie alle zu kennen, aber die streng dreinblickende Hofdame in mitternachtsblauer Seide, die ihnen öffnete, war ihr fremd.
    »Major Nagy wird von ihrer Kaiserlichen Majestät erwartet, Gräfin Goldenstern«, sagte

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