AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
nahe war er der Königin, zu vertraut, zu frech im Umgang mit den anderen Beratern und würdigen Herren, die eifersüchtig auf ihren Einfluss am Hof bedacht waren. Denn immerhin war Elizabeth eine Frau und es war keineswegs selbstverständlich, dass eine Person ihres Geschlechts – ohne Mann und damit ohne König an der Seite – auf Dauer herrschen konnte.
Ob Elizabeth und Robert neben dem Tisch auch das Bett teilten, ist heute kaum nachweisbar. Die junge Königin war offensichtlich schwer verliebt und zeigte das auch dem gesamten Hofstaat. Robert Dudley musste seine Wohnräume unmittelbar neben die Gemächer seiner Königin verlegen. Offizielle Begründung: kürzere Wege bei der gemeinsamen Regierungstätigkeit. Denn Sir Dudley war bald zum wichtigsten Vertrauten der Königin aufgestiegen. Die beiden kannten sich seit Kindheitstagen und waren einander unter höchst ungünstigen Umständen wiederbegegnet – eingekerkert im Londoner Tower. Der Kampf um Macht und Vorherrschaft im Staat wurde zu Zeiten der Tudors recht unmittelbar ausgetragen.
Eine Rückblende: An der Wiege war der Tochter von König Heinrich VIII. nicht vorherbestimmt, eine der wichtigsten Herrscherpersönlichkeiten – nicht nur Englands – der Geschichte zu werden. Ihre Mutter Anne Boleyn wurde von Heinrich VIII. im Londoner Tower hingerichtet – enthauptet. Der Richtblock wird heute noch von den „Beefeatern“ bei Touristenführungen gezeigt.
Zu diesem Zeitpunkt war Elizabeth Tudor nicht einmal drei Jahre alt, ihr Vater ließ sie nach dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter per Parlamentsbeschluss für illegitim erklären und so von der Nachfolge ausschließen. Heinrich wollte einen männlichen Erben und schritt sogleich zur Tat. Mit der nächsten Lebensabschnittspartnerin, Jane Seymour, zeugte der König nach 29 Jahren Regierungszeit endlich einen Sohn: „Hier ist nicht weniger Frohlocken ob der Geburt unseres Prinzen, nach dem wir so lange gehungert haben, als bei der Geburt Johannes des Täufers“, hieß es in einem Brief an Oliver Cromwell. Edwards Geburt am 12. Oktober 1537 wurde von Englands Bevölkerung mit Jubel gefeiert. Die Kirchenglocken läuteten ohne Unterlass und die Menschen entfachten Freudenfeuer. Zur guten Stimmung trug die Großzügigkeit des Königs bei, der Bier und Wein kostenlos an die verarmte Bevölkerung austeilen ließ. Der Rausch der Begeisterung endete rasch im dynastischen Kater. Jane Seymour starb zwölf Tage nach der Geburt an Kindbettfieber. Heinrich VIII. war wieder Witwer, diesmal ohne sein Zutun.
Bei der Taufe des einzigen legitimen Sohns von König Heinrich trug die vierjährige Halbschwester Elizabeth das Tauftuch, seine zweite Halbschwester Mary war Taufpatin. So blieb alles in der Familie.
Die junge Halbwaise lebte nach dem Tod ihres Vaters Heinrich VIII. am Hof der Königswitwe Catherine Parr. Deren Ehemann Thomas Seymour, Baron und Bruder von Jane Seymour (wir erinnern uns: sie war die dritte Gattin Heinrichs und ist im Kindbett verstorben), durfte sich zwar als einflussreicher Edelmann fühlen, er benahm sich aber nicht so. So machte der Baron der kaum 13-jährigen Prinzessin Elizabeth ziemlich direkte sexuelle Avancen und wurde dabei von seiner Ehefrau erwischt. Diese zeigte sich „not amused“ und entfernte die Frühreife aus dem Haushalt. Nach dem frühen Tod seiner Frau Catherine hielt der machtgierige Thomas offiziell um die Hand Elizabeths an, immerhin galt sie als Nummer zwei in der Thronfolge. Doch im Ränkespiel um die Macht im Staate hatte Seymour die schlechteren Karten. Der Sexskandal mit seiner Schutzbefohlenen wurde ruchbar, der Thronrat verbat eine Hochzeit. Als der „Admiral of the Fleet“ auch noch gegen den Vormund des zwölfjährigen Königs Edward VI. intrigierte – es war praktischerweise sein Bruder Thomas –, wurde er verhaftet und im Tower hingerichtet.
Heinrichs Sohn Edward VI. starb schon im jugendlichen Alter von 15 Jahren. Wieder durfte ihm nicht die katholische Halbschwester Mary oder Elizabeth nachfolgen. Heinrich VIII. hatte beide testamentarisch von der Thronfolge ausgeschlossen. Die tiefgläubige Protestantin Lady Jane Grey (Enkelin der Schwester des Tudor-Königs) sollte den Thron besteigen. Auch sie war im Haushalt der ehemaligen Königin Catherine Parr aufgewachsen und ausgebildet worden. Länger als neun Tage blieb ihr die Krone Englands aber nicht vergönnt. Sie ging in die Geschichte als „Queen of the Nine Days“ ein. Die katholische Mary konnte ihren
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