Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
und hatte das Gefühl von ihr drohend beobachtet zu werden. Sie nahm seine eiskalte Hand. Er zog sie an sich und küsste sie leicht auf die Lippen. Kalt, furchtbar kalt.
„Da bist du ja endlich”, flüsterte er.
„Ja”, sagte sie. Er küsste ihren Hals, sie zitterte.
„Valentin”, keuchte Rudolf Bader. Sein Sohn drehte sich zu ihm um, ließ sie aber nicht los.
„Vater, du siehst krank aus. Aber mach dir keine Sorgen, gleich wird es dir besser gehen.” Er drehte sich wieder zu Annabelle um und nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Ich bin so froh, dass du dich entschieden hast. Du hast mir sehr wehgetan, aber ich werde das sicher vergessen können, jetzt, wo du mein bist.”
Annabelle sah ihm in die Augen, das schwarze und das grüne, und wusste, dass sie ihm ein Ende machen musste. Sie hatte aber Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, sie war erschöpft und brauchte mehr Æther. Æther würde die Zweifel, das Aufbäumen ihres Gewissens wegbrennen. Sie wusste, sie hatte der Versuchung des Æthers nichts mehr entgegenzusetzen. Sie wusste auch, dass sie damit Schuld auf sich lud, wenn sie es bewusst tat. Es war ihr Opfer für Paul und die anderen.
„Es geht mir nicht gut, Valentin”, klagte sie. Er sah sie besorgt an und streichelte ihre Wange.
„Ich brauche ein wenig Æther, dann wird es mir besser gehen”, sagte sie und wich seinem forschenden Blick nicht aus. Er nickte und führte sie zu einem Schaltkasten.
„Warte hier einen Moment”, sagte er sanft und drehte sich zu seinem Vater um. „Ich muss mich eben um ihn kümmern, dann komme ich zu dir.” Er kniete sich neben den nur noch flach atmenden Rudolf Bader und winkte die Sängerin zu sich.
„Ich brauche ein Messer”, sagte er zu ihr. Annabelle erschrak: Wollte er seinen Vater vielleicht doch töten? Die Puppe streckte ihren Zeigefinger aus und Valentin bewegte sein Handgelenk mit einem kurzen Ruck dagegen. Das Skalpell, welches nun die Fingerspitze war, schnitt tief in seine Haut, aber statt Blut quoll ein quecksilberner Strom heraus, den Valentin schnell über den leicht geöffneten Mund seines Vaters lenkte. Annabelle beobachtete ungläubig, wie der silberne Faden sich wie eine Natter in den Mund von Bader schlängelte und während Valentin sein Handgelenk auf dessen Lippen presste, sah er sie zufrieden an.
„Wir werden alle glücklich werden, Annabelle”, sagte er zufrieden. „Du und ich, mein Vater und meine Mutter. Jetzt, wo du wieder da bist, können wir sie auch wirklich schön machen, und dann gehen wir fort, weit fort von hier.”
Er wandte sich seinem Vater zu und betrachtete ihn kritisch. Schließlich löste er sein Handgelenk von dessen Mund und klopfte ihm leicht auf die Wange, wie ein Vater seinem Kind. Bader atmete tief ein, aus und ein, immer tiefer. Die angestrengte Röte verließ sein Gesicht und er wurde blass. Seine Augen öffneten sich und Valentin zuckte zurück: Der Blick war nicht liebevoll und dankbar, sondern voller Wut.
* * *
Friedrich arbeitete wie ein Besessener. Er fühlte sich so stark und lebendig wie noch nie. Der Mannwolf hatte eine Spur gefunden und sie versuchten, den Zugang zum Keller freizuräumen. Ab und zu sah er auf und stellte fest, dass die Metallmonster stehen geblieben waren. Was auch immer das bedeutete.
Plötzlich hörten sie ein Geräusch. Hartwig schrie ihm zu, er solle weglaufen, und er brachte sich mit einigen mächtigen Sätzen in Sicherheit. Der Schutt bewegte sich, Steine wackelten und man hörte ein Dröhnen, welches aus dem Boden zu kommen schien. Dann häufte sich der Schutt auf, als ob ein Maulwurf von unten die Erde nach oben drückt, und aus dem entstandenen Kegel krabbelten erst der mechanische Mann und dann sein Bruder.
Friedrich kümmerte sich nicht um den Schutt und Dreck, er rannte los und umarmte Paul heftig.
„Alles in Ordnung?”, fragte er dann und sah seinen Bruder kritisch an. Paul klemmte sich eine Holzkiste unter den Arm, fuhr sich durch die staubigen Haare und grinste: „Du hast dir doch nicht etwa Sorgen um mich gemacht?”
„Nicht nur ich”, sagte Friedrich erleichtert. Die Suchmannschaft umringte sie und alle klopften ein wenig auf Paul herum, was immer wieder Staubwolken hervorrief. Friedrich rieb sich den Schmutz in die Haare, während er ängstlich auf den Moment wartete, in dem Paul nach Annabelle fragen würde.
„Wo ist Annabelle?”, fragte sein Bruder schließlich. Friedrich zeigte auf den Metallkoloss. Paul drehte sich um und riss
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