Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
geschafft, Sie sind ein Mann und ein Mensch geblieben, der das Beste von beiden Welten in sich vereint. Ohne Sie wären wir nie so weit gekommen. Ich habe allergrößten Respekt vor Ihnen.” Friedrich atmete ein und Hartwigs Lefzen senkten sich und seine Ohren lösten sich eine Spur.
„Aber ich verlange den gleichen Respekt von Ihnen für meine Entscheidung”, sagte Friedrich leiser, als wäre er allein mit dem Mannwolf. „Sie werden akzeptieren, was ich bin, so wie wir alle Sie akzeptieren. Und wir werden unseren Dienst weiter tun, egal, was geschieht.”
Hartwigs Augen blickten unverwandt zu Friedrich, sein Nackenfell legte sich und er entspannte seine Haltung. Dann öffnete er sein Maul und hechelte ein paarmal.
„Ich bedauere es auch, dass Sie so viele Männer verloren haben”, sagte Friedrich zuletzt. „Sie haben tapfer gekämpft.” Er streckte seine Hand aus.
Die goldene Metallhand und die behaarte Krallenhand griffen sich und es schien, als ob beide Männer aus dieser Berührung Kraft schöpften.
Annabelle schluckte und war sich bewusst, dass sie hier etwas Einmaliges sah, etwas, was es so noch nie gegeben hatte. Wieder einmal hatte sich die Welt unwiederbringlich verändert. Und es waren die wahrhaft großen Männer, die dazu beitrugen, dass sie sich zu etwas Besserem entwickeln konnte.
* * *
Eine Explosion erschütterte das Haus. Annabelle sah verwirrt zu Paul. Sie fühlte sich wieder einmal eingesperrt in diesem Haus, wo man nicht durch die Fenster blicken konnte. Eine weitere Erschütterung ließ die Tassen auf ihren Untertellern klirren, Bilder fielen von der Wand und der Kronleuchter rasselte, dann ging das Licht aus.
Paul griff nach ihrer Hand und jemand öffnete die Tür. Ein Streichholz flammte zischend auf und alle verfügbaren Kerzen und Lampen wurden angezündet. Aus dem Gang kamen Stimmen.
„Was ist los?” Rudolf Bader hustete.
Wieder knallte es, diesmal weiter weg.
„Das ist im Werk”, sagte Bader mit schreckgeweiteten Augen. Er war kreidebleich und rang nach Luft. Annabelle befürchtete, dass er einen Anfall bekommen könnte, und sah Paul an.
„Ich glaube, er stirbt sonst”, flüsterte Annabelle. „Da waren diese Männer ...” Paul verstand sie nicht, das wusste sie. Er schüttelte den Kopf: „Wir müssen dich erst in Sicherheit bringen.” Er nahm den Rollstuhl und folgte den anderen in die große Eingangshalle. Jemand hatte die Vordertür geöffnet und sie strömten nach draußen.
Der Himmel über den Bader-Werken war schwarz, eine weitere Explosion ließ einen Feuerball die Qualmwolken erleuchten. Man konnte von hier aus erkennen, dass das Dach über einzelnen Werksteilen eingestürzt war, – es waren vor allem die Teile, die nahe bei den explodierenden Dampfmaschinen lagen. Annabelle dachte an die vielen Arbeiter und war irgendwie froh, so weit weg zu sein. Sie wollte sich nicht ausmalen, wie viele Todesopfer es jetzt gegeben hatte.
„Du bleibst hier”, sagte Paul zu ihr und rannte ins Haus zurück. Annabelle sah ihm verwirrt hinterher und wollte ihn aufhalten, aber er war schon weg. Sie sah sich um. Alle waren jetzt hier draußen, die Verletzten wurden von Anderen gestützt oder sogar getragen. Dann standen alle still und stumm angesichts der Katastrophe, die sie mit ansehen mussten. Johanna lehnte sich an Annabelle und zitterte.
Der Tag war bedeckt, es hatten sich schwere und hoch aufgetürmte Wolken gebildet, die Luft war empfindlich kühl geworden. Ein stetiger Wind hatte den Æther aus dem Park geblasen und Annabelle sah noch deutlicher die unheimlichen Statuen, die ihn bevölkerten. Alle starrten auf die Rauchwolken und schienen auf etwas zu warten, waren unentschlossen. Rudolf Bader sog röchelnd Luft ein und konnte seine Augen nicht von dem brennenden Werk lösen.
Endlich erwachte Kommissar Schneider aus seiner Starre und schlug vor, die Verletzten in der Garage zu lagern. Friedrich schickte einige seiner Männer los, die großen Wagen aus Hügelsheim zu holen.
„Warum können wir nicht zurück ins Haus?”, fragte Alexandra.
„Ich befürchte, es könnte einstürzen”, sagte Friedrich. „Sie sind sicherer in der Garage. Die Wagen müssten ja bald kommen. Vielleicht können wir ja auch Verstärkung bekommen.” Er machte sich auf den Weg zu dem Nebengebäude, und Alexandra folgte ihm entschlossen.
„Komm mit, Annabelle”, rief Johanna und machte ein paar Schritte in Richtung der Garage.
„Ich warte hier”, sagte Annabelle
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