Affinity Bridge
ausgebrochen
war.
Während sich ihr Atem wieder beruhigte, sah sie sich um und suchte
Newbury.
Als Erstes fiel ihr im Arbeitszimmer die ungeheure Anzahl bizarrer
Objekte in den Regalen auf. Abgesehen von den vielen Büchern waren dort alle
möglichen esoterischen Gegenstände ausgestellt. In Gläsern schwammen
anscheinend amputierte Tentakel eines nicht erkennbaren Meerestiers, in einem
Fach lag ein Schimpansenschädel, anderswo standen Flaschen mit seltsam
gefärbten Flüssigkeiten, es gab aus Edelmetall gegossene Geheimsymbole, kleine
Steinfiguren, die wohl aus prähistorischen Zeiten stammten, und unendlich viel
mehr. Als Zweites bemerkte sie Newbury, der mit dem Gesicht nach unten auf dem
Boden lag, mitten in einem groÃen Pentagramm, das mit weiÃer Kreide auf die
nackten Bodenbretter gezeichnet war. Er hatte den Teppich beiseitegerollt, um
Platz für das Symbol zu schaffen. Im Moment war nicht ganz klar, ob es frisch
gemalt oder schon seit längerer Zeit unter dem türkischen Läufer verborgen
gewesen war. Rings um den Mann lagen verschiedene Gegenstände: ein leeres Glas
und eine Weinflasche, ein Zweig Rosmarin, Streichhölzer und eine halb volle
braune Arzneiflasche.
Sie eilte sofort zu ihm, kniete nieder und drehte ihn auf den
Rücken. Sein Atem ging flach, das Gesicht war kalt und glänzte vor SchweiÃ. Sie
tastete seinen Puls und fand ihn nach einigem Suchen am unrasierten Hals.
Halblaut zählte sie mit, dann öffnete sie ihm den Kragen und legte ihm eine
Hand auf die Wange. »O Newbury, was haben Sie nur angestellt?«
Er stöhnte, unter den Lidern zuckten die Augen.
Veronica hörte Schritte auf der Treppe. Mrs. Bradshaw hatte offenbar
bemerkt, dass etwas nicht stimmte, und rief herauf: »Alles in Ordnung, Miss?«
Veronica konnte keinesfalls zulassen, dass Mrs. Bradshaw Newbury in
diesem Zustand sah, und erst recht durfte die Haushälterin keinen Blick in das
Arbeitszimmer werfen. Schon für Veronica war das Sammelsurium beunruhigend
genug, obwohl sie eine gute Vorstellung von Newburys Fachkunde in den dunklen
Künsten hatte und das geheimnisvolle Zubehör kannte, das man für sie benötigte.
Die arme Mrs. Bradshaw aber würde vermutlich schnurstracks zur Polizei laufen,
wenn sie das Zimmer sah.
Veronica bettete Newburys Kopf auf ein Kissen, das sie von dem Sofa
direkt neben sich geschnappt hatte, trat in den Flur hinaus, zog hinter sich
die Tür zu und nahm den Mantel vom Geländer. So verdeckte sie das zerstörte
Schloss und stellte sicher, dass Mrs. Bradshaw den Rahmen, der dank ihrer
Attacke gesplittert war, nicht sehen konnte.
»Es ist alles in Ordnung, Mrs. Bradshaw«, sagte sie so ruhig sie
konnte und gab der Haushälterin den Mantel. »Sie werden erfreut sein zu hören,
dass ich Sir Maurice wecken konnte. Er leidet an einem leichten Fieber und ist
in seinem Arbeitszimmer eingeschlafen. Ich kümmere mich jetzt um ihn. Ich bin
sicher, dass er bald eine leichte Mahlzeit benötigt, die ihm hilft, sich zu erholen.«
Sie lächelte. »Im Moment wäre es schön, wenn Sie uns zusammen mit dem Tee noch
eine weitere Tasse und eine Untertasse bringen könnten.«
Mrs. Bradshaw beäugte sie misstrauisch, ein drückendes Schweigen
entstand. Dann entschied sie, dass es wohl besser war, Veronicas Anweisungen
auszuführen, statt sich dem Wunsch ihres Arbeitgebers zu widersetzen und das
Arbeitszimmer zu betreten, und nickte. »In Ordnung, Miss. Ich stelle den Tee
für Sie beide auf den Treppenabsatz.« Damit drehte sie sich um und ging wieder
die Treppe hinunter.
»Danke, Mrs. Bradshaw«, rief Veronica ihr hinterher. »Es wäre sehr
hilfreich, wenn Sie auch einen Waschlappen und eine Schale kaltes Wasser
mitbringen könnten.« Sie zog sich in das Zimmer zurück, ohne auf Mrs. Bradshaws
Antwort zu warten.
Newbury hatte sich nicht bewegt. Er war noch sehr benommen,
vielleicht sogar im Delirium. Sie beugte sich über ihn, fasste ihn fest unter
den Armen und zog ihn auf das Sofa, das nur wenige Schritte entfernt stand.
Dann hielt sie inne und wartete, bis sie nach der Anstrengung wieder zu Atem
kam. Sie vergewisserte sich, dass er es bequem hatte, sammelte die Gegenstände
ein, die auf dem Boden herumlagen, und deponierte sie ordentlich auf dem
Kaffeehaustisch neben dem Kamin. SchlieÃlich hob sie die kleine braune Flasche
auf und betrachtete das Etikett. Es schälte sich
Weitere Kostenlose Bücher