Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
kopfschüttelnd. Sie wollte jetzt nicht schon wieder Wände um sich spüren müssen. Dann stand nur noch Hartwig neben ihr. Annabelle fixierte die Eingangstür und wartete darauf, dass Paul auftauchte.
„Das war ihr Sohn”, sagte der Mannwolf zu Bader.
„Valentin?”, sagte der verwirrt. „Aber er ist doch … tot.”
Hartwig schüttelte den Kopf: „Ich konnte riechen, dass er den Sturz überlebt hat. Die Sängerin hat um ihn gekämpft.”
Der Boden rumpelte. Hartwig sah zu dem Anbau mit der Dampfmaschine. Sein Nackenfell sträubte sich.
„Alle in Deckung!”, schrie er, griff nach Annabelle und schubste sie in Richtung der Garage. Dann riss er den wehrlosen Rudolf Bader aus seinem Rollstuhl und rannte hinterher.
Annabelle wollte sich umdrehen und auf Paul warten, aber Hartwig schrie sie an und trieb sie vor sich her. Sie rannten um das kleine Gebäude herum und noch ein Stück weiter, bevor der Boden unter ihren Füßen bebte. Hartwig ließ sich auf die Knie fallen und legte Bader vor sich ab, griff nach Annabelle und deckte sie mit seinem Körper zu.
Klirrend zerplatzten Fensterscheiben, mit einem dumpfen Wummern explodierten Mauern, zuletzt erreichte die Druckwelle der Explosion ihre Ohren und dann regnete es Trümmer um sie herum. Als sich die Einschläge legten, erhob sich der Mannwolf langsam. Annabelle sah vorsichtig an ihm vorbei: Hinter der Garage stieg eine mächtige schwarze Rauchwolke hoch.
Sie hörte nichts mehr, ihr eigener Schrei kam nur wie ein Flüstern bei ihr an, aber er hallte in ihrem Kopf wieder und wieder, endlos pulsierendes Entsetzen: Paul!
* * *
Friedrich hatte seine Ohren nicht schützen können und war fast taub. Wie durch Watte vernahm er die Schreie und das Prasseln der Steine auf das Dach der Garage, die von der Explosion in die Luft geschleudert worden waren. Sie hatten es geschafft, die Tore zu schließen, aber ein besonders großer Brocken war ins Dach eingeschlagen und hatte einige Männer darunter zusätzlich verletzt.
Er öffnete die Tür und sah vorsichtig nach draußen: Das Haus war ein Trümmerhaufen. Die Seite, an der die Dampfmaschine angebaut gewesen war, war bis auf einen meterhohen Schutthaufen reduziert worden. Der Rest des Hauses stand scheinbar unversehrt, aber das Glashaus war zersplittert.
Friedrich ging einige Schritte nach draußen und hielt inne. Gab es eine Möglichkeit, dass Paul das überlebt hatte? Er weigerte sich, etwas anderes in Betracht zu ziehen. Er hatte keine Ahnung, warum Paul überhaupt in das Haus zurückgelaufen war, aber wenn er noch lebte, dann mussten sie ihn so schnell wie möglich dort herausholen.
Er hörte etwas und drehte sich um. Er sah Annabelle hinter der Garage hervor stolpern, sie weinte und rannte auf das Haus zu, aber Alexandra stellte sich ihr in den Weg und hielt sie fest. Hartwig hatte den alten Bader in den Armen und suchte in den Trümmern vergeblich nach dem Rollstuhl.
Friedrich ballte seine neue Hand zu einer Faust. Er war so wütend, so unglaublich umfassend wütend über diese Vorgänge, es konnte doch nicht sein, dass so viele Menschen sterben mussten, wegen was? Warum?
Stattdessen nahm er zu seiner Überraschung wahr, dass sein Gehör sich schnell erholte. Er fühlte sich nicht mehr so erschöpft, wie heute Morgen noch, im Gegenteil, er fühlte sich fähig, allein die Ruinen des Hauses nach seinem Bruder zu durchkämmen. Langsam machte er ein paar Schritte auf das Geröll zu. Der Staub legte sich langsam, nur noch aus den offenen Enden der verbogenen Rohre stieg Dampf auf. Das Haus war ziemlich genau in der Mitte zerbrochen, die Eingangshalle mit der Treppe war ohne Dach und das riesige Barometer stand unversehrt wie ein Mahnmal. Ein Papagei flog kreischend aus dem mit bunten Scherben bedeckten Dschungel, der einmal das Solarium gewesen war.
Wo konnte Paul hingegangen sein? Was hatte ihn überhaupt dazu bewogen, zurück in das Haus zu gehen? Friedrich wusste, dass noch Dienstboten im Haus sein mussten, aber der Ausgang aus ihrem Bereich war an der unversehrten Seite. Sie waren wahrscheinlich hinter dem Haus, hoffentlich mehr oder weniger unversehrt.
Er hörte Annabelle schreien und drehte sich zu ihr um. Sie hatte sich von Alexandra losgerissen und ging auf den am Boden liegenden Rudolf Bader los. Ihre Hände leuchteten grün und waren zu Krallen verkrampft. Er würde sie nicht aufhalten können!
* * *
Annabelle blickte sich um, sie stolperte auf die Ruinen zu und suchte, suchte Paul, irgendetwas,
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