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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sie neben ihr im Landauer ihres Vaters gesessen, wenn sie zu einer Landpartie ausgefahren waren.
    Katya rief sich zur Ordnung. Natürlich war dies nicht die wunderbar um Jahrzehnte verjüngte Kaiserin. Sie neigte den Kopf. »Kaiserliche Hoheit.«
    Das Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie wütend an. »Was fällt Ihnen ein?«, herrschte sie Katya an. »Wie können Sie sich erdreisten …« Sie suchte nach Worten und fand sie nicht, stieß einen erbosten Laut aus und trat voller Erbitterung gegen den Paravent. »Wie können Sie einfach herkommen und die Wand beiseiteschieben! Wofür halten Sie sich?«, herrschte sie Katalin an.
    Katya, die ergeben abwartete, dass die Prinzessin sich beruhigte, sah nach einer Weile, in der der Sturm sich langsam verzog, die nüchterne Erkenntnis in Marie-Louises Gesicht aufdämmern, gefolgt von unübersehbarer Erheiterung. Auch das Lächeln der Prinzessin glich dem ihrer Mutter. Katya erwiderte es unwillkürlich, obwohl sie immer noch auf der Hut war. Die Prinzessin war bekannt für ihr unberechenbares Temperament, ihren Dickkopf und ihre Launen.
    »Sie haben meine Mutter bei ihrem Rufnamen genannt«, sagte Marie-Louise. »Sie und meine Mutter … ich habe nicht geahnt, dass Ihr Verhältnis dermaßen intim ist. Deshalb konnte ich Sie auch nicht täuschen!«
    Katya nickte nur vorsichtig. Marie-Louise lachte auf und reichte ihr die Hand. »Setzen wir uns etwas bequemer hin.« Sie deutete auf ein Ensemble aus kleinen Sesseln, das vor dem Kamin stand.
    Katalin nahm erneut Platz und zog gedankenlos ihr Zigarettenetui hervor. Sie öffnete es, besann sich und klappte es mit einer gemurmelten Entschuldigung wieder zu.
    Marie-Louise kniff die Augen zusammen. Sie wandte den Kopf, als wollte sie sich vergewissern, dass niemand zuhörte, beugte sich vor und hauchte: »Darf ich um eine Ihrer Zigaretten bitten?«
    »Kind, das …« Katalin verschluckte hastig, was sie hatte sagen wollen, und tarnte den Ausruf als ein unterdrücktes Husten. Sie hielt der Prinzessin das Etui hin und beugte sich dann vor, um ihr Feuer zu geben.
    Marie-Louise paffte ein paar Züge (es war deutlich zu sehen, dass sie über keine große Erfahrung verfügte, was das betraf), hüstelte und seufzte zufrieden. »Meine allergnädigste Frau Mutter sähe dies gar nicht gerne«, erläuterte sie.
    »Das denke ich auch«, erwiderte Katalin. »Kaiserliche Hoheit …«
    »Mizzi«, unterbrach Marie-Louise sie. Ein Ausdruck von Trotz war in Stimme, Haltung und Mimik zu erkennen. »Wenn Sie meine Mutter ›Sophie‹ nennen dürfen, dann denke ich, es ist angenehmer, wenn wir für den Augenblick alle Standesunterschiede einmal vergessen. Major …«
    »Katya«, erwiderte Katalin sanft und mit dem Gefühl, sich auf sehr, sehr glattem Parkett zu bewegen. Das Mädchen war temperamentvoll, unberechenbar und die Tochter des Kaisers. Ein falscher Schritt und sie stand früher als erwartet Auge in Auge mit ihrem Erschießungskommando.
    Marie-Louise, die sich immer noch voller Andacht und Konzentration ihrer Zigarette widmete – unterbrochen von gelegentlichen Hüstelattacken – warf ihr einen auffordernden Blick zu. »Erzählen Sie mir von sich, Katya.«
    Katalin betrachtete nachdenklich ihren Daumennagel. »Darf ich fragen, ob Ihre Frau Mutter weiß, dass Sie mich hier in ihrem Namen empfangen?«
    Das Gesicht der Prinzessin verdüsterte sich. Sie sah sich suchend um und drückte die Zigarette dann energisch in einer Silberschale aus, die sicherlich sonst einem anderen Zweck diente. »Meine Mutter weilt laut offiziellem Bulletin derzeit in den Bergen, um meinen Bruder bei seinem Sanatoriumsaufenthalt zu begleiten.«
    Katalin vernahm den geradezu flehenden Unterton. »Und inoffiziell?«, fragte sie.
    Das Gesicht des Mädchens verzerrte sich, dann hatte sich die Prinzessin wieder unter Kontrolle. »Etwas geht vor sich«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was es ist.«
    Katya nickte ihr aufmunternd zu, sagte aber nichts. Mizzi klammerte ihre Finger ineinander und fuhr fort: »Meine Mutter hat am Tag nach dem Maskenball die Hofburg verlassen. Sie hält sich weder in Schönbrunn noch in einer der anderen Residenzen auf. Die Geschichte mit dem Sanatoriumsaufenthalt ist erfunden, mein Bruder befindet sich zurzeit in einem privaten Sanatorium hier in Wien in Behandlung. Incognito.« Die Prinzessin hörte auf, ihre Hände zu kneten und verschränkte die Arme vor der Brust, als fröstelte sie trotz der stickigen Wärme, die in diesem

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