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Affinity Bridge

Affinity Bridge

Titel: Affinity Bridge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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sich dem Gebäude
näherte, ihre Schwester war jedoch nirgends zu entdecken. Sie schob die Hände
in die Manteltaschen und steuerte den Haupteingang an. Als sie an den beiden
diensthabenden Aufseherinnen vorbeikam, bemerkte sie einen jungen Mann, der vor
dem Heim auf einer Bank saß. Er trug grobe Wollkleidung, sein Gesicht war vor
Kälte gerötet, und er fühlte sich offenbar nicht wohl in seiner Haut. Er war
unrasiert und ungekämmt, sogar ausgemergelt, kam Veronica aber aus irgendeinem
Grund bekannt vor. Sie durchforschte ihr Gedächtnis, konnte ihn jedoch nicht
unterbringen. Vielleicht hatte sie ihn bei einem früheren Besuch in der Anstalt
gesehen und sich aus irgendeinem Grund sein Gesicht eingeprägt.
    Der Mann drehte sich zu ihr um, als sie an der Bank vorbeiging. Der
gehetzte Ausdruck seiner Augen entging ihr keineswegs. Er lächelte wenig
überzeugend, als er ihren Blick bemerkte, und wandte sich rasch ab, um den
Kiesweg anzustarren, als erwartete er, dort die Lösung aller Geheimnisse des
Universums zu entdecken. Beunruhigt ging Veronica weiter, blieb aber noch einmal
stehen und sah sich zu dem jungen Mann um. Sie hatte den unbestimmten Eindruck,
dass hinter ihm mehr steckte, als man auf den ersten Blick bemerkte. Dann tat
sie diese Gedanken kopfschüttelnd ab, lief durch den Bogengang in einen kleinen
Hof und betrat das Heim durch den Haupteingang, den die an der Tür wachende Aufseherin
ihr mit misstrauischer Miene öffnete.
    Drinnen wandte sie sich sofort zur Anmeldung, die sich wenige
Schritte hinter dem Eingang befand. Die Wärterin fror in ihrer dünnen Uniform
und hatte sogar geschaudert, als Veronica durch die Tür getreten und einen
Schwall kalter Luft hereingebracht hatte. Veronica räusperte sich. »Ich möchte
meine Schwester besuchen. Amelia Hobbes.«
    Die Pflegerin lächelte. »Ich fürchte, die Besuchszeit ist vorbei.
Sie haben vielleicht bemerkt, dass die Patienten draußen ihren täglichen Spaziergang
machen.«
    Veronica nickte. »So ist es. Leider habe ich meine Schwester dort
draußen nicht gefunden. Ich frage mich …« Sie hielt inne und setzte eine
Verschwörermiene auf. »Vielleicht könnten Sie die Regeln ein wenig großzügig
auslegen? Ich würde mich wirklich gern vergewissern, dass es meiner Schwester
gut geht.«
    Bevor die Pflegerin antworten konnte, hörte Veronica Schritte hinter
sich und entdeckte, als sie sich umdrehte, Dr. Mason im Flur.
    Er lächelte freundlich, als er vor ihr stehen blieb. »Schon gut,
Schwester Willis. Ich glaube, wir können heute einmal eine Ausnahme machen.«
Er winkte Veronica, ihn zu begleiten. Als sie den Flur hinunterliefen, klickten
ihre Schuhe laut auf den harten weißen Fliesen.
    Â»Danke, Dr. Mason. Seit meinem letzten Besuch sind ja erst wenige
Tage vergangen, aber ich will mich unbedingt vergewissern, dass Amelia wohlauf
ist.«
    Der Arzt sah Veronica ernst an. »Ich fürchte, Sie werden Ihre
Schwester in schlechter Verfassung vorfinden, Miss Hobbes. Die Häufigkeit der
Episoden hat in den letzten Tagen deutlich zugenommen, die letzte hat sich erst
vor einer Stunde ereignet. Bitte versuchen Sie, Ihre Sorge nicht zu sehr zu
zeigen, wenn Sie Amelia sehen. Sie wirkt sehr hager und müde.« Sie liefen
weiter durch den Flur und kamen an leeren Stationen und Krankenzimmern vorbei.
    Veronica nickte. »Nun gut. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit
nehmen, mit mir zu reden, Dr. Mason.«
    Der Arzt lächelte. »Ich will nur das Beste für Ihre Schwester, Miss
Hobbes, auch wenn Sie manchmal an meinen Methoden Zweifel haben.« Er blieb vor
einer eintönig grau gestrichenen Tür stehen, in die in Kopfhöhe ein kleines
Fenster eingelassen war.
    Veronica spähte hinein. Amelia saß in dem kleinen Raum auf einem
Rollstuhl, durch das Fenster fiel das Sonnenlicht herein. Neben ihr wachte eine
Aufseherin auf einem Klappstuhl und las ein Buch. Amelias Gesicht war von der
Tür abgewandt, doch Veronica konnte die kreidebleiche Haut gut erkennen.
    Dr. Mason stieß die Tür auf und schob Veronica hinein. Amelia hob
den Kopf, und die Wärterin hörte zu lesen auf und lächelte, als sie die Besucherin
sah. Amelia strahlte.
    Â»Veronica! Wie schön!« Sie wandte sich an den Arzt und bemerkte
nicht, wie entsetzt ihre ältere Schwester war. »Dürfen wir uns hierher setzen
und uns unterhalten,

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