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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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blinzelte Anica listig zu. „In Moskau habe ich kürzlich eine diese neuen Shows gesehen, in der eine kirgisische Stripteasetänzerin auftritt, die so gelenkig ist, dass sie sich mühelos in den Hintern beißen kann. Wenn unser Präsident das auch könnte, würde er es heute tun. Können Sie mir folgen?“
    „Es ist auch für Jelzin nicht leicht, so unbequeme Freunde zu haben“, erwiderte Anica dem Offizier schonend.
    „Wie dieser Typ mit Catchernase und Preisboxervisage, ein rechter Polit-Artillerist, der seine parlamentarische Umgebung mit kühlem Wasser und kalten Sprüchen traktiert wie: `Ich bin kein unbedingter Demokrat.´ Bumm! `Der Präsident ist fertig´. Krach! `Ohne mich geht die halbe Welt kaputt.´ Plauz! `Wenn unser Land zerfällt, gibt es den Dritten Weltkrieg.´ Rattazong!“
    Das Lächeln Anicas geriet gequält. „Und glauben Sie, dass Karadzic sich länger halten wird als seine Kumpane, die von Serbiens Staatschef demontiert wurden?“
    Der Russe leerte sein Glas, schob es dem Mixer hin. „Hm. Da fragen Sie besser Gratschurkin und nicht mich.“
    „Ist Juri wieder in Sarajevo?“
    „Njet, ist für drei Tage nach Beograd.“
    „Super“, meinte Zudeck-Perron. „Igelkopf kann nur aus zwei Gründen dorthin gegangen sein: entweder um Karadzic zu stützen oder um den Putsch gegen ihn einzufädeln.“
    Anica zupfte sich das Ohrläppchen. Wenn Juri Gratschurkin mit seinem kugelrunden Borstenschädel auf dem Balkan erschien, waren von dem Geheimdienstexperten mehrerer Kremldynastien, spezialisiert auf Europa Mitte, durchaus Überraschungen zu erwarten. Ob es mit der Aktion Enklave Zepa zusammenhing?
„Wie ich höre“, begann sie, „ist er diesmal unterwegs, um mit dem großen Serbenführer über politische Maßnahmen zu beraten, die geeignet sind, den Einfluss der Serben auf die bosnische Bevölkerung abzumindern?“
    „Das haben Sie hübsch formuliert“, lobte der Russe. „Jedenfalls sind wir gegen diesen Einsatz, zu dem Sie ja jetzt aufbrechen werden.“
„Warum erfolgte diesmal kein Veto der Russen?“
    „Man muss bisweilen Kompromisse eingehen, Gaspodina Klingor. Wann werden Sie übrigens einmal über die deutschen Soldaten berichten, die auf dem Balkan eingesetzt sind?“
„Gibt es nicht“, entgegnete Zudeck-Perron. „Obwohl es ja de jure jetzt möglich wäre. Höchstens, Sie meinen die Leute in den AWACS-Boings, Tornados und den Kriegsschiffen auf der Adria, von den schwachköpfigen Legionären mal ganz abgesehen.“
    Der Russe schüttelte das Haupt. „Davon spreche ich nicht. Auch nicht von Sanitätern, Technikern oder Pionieren. Sondern von regulären Dienstgraden in Kampfeinheiten.“
    „Wie kommen Sie darauf?“ Anica wurde hellhörig.
    „Zufällig“, erwiderte der Russe, „habe ich kürzlich mit Gratschurkin drei, vier Bierchen getrunken. Er hat zu jedem sto Gramm Wodka genommen; kann den Gerstensaft schlecht so trocken runterwürgen.“
    „Und was heißt das?“ fragte Anica.
    „Wenn Juri sich mehr als zwei kleine Lagen genehmigt“, erläuterte Zudeck-Perron, „sagt er alles, was er weiß. Aber hören Sie, offiziell gibt es das nicht.“
    „Und inoffiziell?“ bohrte die Journalistin.
    „Sind die Männer da“, antwortete der Russe.
    „Seien Sie gescheit, Anica“, riet der Deutsche. „Und vergessen Sie´s. Hören Sie auf Paulchen: Wenn Sie davon ein Wort unter die Leute bringen, kostet Sie das todsicher die Akkreditierung.“
„Eher das Visum“, setzte der russische Offizier grienend hinzu.
    „Es geht gar nicht darum, es an die große Glocke zu hängen“, erklärte Anica. „Aber so für mich würde ich schon gern genaueres wissen.“
    „Wenn Sie wissen wollen, wo der Hund begraben ist“, bemerkte der Russe mit angehobenen Augenbrauen, „wenden Sie sich doch einfach an Ihr Konsulat. Insider-Tipp von mir: Da gibt es eine intelligente junge Dame mit Randlosbrille, die einen Mann hat, dessen Gebiss mich immer an Pop-Art erinnert.“
    „Kamensiek“, rutschte es Anica heraus.
    „Weshalb, liebe Freundin, versuchen Sie mich auszuquetschen, wenn Sie selbst wissen, wo die Flasche mit dem Saft steht?“ Der Russe erhob sich. „Wenn ich also nicht mehr gebraucht werde, empfehle ich mich zu Tagespreisen.“
    Die Begleichung der Rechnung überlässt er uns, dachte die Journalistin und sah dem Russen lächelnd nach; er musste sich echt mies fühlen in seiner notorischen Geldnot.
    Als er gegangen war, tippte Zudeck-Perron Anica auf die Schulter. „Kennen Sie

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