Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Titel: Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
Vom Netzwerk:
jungen Mann mitgenommen, der sie kutschieren sollte. Nachdem die geplante Route geklärt war, ging er zurück ins Haus um Alexandra abzuholen. Sie kam gerade die Treppe herunter und Paul war überrascht: Alexandra sah ganz anders aus, frischer, lebendiger. Sie war bis jetzt immer in dunklen Farben gekleidet gewesen, aber das Kleid, welches sie jetzt gewählt hatte, war aus mehreren cremefarbenen Lagen Stoff geschneidert und in der Taille mit einem bunt bestickten Stoffgürtel gerafft. Sie hatte irgendetwas mit ihren Haaren gemacht, und ihre sonst so bleichen Wangen hatten einen rosigen Schimmer.
    „Sie sehen sehr hübsch aus”, komplimentierte er ehrlich und nahm ihren Mantel, um ihr hineinzuhelfen. Sie befestigte einen großen Hut auf ihrer Frisur und er bot ihr den Arm. Sie bestiegen die Kutsche und rollten kurz danach am Kurpark entlang, wo Paul anhalten ließ, um die Trinkhalle zu besuchen.
    „Die Gemälde stellen Mythen und Legenden aus der Gegend hier dar”, kommentierte er die meterhohen Malereien in dem Säulengang. Viele Besucher tummelten sich in der Frühlingssonne hier und genossen einen Schluck des Heilwassers aus einem Blechbecher. Bänke und Stühle waren voller Kurgäste und Schaulustiger. Hier konnte man die neueste Mode an den Damen und Herren bewundern, teuren Schmuck und edle Pelze sehen, und in den Geschäften rund um die Promenade auch erwerben. Alles nach dem Motto: Sehen und gesehen werden.
    Für Paul war das nicht neu und er fand es uninteressant, aber Alexandra staunte.
    „Sogar der Zar war schon ein paar Mal hier”, fühlte Paul sich genötigt zu sagen. Konversation war nicht seine Stärke.
    „Und die englische Königin Victoria”, wusste Alexandra. Sie stellten sich bei den Trinkbrunnen an und tranken einen Becher des warmen metallisch schmeckenden Wassers. Paul überlegte, ob Alexandra Interesse an den teuren Geschäften hätte, die sich an den Kurpark anschlossen, aber er entschied sich, lieber auf Kultur wert zu legen, und führte sie nach der Trinkhalle wieder zur Kutsche.
    Baden-Baden zeigte sich im schönsten frühlingshaften Licht. Sie fuhren zum Markgrafenschloss, am Friedrichsbad und den Caracalla-Thermen vorbei und besichtigten die Stiftskirche. Schließlich hatte Paul erbarmen und ließ an einem Kaffeehaus anhalten, um ein Stück der berühmten Schwarzwälder Kirschtorte zu genießen. Er redete viel, über all die Kunstschätze und die illustren Gäste, um nicht über die Situation nachdenken zu müssen. Es war ein schöner Nachmittag, aber er hätte ihn lieber mit Annabelle verbracht.
    Alexandra war neugierig, höflich und stellte die richtigen Fragen. Immer, wenn er zu ihr sah, begegnete er ihren dunklen Augen, die so anders waren, so viel ernster und strenger als Annabelles. Aber genau darüber wollte er nicht nachdenken, er wollte die beiden nicht miteinander vergleichen, konnte es allerdings nicht verhindern.
    Annabelle war wie ein Schmetterling, sie tanzte um ihn herum, er musste sie einfangen und vorsichtig festhalten, um sie nicht zu verletzen. Alexandra dagegen war wie eine schwarze Katze, die ihm folgte und ihn beobachtete. Er konnte sie ignorieren, aber er spürte, dass nicht viel fehlte und sie würde schnurrend um seine Beine streichen, bis sie sich auf seinem Schoss zusammenrollte, um zu schlafen.
    Er berührte den Lachs, den er auch heute an seiner Halsbinde trug. Ein seltsames Gefühl breitete sich über seine Finger in der Hand aus. Er verstummte und schloss kurz die Augen. Ihm wurde schwindelig, als ob sich die Welt kurz zur Seite verschob und er den Halt verlor. Für einen Moment wurden seine Fingerspitzen eiskalt, und er ließ die Brosche los, die ihn wie tausende kleine Nadeln stach.
    Er öffnete die Augen und blickte auf die Reste seines Kuchens. Dann atmete er tief durch und trank schnell einen Schluck seines kalt gewordenen Kaffees. Er war beunruhigt, und hätte gerne weiter nach der Ursache geforscht, aber er wollte das nicht hier machen, wo Alexandra ihn beobachtete.
    „Wir sollten aufbrechen”, sagte er kurz und signalisierte dem Kellner.
    Alexandra stand kommentarlos auf und stumm fuhren sie zurück zum Haus.
    „Ich danke Ihnen für diesen schönen Nachmittag”, sagte Alexandra leise, bevor sie die Treppe hochlief.
    Paul blieb einen Moment stehen und betrachtete sich im Spiegel. Eine tiefe Unruhe hatte sich in ihm ausgebreitet. Er wollte nicht hier sein, mit einer fremden Frau, in einem Haus, welches noch nicht wirklich sein Zuhause war!

Weitere Kostenlose Bücher