Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
sie selbst tun müssen, sobald sie es gelernt hatte.
Herr Falkenberg hatte sie angewiesen, diese Schnitzerei und die dazugehörigen Bücher, Aufzeichnungen und Illustrationen nach seinem System zu katalogisieren. Sie sollte zeigen, ob sie es verstanden hatte. Es schien ihr nicht schwierig und sie hatte sogar Spaß daran. Jetzt wo das Fräulein Rosenherz nicht mehr im Haus war, fühlte sie sich unbefangener. Die Hausdamen ließen sie allein arbeiten, sie hatte sie bisher nur zum Essen gesehen.
Alexandra machte eine Pause und sah sich im Raum um. Die Menge an Büchern und Gegenständen war beeindruckend, aber was sie am meisten überraschte, war die Art und Weise, wie es hier präsentiert wurde. Es hätte viele Möglichkeiten gegeben, solch eine Sammlung zu zeigen, aber hier war es eine kalkulierte Unordnung, die nur auf den ersten Blick systemlos aussah. Alexandra ahnte, dass die Zusammenstellung einzelner Objekte aus verschiedenen Kulturen und Zeiten sehr wohl durchdacht und bewusst gewählt war. Der Professor hatte ein Ziel gehabt, eine Vision, der er zugearbeitet hatte, eine Logik, die sich nur ihm erschlossen hatte. Sie war neugierig, ob sie diese Logik jemals erfassen würde.
Sie befürchtete allerdings, dass die ihr zugedachte Zeit nicht ausreichen würde. Obwohl sie nicht schon jetzt an ihre Abreise denken wollte, spürte sie die Last dieses Zeitpunkts. Wie ein Kind, das in einen Raum voller Spielzeug gesetzt wird, und weiß, es wird nicht mit allem so spielen können, wie es das gerne möchte, bevor es abgeholt würde.
Daher war sie ganz froh, dass Herr Falkenberg ihr einen festen Rahmen gegeben hatte. Sie würde ihn nicht enttäuschen.
* * *
Annabelle hatte sich mit einem Buch auf das Bett gelegt, und war eingeschlafen. Nun war sie desorientiert: Wie spät mochte es sein? Ihre Taschenuhr war stehen geblieben. Sie suchte eine andere Uhr und fand keine. Überhaupt war sie sehr irritiert über die Einrichtung. Es gab einen Frisiertisch, der in diesem düsteren Zimmer wie eine Orchidee in einem Gemüsegarten auf filigranen weißen Beinen stand; eine spitzenbesetzte Decke und ebenso opulent verzierte Kopfkissen schmückten das klobige Bett aus schwerem dunklem Holz, überall standen künstliche Blumen vor düsteren Landschaftsölbildern. Über dem Kopfteil ihres Bettes hing ein großes Kreuz, an dem ein sehr realistisch blutender Jesus seine letzten Atemzüge tat und schmerzverzerrt auf den Schläfer herunterstarrte. Am Merkwürdigsten waren die Rohre, die sich an der Decke und den Wänden entlang schlängelten, und ab und zu merkwürdige Geräusche von sich gaben.
Annabelle spritzte sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht und betrat den Gang. Johanna öffnete auf ihr leises Klopfen hin nicht, und sie wollte nicht indiskret sein. Nach einigem Suchen fand sie sich im Foyer wieder, bei dem riesigen Barometer. Sie betrachtete es einen Moment und stellte fest, dass einige Zeiger in einen Grenzbereich wiesen, aber sie hatte keine Ahnung, was das bedeutete. Genauso ging es ihr mit den seltsamen Rohren, die sich auch hier an den Wänden entlang zogen. An manchen Stellen gab es Schaltkästen mit Knöpfen und Hebeln. Wenn sie ganz stillstand, dann spürte sie das Wummern der Dampfmaschine.
Sie betrat das Zimmer, in das sie zuerst geführt worden war, denn sie erinnerte sich daran, dass es dort Uhren gegeben hatte. Zu ihrer Verwirrung zeigte jeder Chronometer eine andere Zeit. So machte sie sich auf den Weg ins Solarium, wie Valentin das Glashaus genannt hatte. Diesmal war sie auf die schwüle Hitze vorbereitet, was diese allerdings nicht erträglicher machte.
Es dämmerte schon. Sie konnte durch die trüben Scheiben nicht wirklich genau erkennen, ob es tatsächlich schon Nacht wurde, oder ob es stark bewölkt war, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass es früher Abend war. Sie hatte Hunger. Merkwürdig, dass sie niemand geweckt hatte. Hatte man nicht eine Art Verabredung zum Tee gehabt? Als sie an der Sitzgruppe ankam, fand sie diese verlassen vor. Neugierig machte sie sich auf, das Glashaus weiter zu erforschen.
Außer dem Plätschern des Wassers aus den verschiedenen Teichen hörte sie fast nichts. Die Vögel waren alle stumm und schliefen in ihren Käfigen. Es waren sehr viel mehr, als sie beim ersten Mal bemerkt hatte. Als sie sich einer Gruppe größerer Käfige näherte, entdeckte sie zu ihrem Entzücken prächtige Papageien. Die intelligenten Vögel erwachten bei ihrem Anblick zum Leben und machten auf sich
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