Affinity Bridge
Gehstocks klopfte Bainbridge energisch an und
musste nicht lange warten, bis ihm ein Mann in mittleren Jahren, der einen
schwarzen Anzug trug, die Tür öffnete. »Ah, guten Morgen, Sir Charles. Kommen
Sie doch herein.«
Bainbridge trat über die Schwelle in das luxuriöse Foyer des Hauses.
Es war ein prachtvoller Bau, dessen sich auch ein König nicht hätte schämen
müssen. Der Boden war mit glänzendem weiÃem Marmor ausgelegt, eine riesige
Treppe führte in die oberen Stockwerke hinauf. Hinter vertäfelten Türen lagen
private Räume, in der wundervollen Deckenrosette hing ein Lüster, an der Seite
stand ein kleiner Tisch. Es roch nach frischen Schnittblumen. Der Raum war
makellos.
Bainbridge betrachtete sich in dem groÃen Spiegel, der an der
gegenüberliegenden Wand hing, und schauderte. Er sah schrecklich aus. Sobald
er Newbury dem Knochenflicker überantwortet hatte, musste er Miss Hobbes nach
Hause bringen und zusehen, dass er ein Bad nahm und den verlorenen Schlaf
nachholte.
Der Diener, der ihn eingelassen hatte â ein stämmiger Mann mit
schütterem grauem Haar â, betrachtete Bainbridge von oben bis unten, als wollte
er sich vergewissern, dass mit dem Besucher alles in Ordnung war. »Geht es
Ihnen nicht gut, Sir Charles?«
»Doch, doch. Für mein ÃuÃeres haben wir jetzt ohnehin keine Zeit,
Rothford. DrauÃen in der Droschke liegt Sir Maurice, man hat ihn praktisch in
Stücke gerissen. Er muss dringend den Knochenflicker in Anspruch nehmen.«
Rothford nahm Haltung an. »Sehr wohl, Sir. Bringen Sie ihn besser
sofort zum Seiteneingang. Ich treffe unterdessen alle notwendigen Vorkehrungen.
Den Weg kennen Sie doch?«
»Ja.«
»Dann gehen Sie, Sir, und ich unterrichte sogleich den Hausherrn.«
Bainbridge nickte. »Vielen Dank, Rothford.«
»Das ist doch selbstverständlich, Sir.« Er hielt Bainbridge die Tür
auf.
Bainbridge lief die Treppe hinunter und rannte zu der Ecke, wo die
Droschke inzwischen mit laut rappelnder Maschine stand. Ãber ihnen zog ein
Luftschiff niedrig vorbei, der Fahrtwind zauste ihm die Haare. Er war froh,
dass er den Hut in der Droschke liegen gelassen hatte. »Passen Sie gut auf,
Barnes«, rief er zum Fahrer hinauf. »Wir wollen ja nicht, dass jemand sieht,
was wir hier tun.«
Der Fahrer nickte. »Aye, Sir. Ich sage Bescheid, wenn Sie
hineingehen können.«
»Gut so, Mann.« Er duckte sich und stieg ein. Newbury war immer noch
bewusstlos. Bainbridge legte Veronica eine Hand auf die Schulter. »Es wird
alles gut, Miss Hobbes. Wir haben ihn an den richtigen Ort gebracht. Der
Knochenflicker wird sich um ihn kümmern, und Sir Maurice wird in null Komma
nichts wieder auf den Beinen sein.« Er betrachtete den liegenden Mann. »Könnten
Sie den Kopf halten, während ich ihn herunterhebe?«
»Natürlich.« Veronica schob Newbury beide Hände unter den
Hinterkopf, während Bainbridge den Stock auf die freie Sitzbank legte und den
bewusstlosen Freund hochhob.
Er taumelte unter dem Gewicht und brauchte einen Moment, bis er
wieder gerade stand, dann ruhte Newburys Kopf wohlbehalten in seiner Armbeuge,
und er wandte sich zum offenen Wagenschlag. Schnaufend, da er solche
Anstrengungen nicht gewöhnt war, rief er zum Fahrer hinauf: »Barnes? Können wir
dann?«
»Aye, Sir. Alles klar.«
Bainbridge trat vorsichtig auf die Stufe unter der Tür der Karosse,
dann auf die StraÃe. Ohne sich umzudrehen, steuerte er die Eisentreppe an, die
zum Seiteneingang des weitläufigen Hauses hinunterführte. Seine FüÃe klapperten
laut auf den Stufen, als er Newbury durch den engen Zugang bugsierte. Sobald er
unten angekommen war, machte er sich mit einigen kräftigen Tritten gegen die
Holztür bemerkbar. Gleich darauf schwang die Tür auf, dahinter lag ein dunkler
Gang. Bainbridge drehte sich, damit Newburys Kopf nicht gegen den Türrahmen
schlug, und schob sich wortlos hinein.
Ein paar Minuten später kam Bainbridge durch dieselbe Tür wieder
heraus, nachdem er Newbury der Obhut Rothfords und des Knochenflickers
überlassen hatte. Er stieg die Eisentreppe hinauf, klopfte sich ab, nickte dem
Fahrer kurz zu und sprang, nach der Ertüchtigung mit gerötetem Gesicht, in die
Droschke. Die Maschine erwachte fauchend zum Leben, kaum dass Bainbridge sich
gesetzt hatte. Er hatte alle Mühe, dem Blut auszuweichen, das auf
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