Aethermagie
Gemach herrschte.
»Ihre Mutter ist also verschwunden«, sagte Katalin langsam, obwohl ihre Gedanken zu rasen begonnen hatten.
Mizzi nickte. »Ich glaube natürlich, dass mein Vater über ihren Aufenthaltsort informiert ist. Aber er will mit mir darüber nicht sprechen. Er hat mir verboten, Fragen zu stellen oder nachzuforschen.«
»Was hat das zu bedeuten?« Katalin rieb sich über die Augen, dann öffnete sie das Zigarettenetui, fragte mit einem Blick um Erlaubnis, reichte auch der Prinzessin das Etui und gab ihr und sich Feuer. Sie erklärte Marie-Louise kurzentschlossen und in knappen Worten, in welcher Funktion sie der Kaiserin zu Diensten stand.
Die Prinzessin lauschte mit weit geöffneten Augen. »Danke«, sagte sie, als Katya geendet hatte. »Danke, dass Sie mir vertrauen. Da meine Mutter verschwunden ist, habe ich derzeit niemanden, dem ich mich anvertrauen kann. Darf ich … wäre es wohl möglich, dass ich für den Augenblick den Platz einnehme, der sonst meiner Mutter gebührt?«
»Ich fühle mich geehrt«, erwiderte Katalin.
Eine Weile schwiegen beide, rauchten – hüstelten – dachten nach. Dann sagte Katya: »Was wissen Sie über den Vorgang, mit dem die Vierte Abteilung dem Kriegsministerium unterstellt wurde?«
Marie-Louise zog heftig an ihrer Zigarette und stieß den Rauch wütend aus. »Das geht allein auf das Betreiben von Windesbergs zurück. Ich habe eine Unterredung – hm – zufällig mithören können, in der er sich bitter darüber beklagte, dass das Sicherheitsbureau in diesen Kriegszeiten als zivile Dienststelle geführt wird und dass er dringend empfehle, die Vierte Abteilung in den militärischen Sicherheitsdienst einzugliedern, um so die Observierung der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.«
Katya nickte grimmig. Dem Reichskriegsministerium war die Existenz einer unabhängigen Geheimpolizei schon lange ein Dorn im Auge. Aber warum hatte der Kaiser jetzt auf einmal eingewilligt, die Vierte Abteilung aus seiner eigenen Zuständigkeit zu entlassen? Sie fragte Mizzi danach.
Die Prinzessin hob unangenehm berührt die Schultern. »Die Krankheit meines Bruders«, sagte sie. »Dazu die Bestrebungen, diesen Krieg endlich zu einem Ende zu bringen – koste es, was es wolle. Soviel ich weiß, arbeitet die Akademie an der Entwicklung einer Geheimwaffe, die kurz vor ihrer Vollendung steht. Aber vor allem ist es wohl der Gesundheitszustand des Kronprinzen, der meinen Vater so sehr unter Druck setzt. Das Kabinett will, dass er Franz Leopold entmündigen lässt und einen anderen Thronfolger an seiner Stelle ernennt.« Sie biss sich so fest auf die Lippe, dass ihre Zahnabdrücke weiß von der Haut abstachen.
Katya betrachtete den Rest ihrer Zigarette und drückte den Stummel ebenfalls in der Silberschale aus. »Sie, Eure kaiserliche Hoheit?«
»Mich«, bestätigte Mizzi mit flacher Stimme. »Aber das Kabinett ist wenig begeistert von der Vorstellung, einer Frau die Kaiserkrone auf den Kopf zu setzen. Mein Herr Vater auch nicht. Nun hat er keine anderen Nachkommen gezeugt, jedenfalls keine, die er offiziell anerkannt hätte.« Sie stieß mehrmals mit dem Fuß gegen das Stuhlbein. »Ich soll nun so schnell wie möglich verheiratet werden. Mit dem toskanischen Erbgroßherzog Guillermo.«
Katya nickte nachdenklich. »Ihre Majestät hat sich gegen die Heiratspläne ausgesprochen?«
Die Prinzessin hob verblüfft den Kopf. »Ja. Woher wissen Sie das?«
»Ich kenne Sophie schon lange genug.« Die Kaiserin hielt nichts von dynastischen Erwägungen, was die Hochzeit ihrer einzigen Tochter anging, obwohl sie wusste, dass es früher oder später auch für die Prinzessin auf eine solche Ehe hinauslaufen würde.
»Bella gerant alii, tu felix Austria nube«, flüsterte Marie-Louise. Kriege mögen andere führen, Du, glückliches Österreich, heirate!
»Nur, dass wir auch Krieg führen, und das schon seit Jahren.« Katya sah die Prinzessin an. »Hat man nicht darüber nachgedacht, Sie mit einem Anführer der Leukoi zu verheiraten?« Es sollte ein Scherz sein, aber Marie-Louise schauderte.
»Doch, natürlich. Aber das hat sich glücklicherweise als undurchführbar erwiesen. Die Engel waren an diesem Vorschlag nicht interessiert. Sie wollen weiter Krieg führen.«
»Sie wünschen sich den Frieden nicht weniger als wir Menschen«, wandte Katya leise ein.
Die Prinzessin lachte auf. »Mit dieser Meinung dürften Sie hier in der Hofburg ziemlich alleine dastehen, Major.« Sie rieb sich ruhelos über
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