Affinity Bridge
Mann
zugetraut hätte, auf dem Absatz kehrt. »Ich führe Sie, Sir.« Sie verlieÃen den
Raum mit dem gemütlichen Feuer durch eine Seitentür und betraten einen kleinen
Durchgang, den Newbury schon viele Male benutzt hatte. Der Gang schlängelte
sich durch die Tiefen des Palasts und stellte eine geheime Route zwischen dem
Thronsaal und Sandfords kleinem Warteraum im hinteren Flügel des riesigen
Hauses dar. Allerdings war der Durchlass, wie Newbury glaubte, aus einem ganz
anderen Grund gebaut worden â als Fluchtweg aus dem Thronsaal, falls der
Monarch jemals bedroht werden sollte und fliehen musste. Heutzutage wurde er
vor allem dazu benutzt, die Agenten Ihrer Majestät zu Privataudienzen in den
Palast zu schleusen, unbemerkt von der Dienerschaft, die vermutlich gröÃtenteils
nicht einmal wusste, dass dieser Zugang überhaupt existierte. Zugleich, so
überlegte Newbury, gerieten die Agenten Ihrer Majestät auch nicht in Gefahr,
allzu viel von dem Klatsch aufzuschnappen, der allenthalben im Palast die Runde
machte. Königin Victoria lieà sich eben nicht gern in die Karten blicken.
Als sie durch den Gang schritten, sah Newbury sich wie gewöhnlich
neugierig um. An den Wänden hingen Porträts streng blickender ehemaliger,
längst verstorbener Könige und Königinnen. Dies waren die herausragenden
Gestalten, die früher die Geschicke der Nation gelenkt hatten. Victoria selbst
glänzte in dieser Galerie natürlich durch Abwesenheit. Newbury fragte sich, ob
es die erste Aufgabe eines etwaigen Thronfolgers sei, das Porträt dieser
mächtigen Herrscherin an den richtigen Platz am Ende der Reihe ihrer Vorgänger
zu hängen. Nicht, dass die Königin irgendwelche Anzeichen von todbringenden
Krankheiten gezeigt oder Andeutungen gemacht hätte, sie wolle demnächst
abdanken; dem wussten schon die wundervollen Maschinen des Doktor Fabian vorzubauen.
Er war ein unvergleichliches wissenschaftliches Genie, und Newbury war dankbar,
dass dieser Mann der Krone treu ergeben war, statt, wie es viele andere in
einer solchen Position gern taten, nach eigener Macht zu streben. Er war dem
Doktor nur einmal kurz vorgestellt worden, erwartete aber, ihn gelegentlich
wiederzusehen. Die meisten Geheimagenten der Krone bekamen im Rahmen ihrer
Laufbahn gewöhnlich einmal oder zweimal die Gelegenheit, Doktor Fabian zu begegnen.
Nun schlurften sie also über einen dicken Teppich, bis sie eine Tür
erreichten, an welcher der Korridor abrupt endete. Dahinter befand sich der
Thronsaal.
Sandford klopfte forsch an und rückte seine Fliege zurecht.
»Herein«, lieà sich von drinnen sofort eine energische Frauenstimme
vernehmen.
Der Butler öffnete die Tür, die nach innen aufschwang. Im ersten
Moment konnte Newbury nichts als Dunkelheit vor sich sehen.
»Sir Maurice, Euer Majestät.« Sandford machte schlurfend Platz,
damit Newbury eintreten konnte, dann zog er die Tür hinter sich zu und
entfernte sich mit leisen Schritten auf dem Teppich, um in seine Gemächer und
in die Wärme des Kaminfeuers zurückzukehren. Newbury tat unterdessen in der
Finsternis einen zögernden Schritt und wartete, bis die Augen sich umgestellt
hatten. Alle Fenster waren mit schweren Vorhängen verdunkelt, der Saal lag in
tiefem Schatten. Das einzige Licht kam von einer Gaslampe, die in einer Ecke
flackerte, eine einsame Flamme in einem Meer der Dunkelheit. Er hatte das
Gefühl, in einer riesigen Höhle zu stehen, und konnte doch nur einige Schritte
weit blicken. Allerdings hörte er Doktor Fabians Maschinen surren und seufzen
und mit klickenden Blasebalgen die Luft umwälzen.
Endlich ergriff Victoria das Wort.
»Ah, mein getreuer Diener. Welche Neuigkeiten haben Sie für mich?«
Eiskalt durchschnitt ihre Stimme die Dunkelheit. Er bekam eine Gänsehaut.
Höflich drehte er sich in die Richtung um, aus der er die Stimme vernommen
hatte, und verneigte sich.
»Majestät.« Er zögerte. »Ich fürchte, es gibt noch nicht viel zu
berichten.« Dann seufzte er und überlegte, wie er fortfahren sollte. »Ich habe
wie gewünscht den Unglücksort besucht und gewisse ⦠UnregelmäÃigkeiten bemerkt.«
»Fahren Sie fort.«
»Der Pilot war nirgends im Wrack zu finden, und die Passagiere, oder
vielmehr ihre sterblichen Ãberreste, waren an die Sitze gefesselt. Ãberlebende
gab es nicht. Später fand ich heraus,
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