Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
Körper. Die Gelenke der Kreaturen dampften Æther aus, der heiß glühend grüngelb entwich. Sie hatten stählerne Zähne und riesigen Pranken, die die Erde aufwühlten. Sie waren von Hass konstruierte Scheußlichkeiten.
Annabelle bekam Angst. Es schien nicht möglich, aber das Gefühl der resignierten Wut, welches bis gerade eben alles andere hatte verstummen lassen, wurde von einem primitiven Überlebensinstinkt abgelöst, der ihr befahl, wegzulaufen, sich zu retten. Aber sie konnte nicht. Wohin auch? Es gab nur das Hier und Jetzt. Zischend und stampfend, Schritt für Schritt, den Erdboden erschütternd, füllten Valentins hässliche Schöpfungen ihr Sichtfeld und ihr Denken komplett aus.
Die Ungeheuer kamen unaufhaltsam näher. Annabelle legte den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Sie holte tief Luft und formte mit ihrer linken Hand einen Vogel, der grün glühend entstand. Mit einer Handbewegung schickte sie ihn auf die schwimmende Bastion zu, über die Monster hinweg.
„Valentin!”, schrie sie. „Hier bin ich! Du hast gewonnen.”
* * *
Valentin sah die zwei kleinen Gestalten auf der Brache mit seinem Fernglas. Er lächelte und konnte es kaum glauben. Annabelle war tatsächlich gekommen, und sie hatte seinen Vater mitgebracht! In seinem Inneren stieg Triumph auf, ein hässlicher, bitterer Geschmack, da er so teuer erkauft war. Gleichzeitig spürte er, wie die Subeinheiten, die seinen Körper bevölkerten und ihn geheilt hatten, ihn immer perfekter machten. Er blickte auf seine Arme und stellte fest, das sie nun schneeweiß und glatt waren – die blauen Adern, die sich dick und hässlich darum gewunden hatten, waren verschwunden.
Er sah zu seiner Mutter und sie lächelte. Ja, sie konnten doch eine Familie sein, oder nicht? Sein Vater würde endlich seinen größten Wunsch erfüllt bekommen, und er, Valentin, könnte dann mit Annabelle glücklich sein. So leicht konnte es sein, so leicht! Der grüne Vogel erreichte sein Bollwerk und er vernahm die Botschaft. Er lächelte.
„Sie sollen kommen”, sagte er und die Sängerin programmierte seine Kommandos in die Rechenmaschine. Seine Kampfeinheiten blieben sofort stehen und er sah durch sein Fernglas, dass Annabelle und sein Vater weiter auf ihn zukamen. Er senkte das Glas und blickte zu dem brennenden Werk. Einen winzig kleinen Moment spürte er Bedauern, aber er träumte von der Welt, sie würden reisen, all das hinter sich lassen, er hatte genug Geld und seinem Vater würde ein anderes Klima nur guttun. Valentin hatte beschlossen, den Tod seines Erzeugers noch ein wenig herauszuschieben. Was war ein Triumph ohne Zuschauer, die ihn zu würdigen wussten? Andere sollten sterben, aber alles zu seiner Zeit.
Es dauerte zu lange, warum brauchten sie so lange? Sein Vater sah schlecht aus, aber Annabelle hatte ihn doch geheilt? Nein, er durfte jetzt nicht sterben, das war nicht fair. Valentin wollte auch das unter Kontrolle haben, er wollte entscheiden, wann es genug war, so wie sein Vater immer über ihn entschieden hatte. Er ballte seine Faust, fühlte ihre eisige Stärke und hatte eine Idee: Die Subeinheiten konnten seinen Vater doch sicher auch heilen? Und alle anderen, alle Gebrechen und Krankheiten! Niemand würde mehr leiden müssen! Allein schon dafür musste Annabelle ihn doch lieben, wenn man die Möglichkeiten bedachte! Er fühlte sich unsterblich und war sicher, dass sich nun alles zum Guten wendete.
Endlich erreichten sie das Ufer. Er ließ eine Brücke auslegen und beobachtete die Überquerung genau. Sein Vater betrat sein Schiff zuerst, Valentin lief zu ihm und half ihn hoch, seinem großen Vater, war das Blut an seinem Mundwinkel?
„Valentin …”, keuchte Rudolf Bader, dann hustete er wieder. Valentin legte ihm seinen weißen Finger auf die Lippen und drehte sich dann zu Annabelle.
Sie war so wunderschön, ihr zerzaustes Haar gegen den schwarzen Himmel, sie war atemlos, sie freute sich sicher, sie hatte endlich begriffen, und nun konnte er sie in den Arm nehmen und …
* * *
Valentin war schneeweiß. Annabelle erschrak und war sich nicht sicher, aber er sah so schrecklich bleich aus, als würde kein Blut durch seine Adern fließen. Die Kratzer im Gesicht, die sie ihm zugefügt hatte, waren mit einer silbrigen Substanz verkrustet und sein rechtes Auge schien auch aus Metall zu bestehen, die Pupille leuchtete grün. Er war angsteinflößend.
Er streckte lächelnd die Hände nach ihr aus, sie sah die mechanische Frau im Hintergrund
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