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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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ausgebrannt und wird weggeschlossen bis er stirbt – aber unser Proband 329 verfügt über eine offensichtlich unerschöpfliche Reserve an Kraft und Willensstärke.« Er verzog das Gesicht zu einem freudlosen Lächeln. »Es ist ein Wunder, es ist ein Glück – aber gleichzeitig bedeutet das auch, dass Jewgenij festsitzt, solange er nützlich ist. Rados hat jetzt eine zusätzliche Versuchsreihe mit ihm angeordnet, um herauszufinden, was seine Langlebigkeit verursacht und wie man das auf andere Probanden übertragen kann.«
    Katya sah Jewgenij an, der mit steinerner Miene neben ihr saß und auf seine Teetasse starrte. Sie konnte nicht erkennen, ob er verstand, worüber Grünwald mit so unbarmherziger Nüchternheit sprach. »Wieso hast du ihn mitbringen können?«, fragte sie.
    »Ich als sein Wärter bin für sein Wohlergehen zuständig. Charcot hat sich meiner Meinung angeschlossen, dass es ihm guttun würde, etwas von der Außenwelt zu sehen. Wenn es möglich ist, wird er in den nächsten Tagen kleinere Aufgaben in der Einrichtung übernehmen. Beschäftigung stärkt den Geist.« Grünwald hob in einer resignierten Geste die Schultern. »Es tut mir leid, Katya. Mehr kann ich zurzeit nicht für ihn tun.«
    »Er ist gut zu mir«, sagte Jewgenij unvermittelt. »Ohne ihn würde ich es nicht schaffen.« Seine Hand drückte Katyas Schulter so fest, dass sie den Atem anhielt. Sie spürte, wie ihr Knochen nachgab. Jewgenij war so stark, dass er ihr mit einem beiläufigen Ruck den Arm brechen konnte.
    »Du tust mir weh«, sagte sie leise und berührte sacht seine Hand. »Lass los, Shenja.«
    Er fuhr zurück, als hätte sie ihn geschlagen. »Es … es tut mir leid«, stammelte er. »Ich wollte dir nicht wehtun. Das ist nicht mehr mein Körper, ich kenne mich nicht …« Ein Jammerlaut drang über seine Lippen und er wiegte sich wie ein Kind in seinem Kummer vor und zurück, während Tränen über sein Gesicht liefen.
    »Es ist nichts passiert«, versuchte Katya ihn zu beruhigen, aber er schien untröstlich.
    »Ruhig, 329«, sagte Grünwald mit einer gewissen Schärfe. »Ganz ruhig, mein Junge. Trink deinen Tee.«
    Jewgenijs verzerrtes Gesicht glättete sich. Er griff gehorsam nach seiner Tasse und setzte sie an die Lippen. Katya beobachtete es mit Grauen. Sie warf Grünwald einen hilfesuchenden Blick zu.
    »Heute ist ein recht guter Tag«, sagte der Pater Guardianus sanft. »Er hat viele gute Tage in letzter Zeit und an manchen ist er beinahe vollkommen klar. Seine Erinnerung hat gelitten, vieles ist daraus verschwunden, und ich weiß nicht, ob es je wiederkommt. Aber deinen Namen trägt er immer bei sich, Katya. Er fragt immer nach dir. Ich wollte, dass er dich trifft. Es wird ihm helfen, die nächste Zeit zu überstehen.«
    »Katya«, sagte der Riese, der Jewgenij war und auch wieder nicht.
    Katya nahm seine Hand und drückte sie fest. »Ich bin hier, Shenja.« Sie sah das Lächeln auf seinem Gesicht, das so ganz und gar sein altes Lächeln war, und schluckte schwer.
    »Welcher Art sind die Veränderungen, die vorgenommen wurden? Was sind das für Versuche?«, fragte sie Grünwald. Sie musste jetzt alles Persönliche beiseiteschieben. Dies war ein Fall, an dem sie zu arbeiten hatte.
    »Wir haben heute nicht die Zeit, uns damit zu beschäftigen«, wehrte der Pater ab. »Ich habe nur eine zeitlich begrenzte Ausgangsgenehmigung, man erwartet uns bald zurück. Aber ich habe einiges Material über das hinaus zusammengestellt, was ich Meister Horatius beim letzten Mal zu lesen gegeben habe.« Er legte wiederum einen Stapel Papier auf den Tisch. »Hierin steht alles, was ich über die Versuche mit den Sensitiven weiß. Den Patienten aus Abteilung X«, fügte er hinzu, als er Katyas alarmierten Blick sah. »Es geht offensichtlich darum, Elementarwesen in größerem Umfang als bisher zu sammeln und sie unter den Befehl des Ministeriums zu zwingen.« Er schüttelte den Kopf, um Katyas Fragen zu unterbrechen und klopfte auf den Papierstapel. »Wenn ich dir etwas raten darf: Kümmere dich um Dr. Zsigmond Rados. Er führt neben seiner Arbeit im Brünnlfeld noch ein privates Nervensanatorium in Ottakring …«
    »Ich kenne seinen Namen«, unterbrach Katya ihn. »Er behandelt Simon von Mayenburg. Was willst du über ihn wissen?«
    Grünwald strich nachdenklich mit den Fingern über seine Wange. »Sein Einfluss ist groß. Er ist Charcots Meisterschüler, sein Liebling, seine rechte Hand.«
    »Gottes Sohn«, sagte Shenja unvermutet. Er

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