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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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und dass außer ihr und ihm niemand hier im Ordensbau wusste, dass Pater Josip noch lebte. Sie nickte kurz und bekräftigend und ergriff Anselms Hand. »Ich soll dir Grüße ausrichten«, sagte sie leise.
    Er erwiderte den Druck ihrer Finger. »Danke«, sagte er ebenso leise. »Ich bin froh, dass er sich dir offenbart hat. Dieses Geheimnis allein zu tragen war eine Bürde.« Er wies mit einer einladenden Geste auf die Öffnung, hinter der ein Gewirr an Gängen und kleineren Räumen das Mutterhaus des Zeitlosen Ordens bildete.
    Katya folgte dem Pater schweigend. Nur wenige Fackeln und Öllampen erhellten die düsteren Gänge. Natürlich gab es hier im Ordenshaus keine gefangenen Elementare, die für Wärme, Licht und andere Formen der Energie sorgen konnten. Katya selbst gehörte nicht zu den Sensitiven (und sie war insgeheim froh darüber), aber viele der Ordensmitglieder konnten mit den Elementarwesen sprechen, sie sehen, ihr Leid mitfühlen. Ein Sensitiver zu sein war für die meisten der Ordensbrüder (und die kleine Handvoll Schwestern) einer der Hauptgründe gewesen, sich den Zeitlosen anzuschließen.
    »Worüber denkst du nach?«, unterbrach Anselm ihre Gedanken und wies auf den Eingang zu einer Kammer, in der ein Kaminfeuer für angenehme Wärme sorgte.
    Katya ließ sich mit einem kaum unterdrückten Stöhnen auf den angebotenen Stuhl fallen und knöpfte ihren Mantel auf. »Ich habe drei Tage so gut wie keinen Schlaf bekommen«, erklärte sie auf seine fragende Miene hin. »Das Kriegsministerium lässt uns nicht zur Ruhe kommen. Wir müssen Zimmer räumen, die Akten sämtlicher Vorgänge der letzten 24 Monate werden überprüft, viele Mitarbeiter sind bereits aus dem Dienst entlassen worden, aber unsere Arbeit läuft weiter – und ich weiß, dass am Ende dieses Tunnels kein Licht auf mich wartet. Unehrenhafte Entlassung, wenn ich Pech habe, eine Inhaftierung … Anselm, ich bin verzweifelt. Das Manöver mit Jewgenij Sorokin ist zwar nirgendwo aktenkundig, aber ich habe Angst, dass das Ministerium es dennoch herausfindet. Einer meiner engsten Mitarbeiter wechselt in den Stab von Windesbergs.«
    Der Pater hatte ihr ruhig gelauscht, das Kinn auf die gefalteten Hände gestützt. Er nickte und seufzte. »Du kannst jederzeit hier bei uns Asyl finden«, sagte er.
    Katya legte kurz und dankbar ihre Hand auf seinen Arm. »Das hat mir auch unser Freund schon angeboten. Ich danke euch. Aber noch bin ich auf freiem Fuß und muss mich um so vieles kümmern.« Sie lehnte sich zurück und rieb sich erschöpft über die Augen. »Ich muss jemanden bei euch unterbringen. Der Mann ist schwer krank und braucht Pflege. Kannst du einen deiner Brüder abstellen, der für ihn sorgt? Ich erinnere mich, dass ein Arzt …«
    »Bruder Cornelius«, unterbrach Anselm sie. »Er befindet sich zurzeit wieder hier im Mutterhaus. Ich werde ihn bitten, sich um deinen Patienten zu kümmern.« Er sah sie sorgenvoll an. »Er wird gesucht?«
    Katya kaute auf ihrem Zeigefingerknöchel herum. »Möglicherweise«, sagte sie geistesabwesend. »Aber man wird hier bei euch nicht nach ihm fahnden. Ich denke, dass das Interesse an seinem Verbleib sich schnell legen wird.« Sie unterdrückte ein Gähnen, das sich mit Macht den Weg bahnen wollte. »Ich habe hier einige Berichte, die sich mit den Machenschaften der Akademie beschäftigen. Unser Freund hat sie dem Professor zugespielt. Horatius meint, ihr solltet sie euch auch ansehen – du hast doch einige Ætherphysiker unter deinen Leuten, oder?«
    Anselm nahm das Konvolut in Empfang, blätterte es flüchtig durch und nickte. »Ich bin einer davon«, sagte er mit einem halben Lächeln. »Ich hatte einen Lehrstuhl an der Prager Universität inne.«
    Katya lachte kurz auf und zog ihre Zigaretten aus der Manteltasche. »Darf ich?«
    Pater Anselm, der sich in die Lektüre vertieft hatte, brummte wortlos eine Zustimmung. Katya rauchte, blickte mit halb geschlossenen Lidern dem Rauch hinterher, wie er zur Decke des Gewölbes zog, und sank in eine Art Dämmerschlaf. Sie rekapitulierte das Verhör, dem sie hinter dem Trickspiegel beigewohnt hatte – leider nicht alleine und ungestört, sondern mit einem Beobachter des Ministeriums an ihrer Seite. Die junge Baronesse hatte trotz ihrer Angst, ihrer Verstörtheit und Bedrängnis so viel Stärke, Mut und Trotz gezeigt, dass es Katya alle Beherrschung gekostet hatte, nicht in das Verhörzimmer zu stürzen, Pejić hinauszuschicken und das Mädchen in ihre Arme zu

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