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Affinity Bridge

Affinity Bridge

Titel: Affinity Bridge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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das
Vergessen schnell kommen. Er leerte das Glas, machte es sich im gemütlichen Chesterfield-Sessel
bequem und wartete darauf, dass die Wirkung des Laudanums einsetzte.

6
    Wenn man daran dachte, dass am vergangenen Morgen ein so
dichter Nebel geherrscht hatte, war es ein ungewöhnlich schöner Morgen, als
Veronica die Treppe vor dem Haupteingang des British Museum hinaufstieg. Über
ihr zwitscherten die Vögel in den Bäumen, und die Sonne lugte zwischen den
Wolken hervor und sandte helle Lichtstrahlen in die ganze Stadt hinab.
    Nach den Schrecken des vorherigen Tages war Veronica in ihre Wohnung
in Kensington zurückgekehrt, hatte gebadet, etwas gegessen und war direkt ins
Bett gegangen. Nun fühlte sie sich halbwegs erfrischt und hoffte, der neue Tag
würde nicht so anstrengend wie der letzte und gäbe ihr zudem keinen Anlass für
weitere Albträume. Die Bilder vom Absturzort hatten sich ihrem Gedächtnis
eingebrannt, sosehr sie auch versuchte, die Erinnerungen zu verdrängen,
während sie sich auf die Aufgaben des anbrechenden Tages vorbereitete.
    Der Türsteher Watkins war sofort zur Stelle, sie zu dieser frühen
Stunde ins Museum zu lassen, und begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln.
Es war noch nicht einmal acht Uhr, doch sie nahm an, dass Newbury bereits am
Schreibtisch saß und die Zeitung las, wie es seine Gewohnheit war. Umso
überraschter war sie, als sie die Tür des Büros im Keller öffnete. Newbury war
nirgends zu entdecken, der Schreibtisch war unberührt, Mantel und Hut hingen
nicht am Ständer neben der Tür. Vielmehr saß Miss Coulthard an ihrem
Arbeitsplatz. Sie hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen, sie weinte und
schluchzte verzweifelt, und die Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Â»Oh, Miss Hobbes, es tut mir leid, dass Sie mich so aufgelöst vorfinden.«
Sie blickte auf, als Veronica eintrat.
    Veronica zog rasch den Mantel aus, nahm den Hut ab und zog einen
Stuhl heran, um sich neben Miss Coulthard zu setzen und ihre Hand zu nehmen.
»Darf ich annehmen, dass es keine Neuigkeiten gibt?«
    Schluchzend nickte Miss Coulthard. »Wir haben rein gar nichts
gehört, auch auf seiner Arbeitsstelle weiß man nichts. Nun fürchten wir alle
das Schlimmste, Miss Hobbes. Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum er so
lange ausbleibt, außer dass ihn die Wiedergänger erwischt haben.«
    Â»Aber Miss Coulthard, wir können doch noch gar nicht sicher sein.
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass er einem dieser sogenannten
Wiedergänger begegnet ist. Natürlich habe ich in der ganzen Stadt viel über sie
gehört, aber bisher habe ich noch keinen mit eigenen Augen gesehen, und
allmählich frage ich mich sogar, ob sie überhaupt existieren.« Sie lächelte
warmherzig. »Haben Sie denn schon einmal einen gesehen, Miss Coulthard?«
    Â»Nein, Miss Hobbes, das kann ich wirklich nicht behaupten.«
    Â»Sehen Sie? Wir beide können nicht bestätigen, dass es sie gibt. Wie
wahrscheinlich ist es da, dass Jack auf dem Weg zur Arbeit einem von ihnen
begegnet sein soll?«
    Â»Also …« Miss Coulthard wischte sich die Augen trocken und
schniefte. »Sehr wahrscheinlich ist es wohl nicht. Andererseits …« Frustriert
ballte sie die Hände zu Fäusten. »Was sonst hätte ihm zustoßen können?«
    Veronica rieb ihr beruhigend über den Rücken. »Wir werden heute die
Polizei einschalten, damit sie genau dies herausfindet. Ich bin sicher, dass es
letzten Endes eine ganz harmlose Erklärung gibt.«
    Miss Coulthard lächelte. »Danke, Miss Hobbes. Ich habe hier auf Sir
Maurice gewartet, damit er mir hilft, wie er es gestern angeboten hat, aber er
ist bisher noch nicht eingetroffen. Ich fürchte, er hat andere Pläne und ist
heute Morgen anderswo beschäftigt oder so.«
    Veronica blickte auf die Uhr und runzelte die Stirn. »Nein, wir
haben uns für heute Morgen hier verabredet. Wahrscheinlich wurde er irgendwie
aufgehalten. Sobald er eintrifft, setzen wir eine frische Kanne Tee auf, und
dann wird Sir Maurice sicher gleich eine Meldung an seine Kollegen bei Scotland
Yard schicken.« Veronica bemerkte, dass Miss Coulthard in die Tasche gegriffen
hatte und eine kleine Fotografie in Sepiatönen an ihre Brust presste. »Miss
Coulthard, darf ich fragen, wen dieses Foto zeigt?«
    Die Sekretärin starrte das Foto an, als sähe

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