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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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lachte, und Grünwald lachte mit ihm.
    »Ja, Gottes Sohn.« Er wurde ernst. »Ich halte ihn für gefährlicher als Charcot selbst. Der Professor ist ein Fanatiker, ein Wissenschaftler, der nichts über seine Forschung stellt, und der wenig von dem sieht, was über sein Fachgebiet hinaus um ihn herum vor sich geht. Rados ist ein kühl kalkulierender Politiker, ihm geht es um Macht und Einfluss. Die Versuche im Auftrag des Kriegsministeriums waren seine Idee.«
    Katya nickte langsam. »Es fließt sicherlich eine stattliche Summe Geldes in die Kassen der Anstalt. Wer verwaltet die Finanzen?«
    Grünwald lächelte nur. Katya nickte grimmig. Sie blickte auf Shenjas Hand, die immer noch ihre Finger umklammert hielt, und seufzte. »Ich werde in der nächsten Zeit darum kämpfen müssen, nicht selbst in die Maschinerie des Kriegsministeriums zu geraten«, sagte sie. »Möglicherweise muss ich den Orden um Schutz ersuchen.«
    Grünwald hob die Hand und zeichnete die Lemniskate über ihrem Kopf in die Luft. Katya glaubte, ein schwaches violettes Schimmern zu erkennen. »Danke«, sagte sie. »Ich darf mich also in deinem Namen an den Superior wenden?«
    »Anselm ist mein Schatten«, erwiderte Grünwald. Ein kurzer Schmerz schimmerte in seinem Blick, verschwand wieder. »Aber sei vorsichtig. Wir wissen nicht, wer uns verrät, aber wir wissen, dass ein Verräter in unseren Reihen ist. Es kann jeder von ihnen sein.«
    Er sah Tiez an, der wie immer still in seinem Sessel saß, Tee trank und schwieg. »Meister Horatius?«
    Tiez wiegte den Kopf. »Ich kann dir nicht helfen, mein Junge. Aber ich vertraue darauf, dass du und Katya die Schlange im Nest entlarvt.« Sein Blick wanderte zu Jewgenij, der mit angestrengter, trauriger Miene neben Katya saß. »Wache über ihn, Josip Grünwald. Er hat eine Aufgabe, aber seine Zeit ist noch nicht gekommen.«
    Grünwald und der Professor blieben an der Tür noch einen Moment stehen und unterhielten sich in gedämpftem Ton. Katya nutzte den Moment, um Jewgenij zu umarmen. »Ich lasse dich nicht gerne zurückgehen«, flüsterte sie. »Was geschieht, wenn du dich weigerst? Er kann dich kaum zwingen.« Sie lachte. »Du bist inzwischen stärker als zwei Männer, oder?«
    Jewgenij erwiderte ihre Umarmung und legte für einen Moment seinen Kopf auf ihre Schulter, wofür er sich tief herabbeugen musste. »Ich könnte ihn mit einem Fausthieb töten«, hauchte er. »Oder ihm das Genick brechen wie einen dürren Zweig. Ich habe Angst vor meiner eigenen Kraft, Katya. Und vor dem Zorn, der hier drinnen brennt.« Er berührte sein Herz und sah sie an.
    Katya nahm sein Gesicht zwischen die Hände und küsste ihn auf den Mund. »Ein Wort von dir und ich hole dich mit Gewalt dort raus«, sagte sie so leise, dass nur Jewgenij sie hören konnte. »Es ist mir egal, ob ich dabei sterbe. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass du immer noch diese grausamen Versuche über dich ergehen lassen musst.«
    »Josip Grünwald ist der Einzige, der zwischen mir und meinem Zorn steht«, flüsterte er. »Ich wage es nicht, ihn zu verlassen.« Er ließ sie los und sah den Pater an. »Wir müssen gehen«, sagte er.
    »Komm, mein Junge«, sagte Tiez und nahm Jewgenij beim Ellbogen. »Gehen wir vor. Ich möchte dich ein paar Dinge fragen.«
    Katya sah Grünwald an, der mit gesenktem Blick in der offenen Tür in seinen Mantel schlüpfte. »Er will bei dir bleiben«, sagte sie.
    Josip sah auf. Nickte. »Es ist besser so«, erwiderte er. »Ich passe auf ihn auf, Katya. Er vertraut mir.«
    Sie verschränkte die Arme und biss die Zähne zusammen. Es schmerzte. »Du benutzt ihn, Josip.«
    Er schlug die Augen nicht nieder. Grau und grün waren sie, glichen bemoosten Steinen, und erschienen ebenso hart und unnachgiebig. »Das Schicksal eines einzelnen Menschen wiegt weniger als das der gesamten Welt«, erwiderte er sanft. »Du weißt es, willst es nur nicht wahrhaben.«
    Sie wandte sich jäh ab. »Ich teile deine Meinung nicht, Pater Guardianus.«
    »Das ist bedauerlich.« Er schloss leise die Tür hinter sich.

6
Der Maskenball
    Kato hockte zwischen den gepackten Koffern und Reisekisten in der unteren Diele und stützte trübsinnig das Kinn in die Hand. Die Zeit bis zu ihrer Abreise war wie im Flug vorbeigezogen. Wie gerne wäre sie noch einmal bei Meister Tiez vorbeigegangen, denn die Fragen, die sie an ihn hatte, waren nicht weniger geworden, auch wenn Calander sich alle Mühe gab, ihren Wissensdurst zu stillen. Aber das Teufelchen war ganz

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